Kodierung "Nosokomiale Pneumonie"

    • Offizieller Beitrag

    Guten Morgen,

    in den heutigen News gab es (ist herausgenommen) einen Link zu Vortragsfolien zu Kodierung von nosokomialen Pneumonien.

    Dort wird (unter Verweis auf den Kodierleitfaden der Dt. Gesellschaft für Mikrobiologie) vorgegeben, neben der erregerbezogenen Pneumonie-Kodierung auch noch den Erreger zusätzlich anzugeben (z.B. J15.5 und B96.2!).

    Dieser Vorgabe ist bitte nicht zu folgen, da die DKR hier eindeutig vorgeben, dass dies nur gestattet ist, wenn nicht bereits durch den Primärkode der Erreger beschrieben wird. DKR D012d:

    \"Hinweise zur Doppelklassifizierung\" auf Seite 24 der DKR. Dort heißt es: \"[...] Lokale Infektionen bei Zuständen, die den Kapiteln der \"Organkrankheiten\" zuzuordnen sind. Schlüsselnummern des Kapitels I zur Identifizierung des Infektionserregers werden hinzugefügt, sofern dieser im Rubriktitel nicht enthalten ist. Am Ende von Kapitel I steht für diesen Zweck die Kategoriengruppe B95!-B97! zur Verfügung (siehe Redaktionelle Hinweise, Tabelle 2 (Seite XXVI))[...]\".

    Auch die folgenden Hinweise im Vortrag erlauben kein anderes Vorgehen:

    Im Kodierleitfaden Mikrobiologie der Dt. Gesellschaft für Mikrobiologie (Version 12/2004) in Zusammenarbeit mit zahlreichen anderen bundesweiten Gesellschaften (u. a. DGIM, PEG, DGI u.s.w) heißt es eindeutig:
    Die Erregerkodes aus B95-B97 „sind im Krankenhaus immer dann anzuwenden, wenn Informationen diesbezüglich vorliegen und die ermittelten Erreger ursächlich für die Infektionserkrankung sind“.
    An anderer Stelle wird zu dem E. coli-Fall (siehe Vorfolie) analoges Beispiel mit einer Staphylokokken-Pneumonie angeführt:
    J15.2 Pneumonie durch Staphylokokken
    B95.6 Staphyloccocus aureus als Ursache von Krankheiten
    Eine Kodierung der Zusatzkodes bei einer nosokomialen Pneumonie sollte daher erfolgen, um damit auch den Labormehraufwand gegenüber einer (ebenfalls CCL-bewerteten) Pneumonie mit unbekanntem Erreger abbilden zu können.

    - Es ist festzustellen, dass hier der wichtige Bezug auf die oben genannte DKR ausbleibt.
    - Inoffizielle Kodierleitfäden (egal von wem verfasst) stellen keine rechtliche Grundlage dar. Das einzige Werk auf das man sich beziehen kann und verbindlich ist, sind die DKR in ihrer jeweils gültigen Version.
    - Der Wunsch nach einer differenzierten Abbildung von unterschiedlichen Fällen ist zwar nachvollziehbar, kann aber nur im Rahmen der DKR realisiert werden. Das ist hier nicht der Fall.

    Mit freundlichen Grüßen

    D. D. Selter

    Ärztlicher Leiter Medizincontrolling

    Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau

  • Hallo Herr Selter,

    habe mir natürlich die Folien angesehen und runtergeladen.
    Leider aber noch nicht gelesen.

    :i_respekt: Ihr Beitrag zeigt, wie ein faires Miteinander sein kann. Besten Danke.

    Th. Jeromin

    • Offizieller Beitrag

    Guten Morgen,

    der Autor Dr. Rapp und ich hatten bezüglich der Interpretation der DKR Emails ausgetauscht und auch gestern deswegen telefoniert. Er erkennt auch die Problematik und hat aber auch ein Argument vorgebracht, dass zumindest eine Anfrage beim InEK zur letztlichen Klärung nötig macht: Der B-Kode differenziert die einzelnen Keime, was der Infektionskode so nicht immer macht. Ich denke zwar nicht, dass dies dann die oben zitierte DKR aushebelt, aber man weiß ja nie....

    Wenn er die Antwort erhält, wird er sie an mich weitergeben.

  • Guten morgen,
    da es mich konkret betrifft, erlaube ich mir an dieser Stelle auch einen Kommentar zu dem Thema.
    Generell denke ich, dass hier INeK und DIMDI gefragt sind, um das zukünftig einheitlich zu regeln.

    Herr Selter verweist bei seiner Argumentation auf die Kodierrichtlinien und hier speziell auf die Passage der \"Hinweise zur Doppelkodierung\".

    Dieser Absatz wurde in den DKR über die Jahre verändert. In der Version 2002 hieß er noch: \"Es können Schlüsselnummern des Kapitels I zur Identifizierung des Infektionserregers hinzugefügt werden, sofern dieser im Rubriktitel nicht enthalten ist.\" In der Version DKR 2005 lautet er nun: \"Schlüsselnummern des Kapitels I zur Identifizierung des Infektionserregers werden hinzugefügt, sofern dieser im Rubriktitel nicht enthalten ist\". Aus der Optionalität ist eine verbindliche Verpflichtung geworden. Aus der neuen Formulierung lässt sich im Umkehrschluss m. E. nicht (mehr) ableiten, dass eine optionale Kodierung nicht gestattet ist. Neu in 2005 wurde neben der Tabelle auf S. 27, die unter anderem die Erregerkodes enthält, auch der erläuternde Satz eingefügt: \"Darüber hinaus können diese Ausrufezeichenkodes bei anderen Situationen angegeben werden, wenn dies aus klinischer Sicht sinnvoll ist\". Nach meinem Textverständnis erlauben die geänderten bzw. ergänzten Formulierungen die zusätzliche Kodierung des Erregers (auch bei dem E. coli-Beispiel), wenn dies sinnvoll ist und einen zusätzlichen Erkenntnisgewinn bietet, was dann sicher vom Einzelfall abhängt.

