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«Es geht um eine Verzichtsplanung»

Rolf Widmer ist im Regierungsrat für die Finanzen zuständig. In den nächsten Jahren muss er Löcher in der Kasse stopfen. Andererseits hätte er aber gerne vom Landrat mehr Geld für das Kantonspersonal.

Südostschweiz
13.01.14 - 01:00 Uhr

Mit Rolf Widmer sprach Daniel Fischli

Herr Widmer, in der Legislatur 2006 bis 2010 mussten Sie das Kantonalbankdebakel verarbeiten, die Gemeinden wurden fusioniert, und mit der Axpo wurde die Konzession für Linthal 2015 ausgehandelt. Ist es Ihnen in der jetzt auslaufenden Legislatur nicht langweilig geworden?

Rolf Widmer: Nein, das Departement Finanzen und Gesundheit ist ein Schlüsseldepartement. Vieles läuft im Hintergrund, was man in der Öffentlichkeit dann nicht unbedingt sieht.

Welches waren denn die wichtigsten Geschäfte der vergangenen vier Jahre?

Einerseits waren die Steuern immer wieder ein Thema. Wir haben etwa die Steuerstrategie überprüft und festgestellt, dass die Senkung der Steuern volkswirtschaftlich ein voller Erfolg war mit Ausnahme der Dividendenbesteuerung, bei der ein Anpassungsbedarf bestand. Auf der anderen Seite ist vom Bund die neue Spitalfinanzierung mit den Fallpauschalen eingeführt worden, welche die Kantone stark beschäftigt hat.

Bleiben wir gleich beim Spital: Die kleinen Spitäler sind unter Druck. Haben Sie ein gutes Gefühl, was die Zukunft des Kantonsspitals angeht?

Ja, ich habe ein gutes Gefühl. Die Zusammenarbeit zwischen dem Spital und den Hausärzten ist wesentlich besser als vor vier, fünf Jahren. Das Spital hat sich eine enorme Mühe gegeben, die Qualität zu verbessern. Aber es bleiben grosse Herausforderungen: Die Strukturbereinigung im Spitalbereich wird weitergehen.

Es werden also Spitäler schliessen.

Ja. Vielleicht nicht heute und morgen, aber bis 2020 wird die Spitallandschaft anders aussehen.

Und gibt es das Glarner Kantonsspital dann noch?

Ich bin überzeugt davon. Deshalb haben wir uns mit dem Kantonsspital Chur einen starken Partner ins Boot geholt. Ich denke, ein Regionalspi- tal ohne ein starkes Zentrumsspital im Rücken wird es ausserordentlich schwer haben.

Und wird es im Jahr 2020 noch genügend Hausärzte geben?

Eine Prognose ist sehr schwierig, der Kanton kann nur die Rahmenbedingungen verbessern. Wir leisten zum Beispiel einen finanziellen Beitrag an die Ausbildung der Hausärzte, was auch schon dazu geführt hat, dass sich Hausärzte hier niedergelassen haben. Und dann wird es darum gehen, dass das Spital die Hausärzte vom Notfalldienst entlastet.

Kommen wir zu den Finanzen: Sie waren in den letzten Jahren ein Dauer- thema. Einerseits wurden in mehreren Schritten die Steuern gesenkt. Andererseits ist die Finanzlage der Gemeinden und jetzt auch die des Kantons angespannt. Sind die Steuern zu tief?

Das ist ein wenig die Frage nach dem Huhn und dem Ei. Entweder sind die Steuern zu tief oder die Ausgaben sind zu hoch. Die letzte Steuersenkung ist 2010 in Kraft getreten. Seither haben wir nach wie vor schwarze Zahlen geschrieben. Auf der anderen Seite haben wir die Ausgaben etwa mit der Einführung der Schulsozialarbeit oder beim öffentlichen Verkehr erhöht. Das geht irgendwann nicht mehr auf.

«Der Kanton hat die Ausgaben erhöht»

Die Gemeinden haben die Steuern bereits erhöht. Wann wird es beim Kanton so weit sein?

Das wird die politische Diskussion zeigen. Im Frühling präsentiert der Regierungsrat seine Sparvorschläge, und dann hängt es vom politischen Willen von Regierungsrat, Landrat und Landsgemeinde ab, ob auf der Ausgabenseite angesetzt wird. Wenn dieser Wille nicht vorhanden ist, muss man mit den Steuern hinauf.

Wer muss bei den Sparmassnahmen bluten?

Es werden alle ein wenig davon betroffen sein. Ich glaube aber nicht, dass es der Bürger extrem spüren wird. Die Welt im Kanton Glarus wird nach dem Sparprogramm nicht wesentlich anders sein.

Heisst das, dass in der Verwaltung noch Speck vorhanden ist?

