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Staat erstattet Beamten auch Kosten für Privatklinik

Beamte können sich höhere Krankheitskosten durch den Staat erstatten lassen. Auch wenn sie sich in Privatkliniken behandeln lassen oder Wahlleistungen buchen, übernimmt der Staat teilweise die Kosten.

Beamte haben Anspruch auf eine höhere Erstattung ihrer Krankheitskosten durch den Staat, auch wenn sie sich in Privatkliniken behandeln lassen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht am Donnerstag in drei Urteilen entschieden (BVerwG 5 C 36.13, 5 C 37.13 und 5 C 7.14). Nach diesen Grundsatzurteilen darf sich die Erstattung von Kosten für Behandlungen in Privatkliniken nicht an den Aufwendungen orientieren, die beim billigsten öffentlichen Krankenhaus angefallen wären.

Vielmehr kann für die Erstattung der Kosten des Aufenthaltes in Privatkliniken, die nach Tagessätzen abrechnen, das teuerste bundesdeutsche Krankenhaus als Vergleich herangezogen werden, in dem die Bundespflegesatzverordnung angewandt wird. Das sind typischerweise psychiatrische Kliniken.

Bei privaten Kliniken, die wie die meisten öffentlichen Krankenhäuser auch nach Fallpauschalen ihre Rechnungen erstellen, kann der Satz der höchsten Landesfallpauschale der Bundesrepublik als Vergleichsmaßstab genommen werden. Die meisten Krankenhausaufenthalte werden nach einer Gesetzesänderung seit 2004 nach Fallpauschalen mit den Krankenkassen abgerechnet. Dabei sind beispielsweise für Operationen bestimmte Beträge vorgesehen.

Über Höhe der gewährten Beihilfe gibt es regelmäßig Streit

Beamte müssen im Unterschied zu Angestellten von ihrem Gehalt keine Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung entrichten, sie erhalten 50 bis 80 Prozent der Krankheitskosten vom Dienstherrn als Beihilfe erstattet. Für die restlichen 20 bis 50 Prozent schließen sie in der Regel Versicherungsverträge bei privaten Versicherungen ab. Über die Höhe der gewährten Beihilfe gibt es regelmäßig Streit vor Gerichten, der am Donnerstag drei Kläger in letzter Instanz vor das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig geführt hatte.

Zwei Frauen sind Beamtinnen des Landes Baden-Württemberg und erhalten die Hälfte ihrer Krankheitskosten als Beihilfe erstattet. Sie ließen sich im Jahr 2011 jeweils über mehrere Monate in psychiatrischen Privatkliniken in Ebersbach und Baden-Baden behandeln. Das Land Baden-Württemberg als ihr Dienstherr wollte nur die Kosten erstatten, die bei einem öffentlichen Krankenhaus in Stuttgart angefallen wären – dem nächstgelegenen Krankenhaus bei der Beihilfestelle. Dadurch blieben vierstellige Beträge übrig, die die beiden Frauen auch gern von der Beihilfestelle ersetzt hatten wollen: 2250 und 4500 Euro.

Chefarztbehandlungen können hinzuaddiert werden

Vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart hatten ihre Klagen im November 2011 und März 2012 zunächst keinen Erfolg, jedoch im Dezember 2012 vor dem Verwaltungsgerichtshof von Baden-Württemberg: Die Mannheimer Richter entschieden, dass als Vergleichsmaßstab das öffentliche Krankenhaus mit dem höchsten bundesdeutschen Tagessatz heranzuziehen ist, was in diesen beiden Fällen das Universitätsklinikum Erlangen mit einem Tagessatz von knapp 322 Euro ist. Diese Rechtsauffassung bestätigten nun die Richter des fünften Senats des Bundesverwaltungsgerichts.

Es darf auch das teuerste gewählt werden
Jürgen Vormeier, Richter am Bundesverwaltungsgericht

„In der damals geltenden Beihilfeverordnung findet sich keine Begrenzung bei der Wahl des Krankenhauses“, führte der Vorsitzende Richter Jürgen Vormeier zur Begründung an. „Es darf auch das teuerste gewählt werden.“ Da die Beihilfeverordnungen in den Bundesländern und im Bund unterschiedlich ausfallen, gilt die Grundsatzentscheidung des obersten deutschen Verwaltungsgerichtes für jene Beamten, in deren Beihilfeverordnungen nicht ausdrücklich die Erstattung von Aufenthalten in Privatkliniken gedeckelt ist. In Baden-Württemberg war dies zum Beispiel bis zu einer Änderung der Verordnung im April der Fall. Zahlreiche Anträge von Beamten auf Kostenerstattung, die ähnlich den Fällen der beiden Frauen sind, wurden deshalb bis heute vom Land Baden-Württemberg noch nicht bearbeitet und ruhend gestellt, wie es juristisch heißt.

Der fünfte Senat entschied außerdem, dass die Kosten für Wahlleistungen wie Zweibettzimmer oder Chefarztbehandlungen, die Beamte oft in Anspruch nehmen können, auf die Tagespauschalen der teuersten öffentlichen Klinik hinzuaddiert werden können. Sie erhöhen also die Beträge, die durch die Beihilfe zu erstatten sind.

Höchste Landesfallpauschale als Vergleich

Der dritte behandelte Fall betraf einen Beamten aus Baden-Württemberg im Ruhestand, der über die Beihilfe 70 Prozent der Krankheitskosten erstattet bekommt und sich in einer Privatklinik in Heidelberg an der Bandscheibe operieren ließ. Auch hier wollte das Land Baden-Württemberg zunächst nur die Ausgaben übernehmen, die in einem Krankenhaus in Stuttgart angefallen wären. Die Klage des Beamten hatte im Juli 2012 vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe zunächst ebenfalls keinen Erfolg, landete jedoch wie die Klagen der beiden Frauen dann im April 2013 vor dem Verwaltungsgerichtshof in Mannheim. Die Richter in Mannheim entschieden, dass als Vergleich die höchste Landesfallpauschale in der Bundesrepublik heranzuziehen ist. Auch dieser Auffassung schlossen sich die Leipziger Bundesrichter an.

„Bei der Beihilfeverordnung gibt es eine planwidrige Lücke“, erläuterte der Vorsitzende Richter Vormeier. „Das heißt, es war versäumt worden, die Beihilfeverordnung zu ändern und für die Kostenerstattung bei privaten Kliniken an das System der Fallpauschalen in öffentlichen Krankenhäusern anzupassen, obwohl die Fallpauschalen schon 2004 eingeführt worden waren.“ Bei dem Fall des klagenden Ruheständlers, der sich an der Bandscheibe hatte operieren lassen, muss als Vergleich zur Privatklinik in Heidelberg das Universitätsklinikum Mainz dienen.

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