    Bei dem Beispiel der Pneumonie mit dem Erreger Staph. aureus trifft diese Regel auch bei anderer Textauslegung m. E. nicht zu. Der Pneumonie-Kode J15.2 enthält nur die Gattung des Erregers, in diesem Fall Staphylokokken, nicht aber der Erreger selbst. Es gibt zahlreiche Staphylokokkenarten, w. z. B. - um nur die häufigen zu nennen St. aureus , St.epidermidis und St. saprophyticus. Der Sekundärkode B95.6! Staphylococcus aureus ist also ein zusätzlicher Hinweis zur Kodierung, der einen höheren Detaillierungsgrad der Diagnostik beschreibt, in dem der den tatsächlichen Erreger benennt.

    Wie angekündigt, werde ich den Sachverhalt beim INeK abfragen und bin auch auf deren Meinung gespannt.

    Grüße

    Boris Rapp

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Herr Rapp,

    danke für Ihre ausührlichere Beschreibung des \"Knackpunktes\".

    Wenn das InEK die zusätzliche Kodierung als korrekt ansieht, werde ich gerne die Kodierung umstellen und meine Meinung revidieren. Allerdings muss die Formulierung in der DKR dann angepasst werden.
    Beim DIMDI sieht man übrigens auch die Notwendigkeit einer Präzisierung.Da bin ich wirklich mal gespannt!

    Dennoch: Das aufgefühten Beispiele in Folie 7 und 14 ist definitiv falsch, da der Erreger schon mit dem Pneumonie-Kode abschließend differenziert ist.

    Z.B. Folie 7:

    HD I50.1 Linksherzinsuffizienz ohne Beschwerden
    ND J15.5 Pneumonie durch E. coli
    ND B96.2! Erreger E. coli

  • Hallo Hr. Selter,

    ich muss Ihnen widersprechen. Die aufgeführten Beispiele sind nicht grundsätzlich falsch.

    In der D012d heißt es in Bezug auf die Sekundärkodes B95 fortfolgende: \"[Sie] sind bei Vorliegen bestimmter Diagnosen obligat anzugeben. Darüber hinaus können diese Ausrufezeichenkodes bei anderen Situationen angegeben werden, wenn dies aus klinischer Sicht sinnvoll ist.\"

    Die \"obligate\" Kodierung ist für die Kodes, bei denen der Erreger im Rubriktext enthalten ist, ausgenommen (auch DKR D012d). Was aber nicht bedeutet, dass die optionale Kodierung hierbei nicht erlaubt ist (wenn, wie in den DKR gefordert \"aus klinischer Sicht\" sinnvoll, was nur im Einzelfall zu entscheiden ist).

    Die Antwort dazu vom InEK steht noch aus.

    Grüße

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Herr Rapp,

    wenn dem so wäre, könnte man immer (wenn es einem passt) die Erreger angeben. Das ist ja wohl eher nicht gewollt und, ohne das dies meine erste Sorge darstellt, dürfte den Großteil der MDK-Ärzteschaft in die Dekompensation treiben.
    Über dieses Thema hatte ich mit einem Koautor des von Ihnen genannten Kodierleitfadens der Ges. f. Mikrobiologie auch vor ein paar Tagen ein Gespräch. Es wurde mir versichert, dass man dort nicht Ihre Interpretation teilt. Hier war nur gemeint, dass die zusätzliche Kodierung des Keims vorgenommen werden soll, wenn die Keimbeschreibung im Infektions-Kode noch über den B-Kode weiter differenziert werden kann. Das ist genau das Problem, was ich auch als diskussionswürdig ansehe. Keinesfalls war aber damit gemeint, dass z.B. noch \"E. coli\" über den B-Kode dokumentiert werden soll, wenn schon der Infektionskode \"E. coli\" sagt. Wie das aus klinischer Sicht dann auch noch sinnvoll sein sollte, ist mir ehrlich gesagt auch nicht klar.

    Da die unterschiedlichen Interpretationen aber letztlich nur über das InEK für uns alle verbindlich geklärt werden können, warten wir den Inhalt der Stellungnahme ab.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,

    Herr Rapp hat die Antwort vom InEK erhalten, sinngemäß bedeutet sie, dass eine Wiederholung des Keims mit dem B-Kode nicht vorgenommen werden darf. Dies ist also nicht möglich:

    HD I50.1 Linksherzinsuffizienz ohne Beschwerden
    ND J15.5 Pneumonie durch E. coli
    ND B96.2!E. coli

    Wird aber durch den B-Kode der Erreger weiter spezifiziert, ist die Kodierung korrekt.
    Dies ist also möglich:

    HD I50.1 Linksherzinsuffizienz ohne Beschwerden
    ND J15.2 Pneumonie durch Staphylokokken
    ND B95.6!Staphylococcus aureus

    Das macht dann Sinn.