Beatmungszeit 24h am Stück, damit Weaningszeiten mitgerechnet werden können-MDK

  • Hallo,

    laut MDK darf die Weaningszeit bei Trachealkanülenbeatmung nur dazugezählt werden, wenn der Patient 24h am Stück beatmet wurde.
    Wir haben einen beatmeten Patienten aus einer anderen Klinik aufgenommen, er sollte bei uns (Reha-Klinik) von der Beatmung entwöhnt werden.
    Da er in den ersten 24h nicht vollständig beatmet wurde und hier teilweise schon am T-Stück war, wurden bei der Beatmungszeit nicht die Weaningzeiten
    am T-Stück dazugezählt, sondern nur die reinen Beatmungszeiten (CPAP/ASB).
    Laut MDK gibt es für diese Bestimmung für diese Regelung, uns ist aber laut Kodierrichtlinien nichts bekannt.
    Kann Jemand mehr zu diesem Thema sagen? Muss dies so akzeptiert werden?
    Vielen Dank.


    Freundliche Grüße
    Anja

  • Hallo, Anja,

    die DKR sind doch da eindeutig, die Beatmung beginnt u.a. mit der Aufnahme eines beatmeten Patienten. Beginn Beatmung bei Ihnen ist also der Aufnahmezeitpunkt. Sie endet nach einer Periode der Entwöhnung, deren Ende wiederum die berühmte stabile respiratorische Situation erfordert. Demzufolge sind die Pausen i.R. des Weanings eindeutig hinzuzuzählen, bis die stabile respiratorische Situation definitionsgemäß erreicht wurde. Ende ist dann die letzte maschinelle Unterstützung.

    Eine Mindestbeatmungsdauer, bevor das Weaning als Weaning hinzugezählt werden darf, ist in den DKR nirgends geregelt.

    Grüße
    AnMa

  • Hallo AnMa,

    sehe ich genauso wie Sie. Allerdings hat der MDK hier widersprochen und von einer MDK-Regelung gesprochen, dass eine Beatmung von 24h am Stück vorliegen muss. Diese wurde uns auf Anfrage allerdings nicht vorgelegt.

    Grüße
    Anja

  • Hallo,

    ich verstehe auch eines nicht: der Pat. ist doch deutlich länger als 24 Stunden am Stück beatmet worden; zwar in einem anderen Krankenhaus, aber das spielt doch keine Rolle, wenn es um die Frage geht, ob es sich um eine Weaning handelt. Oder handelt es sich um einen Heimbeatmeten Patienten, der schon lange intermittierend beatmet wird?

    Gruß
    B.W.

  • Hallo.,

    nein, der Patient kam aus einem anderen Krankenhaus, wo er länger als 24h beatmet wurde (soporös) und war dort nicht an einem Heimbeatmungsgerät.
    Das in der Vorklinik auch schon eine längere Beatmung vorlag, habe ich auch als Argument gebracht.

    Gruß
    Anja

  • Hallo, Anja

    ich kann mir nur vorstellen, dass der MDK den Begriff "fortlaufend" aus der Definition der Beatmung in den DKR für sich so interpretiert, dass fortlaufend > 24 Std. ist. Dies wäre rein willkürlich und hat nichts mit den geltenden Abrechnungsregelungen zu tun. Dann kann man Ihnen nur den Weg zum Sozialgericht empfehlen. Aber Vorsicht - treiben Sie es nicht zu weit, ansonsten sagt uns allen irgendwann das auch diesbezüglich sicher am Wirtschaftlichkeitsgebot orientierte BSG, wie man die Kodierregeln auszulegen hat =O;) .
    Viel besser wäre es, die Selbstverwaltung würde sich mal auf eine angesichts der vielen Streitfragen zur Beatmung längst überfällige Präzisierung der DKR einigen. Da wäre allen Seiten geholfen.

    Schönes WE !
    AnMa

  • Die Problematik ist eher darin begründet, dass es sich ja bekanntlich bei einem Weaning um eine Entwöhung von der Beatmung handelt. Der MDK hat die Einstellung, dass eine Entwöhnung von der Beatmung nicht begründet werden kann, wenn der Patient nur eine kurze Zeit beatmet worden ist, und setzt dafür eben pauschal die 24 Stunden-Grenze an.

    Allerdings sieht dies bei weitem nicht nur der MDK so. Ich kenne selbst Intensivmediziner als auch Intensivpfleger, die das genauso sehen. Zwar betonen die, dass ein Weaning medizinisch begründet werden muss, also es sich bei einer Beatmung immer die Frage stellt, ob ein Weaning benötigt wird oder nicht, und selbst auch bei länger beatmete Patienten sich diese Frage stellt. Allerdings würde diese Sichtweise zu noch mehr Verwirrungen führen als die gegenwärtigen Regeln zur Beatmung. Daher eben greift der MDK pauschal darauf zurück, dass ein Weaning medizinisch nicht indiziert ist, wenn der Patient nicht mehr als 24 Stünden beatmet worden ist.

