Die Stimmung schwankt zwischen Frust und Verärgerung. Dass für die Kliniken in Leonberg und Herrenberg gesonderte Gutachten zur medizinischen und baulichen Ausstattung eingeholt werden sollen, weckt beim Betriebsrat und in der Kommunalpolitik schlimmste Befürchtungen.

Leonberg - Die Stimmung schwankt zwischen Frust und Verärgerung. Dass für die Kliniken in Leonberg und Herrenberg gesonderte Gutachten zur medizinischen und baulichen Ausstattung eingeholt werden sollen, weckt beim Betriebsrat und in der Kommunalpolitik schlimmste Befürchtungen. Das umstrittene Teamplan-Gutachten, wonach den kleinen Häusern nur eine Basisversorgung bleibt, soll offenbar komplett umgesetzt werden.

 

Die politische Beschlusslage sieht anders aus. Denn Bestandteil des Medizinkonzept, das der Kreistag am 5. Mai gegen die Stimmen der Kreisräte aus dem Altkreis beschlossen hat, ist nicht nur der 360 Millionen Euro teure Bau einer Großklinik auf dem Flugfeld. Auch sollen die Investitionsstaus in Leonberg (38 Millionen) und Herrenberg (24 Millionen Euro) sukzessive abgebaut werden.

Doch dieser Teil des Konzeptes scheint keine Gültigkeit mehr zu haben. Vielmehr soll jetzt durch die ausstehenden Gutachten ermittelt werden, welche medizinischen Angebote in den beiden Häusern künftig gemacht werden und welchen baulichen Investitionen dafür nötig sind. Im Klartext: von den 38 Millionen für Leonberg ist nun keine Rede mehr.

Der Kreistag wurde über die geplanten zusätzlichen Gutachten nicht informiert. „Ich habe davon nur aus der Zeitung erfahren“, erklärt Werner Metz von den Freien Wählern. „Uns wurde nichts gesagt. Dabei haben wir den Landrat noch am vergangenen Wochenende bei einer Haushaltsklausur gesehen. Er hat geschwiegen.“

Der Kardiologe aus Leonberg sitzt im Aufsichtsrat der Krankenhäuser und warnt schon seit einem Jahr davor, dass die kleinen Häuser bewusst ausgeblutet lassen werden sollen: „Wenn die teuren und ertragreichen Operationen in der Zentralklinik ausgeführt werden und Leonberg nur die finanziell unattraktiven Eingriffe bleiben, ist ein System erkennbar.“

Das Interview mit der Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD) in der vergangen Woche in unserer Zeitung hat die Befürchtungen des Mediziners noch vergrößert. „Wenn die große Flugfeldklinik kommt, muss man überlegen, welche Disziplinen in Leonberg angeboten werden und welche der Flugfeldklinik vorbehalten bleiben“, hatte Altpeter erklärt. „Ich fördere kein Krankenhaus in der Dimension, wenn anderen Standorten alles gleich bleibt.“

Das wird von Metz als Signal zum weiteren Sparen gewertet. „Damit setzt die Ministerin dem Landrat die Pistole auf die Brust“, kommentiert Werner Metz die Aussagen. „Er bekommt die Zentralklinik nur, wenn er andernorts abbaut.“

Das Szenario, dass in Leonberg vor allem multimorbide Patienten, alte Menschen mit etlichen Krankheiten, behandelt werden könnten, erfüllt Metz mit Sorge: „Das bedeutet viel Arbeit, bringt aber wenig Geld. Das Defizit in unserer Klinik wird zwangsläufig steigen.“

Intern wurde die Absicht, die Zielplanung für Leonberg und Herrenberg neu zu definieren, bereits bei einem Treffen der Führungskräfte des Klinikverbundes am 14. Oktober definiert. „Bis dahin“, so hieß es vor einem Monat, „wird keine Möglichkeit einer öffentlichen Förderung gesehen.“

Eine Absicht, die beim Betriebsrat in Leonberg alle Alarmglocken schrillen lässt. „Diese Aussage bestätigt unsere bisherigen Befürchtungen“, schreibt die Betriebsratsvorsitzende Ute Geiger an den Landrat Roland Bernhard. Eine entsprechende Anfrage im Aufsichtsrat sei bisher unbeantwortet geblieben, moniert Geiger.

Offenbar werde „billigend in Kauf genommen, die anderen Standorte baulich herunterzuwirtschaften, um sie in der Leistungsfähigkeit mehr und mehr abzubauen.“ Eine Antwort auf den Brief vom 24. Oktober ist beim Betriebsrat bisher nicht eingegangen.

Auch eine Anfrage beim Landratsamt blieb bis Freitagabend unbeantwortet. Da passt es ins Bild, dass der Calwer Landrat Helmut Riegger, immerhin stellvertretender Aufsichtschef des Klinikverbundes, von den neuen Gutachten nur aus der Zeitung erfahren hat. Er sagt: „Ich halte es für schwierig, kurz vor der Sitzung des Landesausschusses neue Gutachten zu machen.“