Rhein-Kreis Neuss Neue Hilfe für früh entlassene Patienten

Rhein-Kreis Neuss · Eine Mitarbeiterin des Rhein-Kreises soll sich darum kümmern, die Folgen frühzeitiger Klinikentlassungen abzumildern.

Seit zehn Jahren wird in deutschen Kliniken nicht mehr nach Tagessätzen, sondern nach Fallpauschalen für Krankenhausleistungen abgerechnet. Die Folge: Kliniken sind gehalten, die Patienten so schnell wie möglich wieder zu entlassen, um die Kosten gering zu halten. Auch wenn Studien den Trend zu den von Kritikern befürchteten "blutigen Entlassungen" nicht beweisen: Hilferufe in Einzelfällen reißen nicht ab. So hatte sich jüngst ein Angehöriger darüber beschwert, dass seine 82-jährige Mutter nur sechs Tage nach einer Oberschenkel-Operation im Johanna-Etienne-Krankenhaus nach Hause geschickt wurde, obwohl dort keine ausreichende Betreuung sichergestellt war. Das Neusser Krankenhaus entschuldigte sich später dafür und nahm einen Personalwechsel vor.

Auch das Kreissozialamt reagiert auf die Problematik. Im Januar wird dort eine eigene Kraft nur für dieses Thema eingestellt. "Sie wird in die Krankenhäuser gehen und mit dem jeweiligen Sozialdienst, der sich um die Entlassungen kümmert, überlegen, wer möglicherweise zu Hause nicht versorgt ist und wie geholfen werden kann", berichtet Harald Vieten, Sprecher des Rhein-Kreises.

Anders als Altenheime unterliegen Krankenhäuser nicht der Aufsicht der Kommune. "Wir werden deshalb bei unseren eigenen Krankenhäusern in Dormagen und Grevenbroich starten und dann schauen, ob wir das Angebot auch auf die anderen Krankenhäuser im Kreis ausweiten können."

Dem Sozialamt ist an einem guten Entlassmanagement gelegen. "Viele ältere Menschen sind überfordert, sich im Krankenhaus kurz nach einer Operation schon Gedanken darüber zu machen, wie es zu Hause weitergehen könnte", berichtet Vieten. Auch Angehörige könnten dies in der Kürze der Zeit nicht immer leisten - wenn denn überhaupt welche da seien. "Außerdem gibt es immer mehr demente Patienten, die sich gar nicht darum kümmern können." Schlechtestenfalls landeten solche Patienten - häufig unnötigerweise - in einem Altenheim, dessen Kosten bei geringer Rente die Allgemeinheit tragen müsse. Diese Menschen soll ab Januar die neue Mitarbeiterin im Sozialamt zunächst in den Kreis-Krankenhäusern im Blick halten. Aber auch die anderen Kliniken zeigen sich offen. "Wir begrüßen solche unterstützenden Maßnahmen und warten gespannt, wie sich das Projekt entwickelt", heißt es im "Etienne". Je nach Ergebnissen sei eventuell eine Vernetzung mit den städtischen Einrichtungen sinnvoll.

Das Lukaskrankenhaus verweist auf den seit rund acht Jahren geltenden Expertenstandard "Entlassmanagement", mit dem man gute Verbesserungen herbeigeführt habe. Dennoch könne man sich ebenfalls die Vernetzung zu einer Sozialarbeiterin im Sozialamt "sehr gut vorstellen", erklärt Pflegedienstleiterin Andrea Albrecht. "Ich denke, dass dies eine wichtige Ergänzung zu den bestehenden Strukturen ist und eine fachliche Unterstützung für die Betroffenen sein wird", sagt die Pflegedienstleiterin und bestätigt: "Viele trifft eine Versorgung durch ambulante Pflege oder eine Pflegeheimunterbringung sehr überraschend."

(NGZ)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort