R64 + E44.0 vs. E41 Alimentärer Marasmus

  • Guten Morgen,

    im vorliegenden Fall wurde folgendes kodiert: R64 (BMI 18) und zusätzlich die E44.0.
    Es handelt sich um einen Tumorpatienten (neu diagnostiziert), bei dem innerhalb der vergangenen 4 Monate 6 Kg Gewichtsverlust dokumentiert wurden.
    Im Verlauf der stationären Behandlung wurde ein Screening auf Mangelernährung (NRS 2002 - 7 Pkt.) erhoben und ein Ernährungsberatungsgespräch durchgeführt.
    Dokumentiert wurde, dass die Muskelmasse und auch die Fettmasse reduziert sind. Es erfolgte die Empfehlung zu hochkalorischer, eiweißreicher Trinknahrung.
    Diese wurde 3x/d verabreicht, zusätzlich wurde dem Patienten Wunschkost angeboten.

    Nach Prüfung fordert der MDK die Abrechnung von E41 statt der E44.0, da die im Screening, laborchemisch und klinisch beschriebene Mangelernährung dem Bild eines alimentären Marasmus entspräche; die R64 sei keine i.S. der Kodierrichtlinien relevante Diagnose.

    Aus meiner Sicht kommt hier die Definition der Nebendiagnose zum Tragen:
    ...Bei Patienten, bei denen einer dieser erbrachten Faktoren auf mehrere Diagnosen (entweder Hauptdiagnose und Nebendiagnose(n) oder mehrere Nebendiagnosen) ausgerichtet ist, können alle betroffenen Diagnosen kodiert werden. Somit ist es unerheblich, ob die therapeuti-sche(n)/diagnostische(n) Maßnahme(n) bzw. der erhöhte Betreuungs-, Pflege- und/oder Über-wachungsaufwand auch in Bezug auf die Hauptdiagnose geboten waren.

    Sehe ich das falsch und spricht man bei o.g. Ernährungszustand schon von einem alimentären Marasmus ?( ?

    Vielen Dank schon mal für die Hilfe

  • Guten Morgen Winni,
    Ich denke, die MDK Antwort ist rein klassifikatorisch richtig, denn bei R64 findet sich eben das Exclusivum : Alimentärer Marasmus ( E41).
    Die Informationen reichen wahrscheinlich nicht aus, um entscheiden zu können, ob die Einschlusskriterien von E40- 46 bei dem Patienten erreicht sind, aber wenn es eine Kachexie ist, die auf eine "Mangelernährung" zurückzuführen ist ( s. Kapitelüberschrift), dann ist m.E. E41 richtig.
    Anders gefragt: warum sollte es sowohl eine R64 und eine E44 aber gerade keine E41 sein ? ( Ich bin kein Ernährungsmediziner, vielleicht lässt sich das medizinisch auflösen, klassifikatorisch eher nicht )

    Mit freundlichen Grüßen

    Breitmeier

  • Hallo winni,

    im Alphabetischen Verzeichnis finden Sie den Verweis, dass die "Kachexie bei Ernährungsstörung" mit E41 zu kodieren ist.

    Liebe Grüße

  • Hallo Herr Poetzsch,

    ich würde im vorliegenden Fall nicht von einer Ernährungsstörung sprechen. Es handelt sich hierbei sicher um einen Energiemangel bei Tumorerkrankung, aus meiner Sicht nicht mit einer Ernährungsstörung gleichzusetzen.

  • Hallo Winni,
    es sind ja, wenn der BMI < 18,5 und der NRS >4 tatsächlich die Kriterien für die erhebliche Energie- und Eiweißmangelernährung erfüllt. Hier gibt es aber ja auch noch die E 43 ( die bei der R64 kein Exklusivum hat). Eine Mangelernährung ist auch ohne Kachexie möglich, da ja auch die Fälle mit NRS>4 und Gewichtsabnahme >15% in den letzten 3 Monaten bzw. >5%im letzten Monat dazuzählen. Da kommt es dann eben auf das Anfangsgewicht an. Die Frage ist: wie definiert sich alimentärer Marasmus?
    Bedeutet alimentär nicht vielleicht doch rein durch die Ernährung, die wir zu uns nehmen bedingt? Sprich alimentären Marasmus gibt es dort, wo nicht genug Nährstoffe dem Körper zugeführt werden -da entweder zu wenig Nahrungsangebot vorhanden ist oder ein ungeeignetes Nahrungsangebot. Dies ist im Rahmen der Tumorkachexie aber nicht der Fall, hier entsteht die Mangelernährung auf anderen und vielfältigen Wegen. So weit meine Auslegung.
    Freundliche Grüße!

