Kantonsspital Baselland
Nach Personal-Protest: Spitalchef ist bereit, neue Stellen zu schaffen

Der Druck des Spitalpersonals fruchtet: Der CEO des Kantonsspitals Baselland will die Nachtarbeit von Ärzten und Pflegepersonal dem geltenden Arbeitsgesetz anpassen. Dafür muss er neue Stellen schaffen. Priorität hat die Frauenklinik Bruderholz.

Michael Nittnaus
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Der CEO des Kantonsspitals Baselland Heinz Schneider macht die Verstösse gegen das Arbeitsgesetz zur Chefsache.

Der CEO des Kantonsspitals Baselland Heinz Schneider macht die Verstösse gegen das Arbeitsgesetz zur Chefsache.

Kenneth Nars

Was das Arbeitsgesetz bei Nachtarbeit verlangt

Bereits seit 2003 schreibt das eidgenössische Arbeitsgesetz (ArG SR 822.11) vor, dass alle Arbeitnehmer, die in mehr als 25 Nächten pro Jahr arbeiten, einen Zeitzuschlag von 10 Prozent erhalten.

Für jede geleistete Stunde zwischen 23 und 6 Uhr werden ihnen also 6 Minuten gutgeschrieben, die als zusätzliche Freizeit bezogen werden müssen. Der Zeitzuschlag kann nur in Ausnahmefällen durch Geld abgegolten werden, etwa wenn das Arbeitsverhältnis beendet wird.

Gewährt ein Arbeits- oder ein Gesamtarbeitsvertrag nur einen Lohnzuschlag, so kann dies den Zeitzuschlag nicht ersetzen. Arbeitet jemand in weniger als 25 Nächten, gibt es statt des Zeitzuschlags einen Lohnzuschlag von 25 Prozent.

Heinz Schneider beschönigt nichts: «Seit der Verselbstständigung 2012 sind wir in einem Dilemma.» Der CEO des Kantonsspitals Baselland (KSBL) ist sich bewusst, dass viele seiner Mitarbeiter – seien es Pfleger, Assistenz- oder Oberärzte – zu Bedingungen arbeiten müssen, die dem geltenden Arbeitsgesetz zuwiderlaufen. Konkret: Statt des obligatorischen Zeitzuschlags von 10 Prozent für Nachtarbeit, erhalten Pflegepersonal und Assistenzärzte einen Lohnzuschlag von 10 Franken pro Stunde. Oberärzte gehen gar leer aus.

Diese Bestimmung fusst auf dem kantonalen Personalgesetz, das auch nach der Verselbstständigung noch in Kraft ist – bis der Gesamtarbeitsvertrag (GAV) mit den Sozialpartnern zustande kommt. «Wir wissen, dass dies nicht dem Arbeitsgesetz entspricht, doch eigentlich wollten wir den GAV ja auch schon lange auf dem Tisch haben», versucht Schneider, den illegitimen Zustand zu erklären.

Externer Experte angestellt

Doch nun ist das Mass voll: «Die Lösungssuche verlief nicht befriedigend, also habe ich das Problem jetzt zur Chefsache gemacht.» Wie die bz offenlegte, tagte am Dienstag die Spitze des KSBL und traf sich am Abend mit dem Verband der Assistenz- und Oberärzte der Region Basel (VSAO), um ein Projekt zur Überprüfung aller Dienstpläne zu starten. Und tatsächlich scheint man sich langsam zu finden. «Eine Verzögerungstaktik lässt sich nicht mehr erkennen. Vor allem Heinz Schneider steht hinter uns», sagt VSAO-Co-Präsident Miodrag Savic. Schneider selbst bezeichnet die Anstellung des externen Experten Urs Heer als Durchbruch.

Dieser wird nun jede Abteilung des KSBL auf die Einhaltung des Arbeitsgesetzes hin durchleuchten und Massnahmen empfehlen. Zuerst kommen die «Brandherde» dran, allen voran die Frauenklinik des Bruderholzspitals, wie Schneider bestätigt. Aber auch die Intensiv- und die Notfallstation werden prioritär behandelt. «Dort sollen möglichst rasch neue Stellen geschaffen werden», sagt Savic. Schneider vertraut auf dessen Urteil: «Der VSAO hat genug Erfahrung. Ich gehe deshalb davon aus, dass wir neue Stellen schaffen müssen, um das Gesetz einzuhalten.» Erste Massnahmen sollen bereits im April erfolgen.

Neues Weiterbildungskonzept

Damit ist es aber noch nicht getan. Der VSAO setzt sich dezidiert für die Begleichung der Zeitgutschriften ein, die der Belegschaft seit 2012 zustehen. Doch so einfach ist das nicht: «Die 10 Franken Lohnzuschlag, die Pfleger und Assistenzärzte für Nachtarbeit von uns erhalten, sind eigentlich mehr wert als die 10 Prozent Zeitzuschlag. Streng genommen, müssten wir sogar Geld zurückverlangen», sagt Schneider. Nur bei den Oberärzten stelle sich diese Frage nicht. Der CEO gibt sich aber gnädig und versichert, auf derlei Spielchen zu verzichten.

Anders sieht es bei den GAV-Verhandlungen aus: Die Gewerkschaft VPOD, die das Pflegepersonal vertritt, fordert analog zu Basel-Stadt einen Zeitzuschlag von sogar 20 Prozent. Dies möchte Schneider nicht näher kommentieren, signalisiert aber, sich primär am Gesetz orientieren zu wollen.

Die Gespräche mit dem VSAO brachten am Dienstag noch eine weitere Verbesserung: Endlich sollen die Assistenzärzte wieder konsequent Weiterbildungen besuchen können. Dazu wird ein separates Konzept erstellt. Savic dazu: «Das wirkt sich direkt positiv auf die Qualität unserer Arbeit aus – und stärkt das KSBL im Konkurrenzkampf.»