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Hamburg

Der Mann, der das Atlantic kaufte

Asklepios-Eigentümer Bernard große Broermann über seine Pläne für das Luxushotel, Qualität in Krankenhäusern und die Situation seiner Kliniken

Die Krankenhäuser klagen über zu viel Arbeit und zu geringe Bezahlung. Mit einem neuen Gesetz will Hamburg die Kliniken demnächst zum Teil nach Qualität bezahlen. Ein Gespräch mit dem Eigentümer der Asklepios-Klinik-Gruppe, Bernard große Broermann, über die Qualität in seinen Asklepios-Krankenhäusern, warum er das Atlantic-Hotel gekauft hat und was er von der Hamburger Olympia-Bewerbung hält.

Herr Broermann, die Bundesregierung, aber auch der Hamburger Senat wollen, dass bei der Bezahlung von Krankenhausbehandlungen künftig die Qualität eine Rolle spielt. Was bedeutet das für Asklepios?

Bernard große Broermann:

Das Thema Qualität bei der Vergütung zu fördern, das halte ich für absolut richtig. Im Krankenhausbereich gibt es ja keinen Preiswettbewerb – ob man nun den Mercedes oder den Trabi abliefert, derzeit bekommt jeder den gleichen Preis.

Wie misst man denn bei Ihnen im Unternehmen die Qualität?

Bei Asklepios haben wir vor anderen ein Qualitätsmanagement eingeführt und weiterentwickelt. Später wurde das Gesetz. Inzwischen gibt es bei uns auch das aus der Luftfahrt bekannte Critical Incidence Reporting, also Berichte über Beinahe-Unfälle. Wir veröffentlichen unsere Qualitätsberichte, für die wir ein Ampelsystem entwickelt haben. Da möchte kein Chefarzt mit seiner Abteilung mit „rot“ auftauchen. Ist das nachhaltig rot, hat das Konsequenzen für ihn. Wenn ich mir die gesetzlichen Anforderungen anschaue, sind wir gut aufgestellt.

Und doch kritisieren Sie die politischen Vorgaben, die im Raum stehen.

Ich habe erhebliche Zweifel, dass man mit bürokratischen Vorgaben die Qualität effizient erhöhen kann. Es macht wenig Sinn vorzuschreiben, dass man auf dieser und jener Station soundso viele Ärzte und Pfleger braucht. Die medizinische Welt, die Verfahren und damit die personellen Anforderungen sind, wie in der übrigen Wirtschaft auch, ständig im Fluss. Da sind starre Personalquoten der falsche Weg. Man schreibt eine Struktur fest, die schon morgen nicht mehr passt. Außerdem ist das innovationsfeindlich. Die ganze Erfahrung der Wirtschaftsgeschichte lehrt uns, dass staatlich verordnete Lenkung nicht funktioniert hat. Unsere Ärzte klagen schon heute am meisten über Bürokratie: Sie sagen: Das ist Wahnsinn, was man den ganzen Tag dokumentieren muss. Dazu kommt in deutschen Krankenhäusern eine, im Vergleich der OECD Länder, gewaltige Arbeitsverdichtung – und eine im OECD Vergleich ebenso geringe Vergütung, sodass man sehr genau überlegen sollte, ob weitere Ressourcen in die Erfüllung bürokratischer Dokumentationspflichten gelenkt werden sollten, oder ob nicht eine ohne bürokratischen Aufwand sich selbst regulierende Wettbewerbslösung vorzuziehen ist.

Sie sagen, dass die Leistungen der Krankenhäuser nicht ausreichend finanziert werden. Auf der anderen Seite wird Ihnen und anderen Kliniken vorgeworfen, zu viel zu operieren, um mehr zu verdienen: Mehr Hüft- und Kniegelenke werden ersetzt als im Rest Europas, immer mehr Herz-Katheter werden geschoben.