    • Offizieller Beitrag

    Guten Tag

    "Wenn eine verursachende Grundkrankheit (z.B. Karzinom, COPD) eindeutig der Fehl- bzw. Mangelernährung pathogenetisch zugeordnet werden kann, dann sollte die Kachexie (ICD R64) anstelle der ICD E41-E46 kodiert werden."

    Siehe:

    Tab. 4.10.1: Kodierung der Mangelernährung


    http://www.geriatrie-drg.de/dkger/main/multimorb2-2007.html


    siehe auch:
    Mangelernährung und Tumorkachexie
    https://www.krebsgesellschaft.de/onko-internetp…rnaehrung-.html


    Gruß
    E Rembs

  • Hallo Liebes Forum,

    wie oben bereits erwähnt, hat die E43 kein Exklusivum zur R64.

    Der MDK behauptet immer, dass die Kachexie nicht gleichzeitig mit der E43 kodiert werden kann. Unter der E43 steht in eckigen Klammern Kachexie. Laut DKR handelt es sich dabei um Bezeichnungen von Synonymen, alternativen Formulierungen oder erläuternden Ausdrücken.

    Die E43 ist somit eigentlich neben der Kachexie kodierbar? Oder seht ihr das anders?

    Selbst wenn wir den Wortlaut der ICD erfüllen (Standardabweichung, Mittelwert der Bezugspopulation, Gewichtsmessung), lehnt der MDK das gerne mit folgender Begründung ab:

    Bei der Definition geht es um Gewichtswerte und nicht um Werte des BMI. Zudem wird in der vorgelegten Tabelle des BMI nach Alter (Mikrozensus 2013) keine Unterscheidung der Werte nach Geschlecht vorgenommen.

    Kennt ihr auch sowas? Beziehungsweise wie geht ihr damit um?

    Viele Grüßen

    MissB

  • ... Die E43 ist somit eigentlich neben der Kachexie kodierbar? Oder seht ihr das anders?...

    ... Bei der Definition geht es um Gewichtswerte und nicht um Werte des BMI. Zudem wird in der vorgelegten Tabelle des BMI nach Alter (Mikrozensus 2013) keine Unterscheidung der Werte nach Geschlecht vorgenommen. ...

    Hallo MissB,

    ad 1.: Sehe ich anders unter Berücksichtigungen der Erläuterungen zu Kapitel XVIII. Laut DKR kennzeichnen eckige Klammern, wie Sie richtig ausführen, Synonyme, d.h. gleiche Bezeichnungen für einen identischen Sachverhalt. Es ist nicht sinnvoll, einen Sachverhalt durch zwei Kodes auszudrücken. Da die Organkodes vorgängig zu verwenden sind, kommt in Ihrem Fall m.E. nur die E43 in Betracht, sofern Sie von einer Mangelernährung ausgehen.

    ad 2.: Die Argumentation des MDK ist für mich nicht nachvollziehbar. Bei Abstellen ausschließlich auf das Gewicht gegenüber der Bezugspopulation wäre eine große Zahl sehr kleiner Menschen trotz Normgewichtigkeit mangelernährt. Die Forderung nach einer differenzierten Betrachtung (Unterscheidung weiblich/männlich) steht vorgenannter undifferenzierter Betrachtung entgegen.

    Im ICD ist nur von "Bezugspopulation" die Rede, ohne dass hier eine Unterscheidung nach weiblich/männlich Voraussetzung ist.

    Viele Grüße

    Medman2

  • Hallo Medman2,

    danke für die Antwort, ich war mir bei Punkt 1 nicht so ganz sicher.

    Viele Grüßen

    MissB

  • Guten Tag zusammen,

    ich möchte diesen Thread aufwärmen.

    Folgende Konstellation: 71 J.a. Patient, lt. Dokumentation alimentarer Marasmus (so beschrieben) (BMI 12,5 bei 154 cm und 30 kg) infolge Mangelernährung bei Z.n. Gastrektomie vor 6 Jahren, darüber hinaus chronische Pankreasinsuffizienz.

    Anhaltende Gewichtsabnahme (ca. 14 kg im letzten Jahr). Intermittierende parenterale Ernährung.

    Aktuell wird ein Port gelegt und die parenterale Ernährung eingeleitet. Darüber hinaus ausführliche Ernährungsberatung, Ernährungsprotokoll mit täglicher Gewichtskontrolle (allerdings keine formale Bestimmung von NRS), Ernährungspumpe ist für Zuhause bestellt. Die ambulante Therapie mit Kreon wird fortgesetzt.

    Was ist die Hauptdiagnose? Aus Sicht des Hauses E41 (Alimentärer Marasmus). MDK meint R64 (Kachexie), da multifaktoriell.

    Vielen Dank für Ihre Einschätzung!