Abklärungspauschale ab 01.04.2017 aus medizinrechtlicher Sicht?

  • Liebe Forumsgemeinde (und speziell die Medizinrechtler unter Ihnen),

    zunächst für alle ein gesundes, erfolgreiches neues Jahr!

    Mich würde interessieren, wie Sie die neu eingeführte "Abklärungspauschale" (EBM-Ziffern 01205 bzw 01207, je nach Uhrzeit der Inanspruchnahme) aus rechtlicher Sicht beurteilen.
    Das "Sauberhalten" der Notaufnahmen an Krankenhäusern von Patienten, welche genauso gut vom ambulanten vertragsärztlichen Sektor hätten versorgt werden können, die Krankenhaus-NA also "unberechtigt" in Anspruch nehmen, ist ja ein nobles Ziel. Das Problem aus meiner Sicht ist allerdings, dass die Patienten selten mit einem Zettel auf der Stirn hereinkommen, auf dem steht "ich habe nur eine Bagatellerkrankung". In der Praxis wird es daher unvermeidbar sein, jeden Patienten mit exakt dem selben Aufwand wie bisher gemäß seinem Beschwerdebild bzw. seiner klinischen Präsentation zu diagnostizieren. Auch die Rückenschmerzen seit 3 Monaten könnten schließlich ein gedeckt perforiertes Aortenaneurysma sein.

    Ich sehe daher folgende mögliche Szenarien:

    a) Patient wird nach kuzer Sichtung "an den ambulanten Sektor zurückverwiesen" (Abklärungspauschale).
    Nach wie vor unklar ist mir, wer für eine anschließende, zeit- und zielgerechte Vorstellung beim Niedergelassenen verantwortlich ist (das KH? Die KV-"Hotline", sofern es eine gibt?). Rein statistisch gesehen steigt mit der Anzahl dieser Verweisungen auch die Wahrscheinlichkeit, dass irgendwann einmal auch eine ernste Erkrankung (s.o.) übersehen wird und - noch vor Erreichen z.B. des niedergelassenen Arztes - zu einem Patientenschaden führt. Da es nur 5-8€ für diese Pauschale gibt, wird dieser weichenstellende Kontakt in der Krankenhaus-Notaufnahme auch entsprechend kurz ausfallen (müssen). Aus meiner Sicht "homerun" für den Juristen, welcher anschließend einen Prozess gegen das KH führt (mal ganz abgesehen von der Frage, in welchen Notaufnahmen rund um die Uhr Fachärzte ALLER Disziplinen ANWESEND sind).

    b) Das KH zieht sich den Stiefel aus Szenario a) nicht an und verfährt weiter wie bisher.
    Viele der ambulant belassenen Patienten (>50% der in einer Notaufnahme vorgestellten) werden vermutlich weiterhin mit unspezifischen oder "harmlosen" Diagnosen nach hause gehen. Die KV, welche bisher im Schnitt rund 32€ für eine Notfallpauschale bezahlt hat, wird - natürlich ex post - auf die Abklärungspauschale verweisen ("unspez. Symptome/Beschwerdebild - nur festgestellte Bagatellerkrankung - war doch von vorne herein klar!!") und sich über die Entlastung ihrer Ausgaben für KH-Notfallaufnahmen von rund 2/3 freuen.

    Ich denke, hier hat sich die DKG selbst ein Bein gestellt.

    Wie beurteilen Sie das und wie planen Sie ggf in Ihren Notaufnahmen zu verfahren?

    Einen guten Wochenstart und beste Grüße