  • Hallo, MCO-Freak,

    abgesehen davon, das das nirgends in den Kodierregeln steht, war ja die Eingangsfrage gerade dahingehend, dass der Patient zur Fortsetzung des Weanings nach längerer Beatmung in einer anderen Klinik aufgenommen wurde. Die Erwartung, dass dann erst mal 24h durchbeatmet werden muss, um erneut ins Weaning einzusteigen und es auch so nennen und abrechnen zu dürfen, ist medizinisch abenteuerlich.

    Grüße AnMa

  • AnMa,

    ich gehe Ihnen Recht, dass in diesem Fall die Situation vorliegt, dass bereits der Patient zuvor in einem anderen Krankenhaus beatmet worden ist, und dies der MDK in dem vorgelegten Fall nicht berücksichtigt.

    Mein Beitrag war bezogen auf die allgemeine Haltung des MDKs zu Fragen der Notwendigkeit des Weanings, die ich aber schon bereits auch so von Intensivmedizinern und Intensivpflegern ebenso gehört habe.

    Ferner sind die Kodierrichtlinien eben eine Mindestgrundlage der Regelbedürftigkeit. Das heißt aber eben nicht, dass wenn etwas so nicht in der Kodierrichtlinie steht, dass es dann nicht wahr sein kann. Nach wie vor unterhalten wir uns eben über ein Abrechnungssystem für medizinische Leistungen. Wenn auch teilweise Medizin und DRG-System unterschiedliche Betrachtungsweise auf die ein und die selbe Sache mit sich bringen, so müssen dennoch medizinischen Leistungen auch innerhalb eines DRG-Systems medizinisch begründet sein. So werden Sie auch nicht in der Kodierrichtline eine Regelung finden, die klärt, ob man bei Brustschmerzen, und Gabe von ASS und Heparin i.v., ohne weitere Diagnostik wie ein Herzkatheter, wie entsprechende Blutwerte und dergleichen einen Myokardinfarkt kodieren kann. Dennoch würden wir uns doch hier recht schnell darüber einig werden, dass in diesem Fall die medizinische Leistung einfach zu wenig wäre, um ernsthaft auf die Idee zu kommen hier einen Myokardinfarkt zu kodieren. Ansonsten könnte man ja gleich Krankenhäusern anraten bei Brustschmerzen sämtliche Diagnostik zu unterlassen, und einfach ASS und Heparin i.v. zu geben, und eben aus rund 1.300 Euro Ertrag mindestens rund 2.600 Euro Ertrag zu machen.

  • Guten Morgen, MCO-Freak,

    Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung sind die Abrechnungsregelungen streng nach Ihrem Wortlaut auszulegen. Sie sind keine Mindestgrundlage, sondern die einzigen Regelwerke, die es über die Medizin hinaus zu beachten gilt. Um bei Ihrem Beispiel zu bleiben, es ist selbstverständlich nicht Aufgabe der Kodierregeln, medizinisches Grundwissen in Abrechnungsregeln zu übersetzen. Für Ihr Beispiel würde auch DKR 001 sehr gut passen. Aber gerade zum Thema Weaning können Sie 5 Leute fragen und werden 6 Aussagen bekommen. Und deshalb braucht es dafür eine Kodierregel. Und wenn die Selbstverwaltung es nicht schafft, die Kodierregeln so weiterzuentwickeln, dass die streitbehafteten Fragen geklärt werden, dann werden eben die Gerichte diese Funktion übernehmen. Und da spielen Medizin oder das echte Leben im Zweifel dann gar keine Rolle mehr, wie man beim Urteil des BSG zu den Apheresekonzentraten sehr schön ablesen kann. Da geht es im Abrechnungsrecht ggf. nur noch um die wirtschaftlichste Alternative und es ist egal, ob Sie als KH überhaupt in der Lage sind, in kurzer Zeit die wirtschaftlichen Poolkonzentrate zu beschaffen oder ob Ihr Lieferant aus medizinischen Gründen gar keine Poolkonzentrate mehr herstellt.
    Zum Weaning hat sich das LSG Hessen 2013 geäußert (L 1 KR 300/11 s. hier). RA Mohr schreibt dazu in seinem Newsletter:
    Das LSG hat mit dem Urteil einen lang anhaltenden Grundsatzstreit zu Gunsten des Krankenhauses entschieden. Dabei hat das LSG den Ansatz des MDK verworfen, die DKR 1001f (2007) über ihren Wortlaut hinaus anzuwenden. Über eine eigene Begriffsdefinition „Entwöhnung“ hat der MDK versucht, die Berechnung der Beatmungszeiten unter Einbezug der Entwöhnungszeiten zu verhindern. Dem ist das LSG zu Recht nicht gefolgt, da die DKR 1001f (2007) keine Eingrenzung oder Beschränkung des Begriffes Entwöhnung enthält. Mit dem Beginn der künstlichen Beatmung geht bereits die Entwöhnung einher. Dieser Auffassung der eingeholten Sachverständigengutachten hat sich das LSG vollinhaltlich angeschlossen.

