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Vier Millionen Krankenhausaufenthalte überflüssig?

Mittwoch, 19. November 2014 – Autor: Angela Mißlbeck
Eine bessere ambulante Versorgung könnte helfen, mehr als vier Millionen Krankenhausaufenthalte in Deutschland zu vermeiden. Denn die Notwendigkeit einer stationären Versorgung im Krankenhaus wird oft durch die ambulante Versorgungsqualität beeinflusst. Das teilte die GWQ auf Basis einer aktuellen Studie aus München mit.
Lieber ambulant als Krankenhaus? Das ist scheinbar oft Zufall

Zu oft ins Krankenhaus? Das ist regional verschieden. – Foto: Photograph © Spotmatik

Die Studie über sogenannte ambulant-sensitive Krankenhausfälle präsentierte Professor Leonie Sundmacher von der Ludwig-Maximilian-Universität München bei einem Symposium der GWQ Service Plus, Vertrags- und Dienstleistungs-Gesellschaft der Betriebskrankenkassen in Berlin. Für die Studie haben ambulant und stationär tätige Ärzte je zur Hälfte sogenannte ambulant sensitive Krankenhausfälle (ASK) identifiziert. Das sind die Klinikpatienten, bei denen die Qualität der ambulanten Versorgung die Notwendigkeit einer Hospitalisierung beeinflusst. Nach Einschätzung der Ärzte könnten 75 Prozent der ASK vermieden werden. Das entspricht rund 4,2 Millionen Krankenhausbehandlungen, so die GWQ.

Mehr ambulant, weniger stationär

Die Forscher stellten zudem einen Zusammenhang zwischen der Intensität der ambulanten Versorgung und den Krankenhauseinweisungen fest. So sinkt die Zahl stationärer Behandlungen mit einem Anstieg der ambulanten Leistungen zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in einer Region. Dabei gibt es starke regionale Unterschiede.

Bestimmte Erkrankungen werden demnach in einzelnen Regionen um ein Vielfaches häufiger operiert als in anderen Regionen. Darauf verwies Dr. Jan Böcken von der Bertelsmann-Stiftung. Die Kaiserschnittrate schwankt den Angaben zufolge von Region zu Region zwischen 17 und 51 Prozent. Kniegelenksoperationen sind in manchen Regionen fast 65mal häufiger als in anderen. Auch Gaumenmandeln werden in manchen Regionen bis zu 58 mal häufiger als anderswo operiert. Für die Unterschiede sind keine medizinischen Gründe ersichtlich.

Krasse regionale Qualitäts-Unterschiede

Krankenkassen, Kliniken und Ärzte begrüßten diese Studien-Daten als notwendige Voraussetzung für den Weg zu mehr Qualität. Auch GWQ-Vorstand Dr. Johannes Thormählen bestätigte, dass Krankenkassen und Dienstleister wie die GWQ operationalisierbare Informationen und Instrumente brauchen würden, damit sie qualitätsorientierte Verträge entwickeln können. Die GWQ-Aufsichtsratsvorsitzende Dr. Gertrud Demmler hält Transparenz für ein wichtiges Instrument. Dazu zählt sie explizit auch Informationen, die für Patienten und Versicherte verständlich aufbereitet sind.

Doch auch die Forderung nach Sanktionen wurde laut. Dr. Bernhard Egger vom GKV-Spitzenverband forderte: „In manchen Fällen ist die Lage so klar, da muss jetzt etwas geschehen.“ Als Stolpersteine auf dem Weg zu mehr Qualität in der Versorgung beklagten die Teilnehmer der Podiumsdiskussion beim GWQ-Symposium denn auch nicht nur die mitunter schlechte Qualität und Verfügbarkeit von Daten, sondern auch Fehlanreize im Vergütungssystem, zu schwache Sanktionsmöglichkeiten oder einen Mangel an qualitätsorientierten Verträgen zwischen Krankenkassen und Ärzten oder Kliniken.

Foto: spotmatikphoto - Fotolia

Hauptkategorie: Gesundheitspolitik
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