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Diese Vorwürfe mögen teilweise berechtigt sein. Passiert das bei Asklepios? Das kann ich Ihnen nicht 100-prozentig sagen. Wir tun zumindest alles, dass es nicht geschieht. Aber eine Mengenbegrenzung, wie Berlin das vorschlägt, ist nicht der richtige Weg und ein Widerspruch! Wir bauen gerade Centers of Excellence auf. Man muss doch durch seine medizinische Qualität mehr Patienten anziehen dürfen und damit mehr operieren, wenn man mehr Qualität will. Ein leuchtendes Beispiel kommt aus Hamburg von einem unserer Wettbewerber: Die Martini-Klinik mit ihren Prostata-Karzinom-Operationen hätte doch nie entstehen können, wenn man für das UKE die Mengen begrenzt hätte. Wenn jemand, der hohe Qualität anbietet, keine Patienten mehr aufnehmen darf, ist das doch ein Widerspruch zu dem Ziel, die Fallzahlen zu konzentrieren und dadurch die Qualität zu verbessern. Die Politik würde durch eine solche Lösung das eigene richtige Ziel, also Fallzahlkonzentrationen und mehr Qualität, behindern.

Haben Sie Ihre Transparenz-Kriterien auch beim Kauf des Hamburger Atlantic-Hotels angewendet? Welche Strategie steckt dahinter?

Keines meiner vier Hotels war geplant. Drei sind Fünf-Sterne-Häuser, alle tragen sich, aber die Hotel-Gruppe ist zu klein für eine nachhaltig funktionierende selbständige Organisation. Wenn jetzt das Atlantic dazukommt, können wir eine eigenständige kleine Gruppe aufbauen, die von Asklepios völlig getrennt sein wird. Das Atlantic wird darin die führende Rolle übernehmen. In Hamburg wie überall stehen die Krankenhäuser unter finanziellem Druck. Aber wir können die Chance nutzen, deutlich mehr ausländische Patienten noch besser mit Hilfe des Atlantic anzuziehen. Hier in Königstein haben wir eins der sieben Häuser des Hotels Falkenstein Grand Kempinski, in dem nur Angehörige von arabischen Patienten unterkommen. Auch in München funktioniert das. Das bringt allen nur Vorteile: dem Hotel, den Kliniken und auch den Einzelhändlern in der Stadt.

Wollen Sie in Hamburg weitere Hotels kaufen?

Nein, das Atlantic ist eine Ausnahme. Das Atlantic ist ein tolles Grandhotel mit einem positiven wirtschaftlichen Ergebnis, welches ideal zu uns passte.

Auf der anderen Alsterseite baut der Milliardär Klaus-Michael Kühne ein neues Fünfsternehotel. Kann Hamburg das verkraften?

Absolut. Und wenn ich sage, dass ich Wettbewerb für den treibenden Innovator in der Wirtschaft halte, kann ich mich nicht über Wettbewerb beschweren. Hamburg wird wachsen, die Stadt ist wunderschön, es gibt große Potenziale. Die Globalisierung nimmt kein Ende, Hamburg profitiert u. a. mit seinem Hafen von der Globalisierung. Ich finde auch die Idee einer Olympiabewerbung super. Bevor ich ins Krankenhausgeschäft kam, hatte ich mir die Immobilienbranche ausgesucht, um das Geld für einen Einstieg in das Wunschgebiet Medizin zu verdienen. Denn ursprünglich wollte ich in die Pharmaziebranche, um kausal wirkende Medikamente zu entwickeln, was ich wegen der mangelnden Mittel nicht beginnen konnte. Dann bin ich nach Hamburg gefahren, um von den tüchtigen Hamburger Kaufleuten zu lernen, wie Einzelhandels-Immobilien optimal strukturiert werden sollten. Hamburger Kaufleute waren hier, wie so oft, beispielhaft.

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Nachdem Asklepios den Landesbetrieb Krankenhäuser vor zehn Jahren übernommen hatte, haben die Hamburger Sie alles andere als ins Herz geschlossen. Es gab heftige Kritik an der Privatisierung und Gewinnorientierung. Der Slogan hieß: „Gesundheit ist keine Ware.“ Wird jetzt bei Ärzten und Pflegerinnen der Kaufpreis für das Atlantic eingespart?