    Grüße
    AnMa

  • Hallo AnMa,

    die Aussage, dass es sich bei den Kodierrichtlinien um eine Mindestgrundlage der Regulierung handelt war im Bezug auf eben den aktuellen medizinischen Stand über Diagnostik und Therapie bezogen. Wie Sie ja selbst anmerken spielt dies eben durchaus eine Rolle, und kann von daher bei der Kodierung nicht außer Acht gelassen werden, und das spielt eben bei dieser grundsätzlichen Fragen eben eine klare Rolle. Daher läuft Ihre Argumenation eben selbst ins Leere und in den Widerspruch an sich, wenn Sie eben nur an den Zeilen der Kodierrichtlinie kleben bleiben wollen, und dabei eben die medizinische Auffassung außer Acht lassen wollen, was Sie aber richtigerweise ja gar nicht tun wollen, wie Sie eben schon richtig festgestellt haben sagt eben die Kodierrichtlinie nicht aus wann ein Weaning aus medizinischer Sicht notwendig ist und wann nicht. Daher regelt es schlicht und einfach die Kodierrichtlinie diesen Aspekt eben nicht, und damit können Sie sich eben in dieser Fragestellung auch nicht auf die Kodierrichtlinie berufen.
    Sie untermauern nun Ihre Ansicht über ein Gerichtsurteil, was aber zunächst eben nur ein Einzelfallurteil ist, und eben somit zwar ein schöner Anhaltspunkt ist, aber eben keine Bedeutung im Sinne davon hat, dass man nun jeden ähnlichen Fall oder gar gleichen Fall eben auch so sehen kann und darf. So wie Sie auch hier schon richtig festgestellt haben, dass es leider immer so ist, dass wenn man fünf Mediziner fragt, und am Ende mit sechs verschiedene Ansichten dasteht, so ist das eben bei Juristen auch. Es ist durchaus im vorstellbaren, dass ein anders LSG einen ähnlichen Fall völlig anders bewertet wird. Nur mal so als Anmerkung. Die Judikative hat in Deutschland keine gesetzgeberische Kompetenz, sondern kann eben nur Sachverhalte unter den gegenwärtigen gültigen Regeln beurteilen, und hat nur dann das Recht zum sogenannten Richterrecht, wenn ein Sachverhalt nicht eindeutig oder gar nicht geregelt ist. Allerdings hat dieses Richterrecht eben dann auch keine Anwendung auf jeden anderen Fall, wie dies bei einem Gesetz oder wie hier bei einem gesetzähnlichen Regelwerk wie der DKR handelt. Um Ihnen das noch näher zu bringen mal ein kleiner Ausflug ins Steuerrecht. Zwar ein anders Themengebiet, aber die rechtlichen Prozesse sind hier auch gleich. Wenn ein Landesfinanzhof etwas urteilt, was aber der Bundesfinanzverwaltung so gar nicht passt, dann reagiert das Bundesfinanziministerium stets mit einem legalen Nichtanwendungserlass, d.h. das Bundesfinanzministerium weist damit all seine Behörden, einschließlich der Landesfinanzbehörden an, dieses Urteil über den Einzelfall hinaus nicht zu berücksichtigen. Das kann das Bundesfinanziministerium eben völlig legal machen, nicht weil es eine besondere rechtliche Stellung hätte, sondern eben von den mir genannten Gründen im Zusammenspiel der jeweiligen Kräfte.
    Daher ist selbst Ihre Hoffnung, dass nun einfach Urteile dazu ausreichen, um etwas zu regeln, eben auch nur eine Hoffnung, die sich aber eben nicht erfüllen wird, auf jeden Fall eben nicht vollständig.
    Worin ich Ihnen aber Recht gebe ist, dass man sicherlich die Spitzenverbände dazu auffordern muss, insbesondere bei den hochkomplizierten, und zum teil wenig aussagekräftigen Regelungen zur Beatmung, Regeln zu schaffen, die eben viele Fragezeichen lösen, und eben nicht noch zusätzliche Fragezeichen schaffen.