Studie zeigt

Kliniken sind schlecht auf Krisen vorbereitet

Klinikkeime, Abrechnungsbetrug, Qualitätsdefizite - Kliniken und Unternehmen in der Gesundheitswirtschaft wissen um die Bedeutung eines guten Krisen- und Risikomanagements. Bei der Umsetzung hapert es allerdings gewaltig.

Veröffentlicht:
Nur ein Fünftel der Unternehmen im Gesundheitswesen – dazu zählen auch die Kliniken – hat sein kaufmännisches Risikomanagement tatsächlich institutionalisiert. Und damit auf sichere Beine gestellt.

Nur ein Fünftel der Unternehmen im Gesundheitswesen – dazu zählen auch die Kliniken – hat sein kaufmännisches Risikomanagement tatsächlich institutionalisiert. Und damit auf sichere Beine gestellt.

© cirquedesprit / fotolia.com

NEU-ISENBURG. Immer wieder tauchen sie auf: die Meldungen um Klinikkeime oder Pfusch bei Operationen.

Aber auch der Skandal um minderwertige Brustimplantate, der gleich mehrere Jahre die Öffentlichkeit schockierte, hat dem Image der Gesundheitswirtschaft, zu der unweigerlich auch die Kliniken und Praxen gehören, deutlich geschadet.

Umso wichtiger wird - gerade für große Einheiten, in denen durch den zunehmenden Kosten- und Wettbewerbsdruck schneller Fehler passieren - ein funktionierendes Risiko- und Krisenmanagement.

Doch genau um dieses steht es hierzulande nicht so gut, wie eine Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG zeigt.

Über 90 Prozent der teilnehmenden Unternehmen und Kliniken geben dabei zwar an, dass die Gesundheitswirtschaft ein höheres Bewusstsein für sichere Prozesse und beim Umgang mit Risiken benötigt.

Auch 70 Prozent der teilnehmenden Kliniken fordern dies.

Mangelnde Professionalität?

Risikotools kaum genutzt

Auf die Frage: „Wie und wie oft erfolgt in Ihrem Unternehmen die systematische Identifizierung von Risiken“ antworteten:

20 Prozent: Über regelmäßige Interviews mit den relevanten Fachbereichen.

12 Prozent: Über abteilungsinterne Risikoabfragen.

10 Prozent: Regelmäßige Erfassung anhand eines standardisierten Fragebogens.

Aber nur etwas mehr als ein Fünftel verfügt auch über ein institutionalisiertes kaufmännisches Risikomanagement. Bei einem weiteren Fünftel wird dies lediglich informal umgesetzt.

Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hat für ihre Studie Geschäftsführung oder Leiter einzelner Unternehmensbereiche quer durch die Gesundheitswirtschaft befragt. Zwar wirkt die Gruppe mit 50 Teilnehmern nicht sehr groß, doch die Studie vermittelt dennoch einen guten Eindruck, wie es um die Branche steht.

Den Fokus der Online-Befragung hat KPMG dabei nicht auf die rein medizinischen, sondern tatsächlich die unternehmerischen Bereiche gelegt.

Denn erst, wenn die Unternehmensführung funktioniert, können auch sichere Prozesse geschaffen und gelebt werden - und Krisen überwunden werden.

Spannend ist, dass die Teilnehmer zu 60 Prozent aus dem Krankenhaus- und Unikliniksektor und zu zehn Prozent aus dem Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung stammen.

Jeweils sechs Prozent sind der Medizin- und Biotechnik sowie dem ambulanten Versorgungsbereich zuzuordnen.

Besorgnis erregend ist, dass 64 Prozent der teilnehmenden Unternehmen und Kliniken den Umgang mit Risiken in Unternehmen der Gesundheitswirtschaft als weniger oder gar nicht professionell einschätzen.

Ein noch drastischeres Bild zeichnet sich, wenn man die Instrumente zum Erkennen von Risiken betrachtet. Die Durchführung einer regelmäßigen und systematischen Risikoerfassung unter Berücksichtigung aller Unternehmensbereiche und Hierarchiestufen erfolgt vergleichsweise selten.

Nur 20 Prozent nutzen regelmäßige Interviews mit den relevanten Fachbereichen, um Risiken rechtzeitig zu identifizieren. Bei 18 Prozent der teilnehmenden Unternehmen und Kliniken gibt es zumindest unregelmäßige Risikoabfragen.

Abteilungsinterne Risikoabfragen nutzen gerade einmal zwölf Prozent. Regelmäßige Risikoinventuren auf Basis relevanter Ereignisse - etwa anhand von Workshops - finden lediglich bei sechs Prozent der teilnehmenden Unternehmen und Kliniken statt.

Ungenutzte Potenziale

Nachholbedarf haben die Kliniken und Unternehmen auch bei der Förderung von Innovationen und Ideen aus dem Kreis der Mitarbeiter. Denn diese helfen, Risiken zu minimieren und die Organisationen zukunftsfit zu machen.

Die Studie zeigt: Obwohl in mehr als der Hälfte der teilnehmenden Unternehmen und Kliniken die Förderung von Ideen, Innovationen und Chancen ein fester Bestandteil der Unternehmenskultur ist, werden nur in 22 Prozent der Organisationen Ideen und Innovationen tatsächlich proaktiv gefördert.

Und noch etwas ist auffällig: Von den Unternehmen, über die bereits eine negative Berichterstattung in der Presse erfolgte, besitzen über 80 Prozent keinen Prozess zur Erfassung relevanter Compliance-Risiken. (reh)

Mehr zum Thema

Heimbeatmung

Helios Klinik Leisnig erweitert ihr intensivmedizinisches Angebot

Geschäftsjahr 2023

Asklepios steigert Umsatz und Gewinn

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Wo lang im Gesundheitswesen? Der SVR Gesundheit und Pflege empfiehlt mehr Richtungspfeile für alle Akteure.

© StefanieBaum / stock.adobe.com

Sachverständigenrat Gesundheit und Pflege

Gesundheitsweise empfehlen Primärversorgung für alle – und Quotierung der Weiterbildung

„Wenn die Politik Wissenschaftlern sagen würde, wir wollen dieses oder jenes Ergebnis, ist das Propaganda.“ Klaus Überla – hier im Treppenhaus seines Instituts – über Einmischungen aus der Politik.

© Patty Varasano für die Ärzte Zeitung

Interview

STIKO-Chef Überla: RSV-Empfehlung kommt wohl bis Sommer

Dr. Iris Dötsch Fachärztin für Innere Medizin, Diabetologin und Ernährungsmedizinerin hat die Hauptstadtdiabetologinnen, eines neues Netzwerk für Frauen in der Diabetologie, gegründet.

© snyGGG / stock.adobe.com

Hauptstadtdiabetologinnen

Ein Netzwerk für Diabetologinnen