Es gibt bestimmte Kritiker, bei denen wir Mutter Teresa sein können und sie werden die Fakten ignorieren, und Kritik anmelden. Die werden uns immer kritisieren, ganz gleich, was wir tun. Ich bin bereit, eidesstattlich zu versichern, dass kein Cent von den Hamburger Krankenhäusern in das Atlantic geflossen ist, und wir zahlen dieselben Gehälter wie die staatlichen Häuser in Hamburg. Dies hindert bestimmte Kritiker nicht daran, das Gegenteil zu behaupten. Wir haben mit dem Kauf des LBK den Haushalt Hamburgs um circa 100 Millionen Euro im Jahr entlastet, denn so hoch waren die Fehlbeträge des LBK in dem letzten Jahr vor der Privatisierung. Dieses Geld kann Hamburg jetzt für andere gute Zwecke verwenden. Und wir haben gute Ärzte nach Hamburg geholt, in zehn Jahren mehr als 2000 zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen und 500 Millionen Euro aus Eigenmitteln in die Kliniken investiert.

Wo liegt der Asklepios-Umsatz und wie hoch die Rendite?

Der Umsatz der Asklepios Kliniken Gruppe liegt bei 2,9 Milliarden Euro, die Umsatzrendite liegt zwischen drei und vier Prozent. Wir reinvestieren alles. Investitionen sind in der Regel die Voraussetzung für Innovationen, wie in der übrigen Wirtschaft auch, und dies geht nur bei Erwirtschaftung eines gewissen Überschusses.

Muss jedes Haus für sich profitabel sein?

Ja, das ist unsere Philosophie. Subventionen sollten immer nur zeitlich be-fristet sein. Wenn Sie Subventionen zulassen, bleiben erforderliche Änderungen aus. Stattdessen bildet sich immer eine lange Schlange von Subventionsempfängern, das wäre bei unseren Häusern auch so.

Wie profitieren die Hamburger Patienten?

Durch die Investitionen hat sich in den vergangenen zehn Jahren das medizinische Angebot verbessert. Nehmen Sie die Kopfklinik in der Asklepios Klinik Nord mit der intraoperativen Magnetresonanz-Tomografie oder die Kardiologie von Prof. Karl-Heinz Kuck in St. Georg oder das Herz-, Gefäß- und Diabeteszentrum dort mit seinen Hybrid-Operationssälen und seinen drei, demnächst sogar vier Elektrophysiologie-Laboren für die bestmögliche Behandlung von Herzrhythmusstörungen. Die modernsten Verfahren und die besten Köpfe erfordern immer auch große Investitionen in Gebäude, medizinische Geräte und qualifizierte Mitarbeiter. Die besten Ärzte gewinnen Sie nicht primär mit hohen Gehältern. Gute Ärzte fordern moderne Geräte und qualifizierte Mitarbeiter, sonst verlieren sie sie an andere Häuser.

Ist Hamburg da attraktiv genug?

Wir können an diesem attraktiven Standort hervorragende Ärzte gewinnen. Der Standort Hamburg bietet berufliche und private Chancen. Die Familien kommen gern mit nach Hamburg.

Niedergelassene Ärzte haben Sorge, dass Sie weiter medizinische Versorgungszentren aufkaufen, ihnen Konkurrenz machen und dann noch die Patienten in Ihre Kliniken lenken.

Wir gehen nur da in den niedergelassenen Bereich, wo wir unseren Einweisern nicht in die Quere kommen. Wir engagieren uns vor allem im Osten der Republik, wo Praxen nicht mehr nachbesetzt werden. Und was das Einweisen aus den MVZ in unsere eigenen Krankenhäuser betrifft: Selbst versorgende Monopolisten darf es nicht geben.

Sie sind ja als Mann bekannt, der in vielen Bereichen des Unternehmens sehr aktiv mitmischt. Haben Sie sich eigentlich schon mit Ihrer Nachfolge beschäftigt?

Die Bedeutung einer verantwortungsbewussten Nachfolgeregelung war mir mit dem Erwerb der ersten Klinik bewusst. Ich habe hierfür von Anfang an eine Stiftungslösung für den Fall vorgesehen, dass mir etwas passiert. Aktuell gibt es zwei Stiftungen, eine gemeinnützige und eine Familienstiftung, um auch für die Familie zu sorgen. Außerdem habe ich ein exzellentes Management eingesetzt, auf das ich mich verlassen kann.

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