Haben Sie Angst vor Bakterien? In den meisten Fällen wäre die unbegründet. Denn die Mehrzahl der Milliarden Mikroben auf dieser Erde macht uns nichts aus. Und gegen die, die uns krank machen, gibt es schließlich Antibiotika. Sollte man meinen.

Wer so denkt, hat die Rechnung jedoch ohne die widerstandsfähigsten Keime gemacht, die vor allem in Krankenhäusern umgehen. Die meisten Antibiotika können ihnen nichts mehr anhaben. Schätzungsweise bis zu 15.000 Menschen sterben jährlich nach einer Infektion mit solchen multiresistenten Erregern. Und das Problem verschärft sich.

Jahr für Jahr lernen die Keime dazu, entwickeln immer neue Resistenzen, während Forscher immer wieder veränderte Medikamente ins Rennen schicken, um die Mikroben auszutricksen.

Doch auf Dauer haben die Keime die Nase vorn. Ärzte fordern deshalb schon länger, nicht nur nach neuen Antibiotika zu forschen. Man müsse ein Überwachungssystem einführen, das es ermöglicht, den Ausbruch neuer Erreger schnell einzudämmen. Im Grunde brauche es eine Alarmanlage gegen Keime. Einen Vorschlag, wie diese aussehen könnte, stellt nun eine Gruppe von Mathematikern im Magazin Proceedings of the National Academy of Science vor.

Tjibbe Donker von der Universität Groningen und seine Kollegen gehen davon aus, dass jeder Patient, der von einer Klinik in eine andere verlegt wird, ein Risiko darstellt. "Selbst wenn der Patient nicht erkrankt ist, können die Erreger auf seiner Haut oder seiner Kleidung haften", erklärt Donker. Universitäts- und Lehrkrankenhäuser zum Beispiel, in die besonders oft Patienten überwiesen werden, tragen mathematisch gesehen ein entsprechend hohes Risiko, dass neue resistente Erreger in sie eingeschleppt werden.

Frühwarnsystem am Unikliniken

Andererseits sind solche Kliniken geradezu ideal, um sie als Schranke gegen neue Keime zu nutzen – und als erste Station für ein Frühwarnsystem. Taucht ein neuer Erreger zum ersten Mal auf, so ist die Chance hoch, dass er sich bald in einem dieser Risikokrankenhäuser umtreibt. Können die Mediziner ihn dort dingfest machen, ließe sich der Ausbruch früh auf einige wenige Krankenhäuser eindämmen.

Die Forscher errechneten deshalb am Beispiel der Niederlande und Großbritanniens, wie viele teilnehmende Krankenhäuser theoretisch ausreichen würden, um ein solches Warnsystem aufzubauen. Das verblüffende Ergebnis ihrer Rechnung: Nur 20 Prozent aller Kliniken müssten mitmachen. Bei einer strengen Kontrolle nur der Universitätskrankenhäuser, wären in den meisten Fällen lediglich zwei bis drei Häuser vom neuen Keim betroffen, bis die Alarmglocken läuten würden. "Würden wir dagegen Kliniken nach dem Zufallsprinzip auswählen, müsste man 40 Prozent von ihnen im Blick behalten", erklärt Mathematiker Donker. So ein Ansatz sei natürlich viel günstiger, als in allen Kliniken jeden Neuzugang auf gefährliche Keime zu testen.

Für die einzelne, ausgewählten Klinik wäre der Status als Alarmposten allerdings eine umfassende und wohl teure Umstellung: Jeder Patient, der in die Klinik verlegt wird, müsste komplett durchgecheckt werden. Abstriche vom Nasenschleim, der Haut und dem After gehörten dann zur Routine. Ein großes Labor mit neuester Technik müsste bereit stehen, um all die Proben zu testen. "Das sind Kosten, die ein einzelnes Krankenhaus nicht tragen kann, so etwas müsste regional oder national aufgefangen werden", sagt Donker. Derzeit verhandle man mit dem niederländischen Gesundheitsministerium, um ein solches Warnsystem in einer Region zu erproben. Die Niederlande gelten in Europa bereits als vorbildlich, was die Bekämpfung von Krankenhauskeimen angeht.