Es lässt sich sicher noch etwas herausholen, aber wir dürfen hier nicht die grossen Einsparungen erwarten.

Aber wenn die Verwaltung nicht zu gross ist und es der Bürger auch nicht merken soll, wo kann denn gespart werden?

Es geht schon auch um eine Verzichtsplanung, aber in der Summe werden die Bürger nicht wahnsinnig viel merken.

Sie haben bereits einmal angetönt, dass sie nicht alle Wünsche der Bauern im Zusammenhang mit der neuen Landwirtschaftspolitik des Bundes erfüllen können.

Meiner Meinung nach sollten wir die neuen Direktzahlungen an die Bauern auslösen, denn der Bund bezahlt seine 90 Prozent nur, wenn der Kanton seine 10 Prozent beiträgt. Aber in der Landwirtschaft ist eine grosse Beratungsindustrie entstanden; wir werden die Beratungsdienstleistungen herunterfahren, respektive die Kostenbeteiligung der Bauern erhöhen müssen.

Wie viel wird das Sparprogramm in Franken bringen? Das 14-Millionen-Loch im Budget wird man ja kaum stopfen können.

Die Zielvorgabe des Landrates lautet auf etwas über 5 Millionen Franken oder 1,5 Prozent des Gesamtaufwandes.

Sie sind auch oberster Personalchef des Kantons. Beim Personal spürt man immer wieder Unmut einerseits über das Leistungslohnsystem und andererseits über das Lohnniveau.

Man muss auch realistisch sein: Auch in der Privatwirtschaft sind die Löhne im Kanton St. Gallen oder Zürich höher als hier. Das Hauptproblem ist, vor allem für die jüngeren Ange- stellten eine gute Lohnentwicklung hinzubekommen. Wenn die Politik zu wenig Mittel spricht, leiden diese jüngeren Angestellten. Dazu kommt, dass die Entlöhnung nach Leistung finanziell nicht so viel gebracht hat, wie man sich erhofft hat.

«Qualifizierte Arbeitskräfte kosten etwas»

Offenbar ist es schwierig, für Kaderstellen noch qualifiziertes Personal zu finden.

Qualifizierte Arbeitskräfte kosten etwas. Entweder man ist bereit, dies zu bezahlen, oder man bekommt jemanden von zweiter Qualität, der dann im Endeffekt vielleicht sogar teurer ist, weil er seinen Job nicht richtig macht.

Das heisst, dass Sie vom Landrat gerne mehr Geld für die Löhne bekommen würden.

Ja, der Regierungsrat ist in der Vergangenheit immer mit vernünftigen Vorschlägen an den Landrat gelangt, und trotzdem hat der Landrat häufig und nicht immer mit einer nachvollziehbaren Argumentation nach unten korrigiert. Beim Personal lässt es sich eben für den Landrat am leichtesten sparen.

Gibt es in der Gemeindestrukturreform Punkte, wo man nachbessern müsste?

Zuerst einmal muss man mit den neuen Gemeinden noch etwas Geduld haben. Aber man muss auch den Mut haben, Strukturen anzupassen. Und das wird Konsequenzen haben, sei es für den Bürger, indem er weniger Service bekommt, oder beim Personal. Aber eine Gemeindestrukturreform ohne schmerzhafte Reformen, bei der nur Streicheleinheiten verteilt werden, funktioniert nicht.

Wie geht es mit der Umfahrungsstrasse weiter?

Ich nehme an, dass der Bund den Netzbeschluss wieder aufnehmen wird. Und wir werden sehen müssen, dass darin die Anbindung von Glarus weiterhin vorkommt. Aber die Gefahr besteht, dass wir in der Prioritätenliste nach hinten rutschen. Wir hätten jetzt ein Zeichen setzten können: Wenn Glarus als einziger Kanton Ja zur Vignettenpreiserhöhung gesagt hätte, wäre Frau Leuthard am Montag mit Helm und Schaufel in Näfels gestanden. Bern wird sich jetzt sagen, dass die Umfahrung für den Kanton Glarus gar nicht so wichtig ist.

Wie kann der Kanton die Wirtschaft noch mehr fördern?

Das neue Standortförderungsgesetz, das frühere Wirtschaftsförderungsgesetz, ist an der Landsgemeinde 2013 diskussionslos verabschiedet worden. Ich gehe also davon aus, dass für die Wirtschaft die dort aufgeführten Instrumente ausreichen.

Sie sind im Regierungsrat als Land- wirtschaftsdirektor gestartet und dann Finanzdirektor geworden. Liebäugeln Sie jetzt auch wieder mit einem Wechsel der Direktion?

Nein, mir ist es im Departement Finanzen und Gesundheit wohl. Ich werde sicher nicht wechseln wollen.

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