LICHTENFELS

„Wir wollten Regiomed verlassen“

Neue Gesamtleitung: Die frühere Regiomed-Hauptgeschäftsführerin Katja Bittner trägt ab dem 1. April als neuer Vorstand d... Foto: Markus Drossel

Viel hätte nicht gefehlt, und der Landkreis Lichtenfels hätte Ende Januar 2013 den Klinikverbund Regiomed verlassen. „Ich als Landrat habe diese Möglichkeit ernsthaft in Erwägung gezogen“, sagte Landkreischef Christian Meißner am Mittwoch unserer Zeitung.

Und auch der Kreistag hat nach OT-Informationen für die Option eines Ausstieges votiert. Der Grund für diese drastische Entscheidung: das zerrüttete Verhältnis zur damaligen Hauptgeschäftsführerin Katja Bittner. Meißner weiter: „Frau Bittner hat vehement eine Änderung des Gesellschaftervertrages aus dem Gründungsjahr 2008 betrieben, die den kommunalen Einfluss auf die Entscheidungsprozesse durch die Kreisgremien fast völlig in Frage gestellt hätte. Als Landrat war ich gemeinsam mit dem Kreistag der festen Überzeugung, dass wir auch weiterhin in der politischen Verantwortung für unser Klinikum und dessen Beschäftigte stehen wollen. Auch die Regierung von Oberfranken, als unsere Rechtsaufsichtsbehörde, hat die Beibehaltung des ,kommunalen Einflusses‘ durch die Kreisgremien gefordert.“

Auch um den Austritt abzuwenden, haben Meißner und fünf weitere Aufsichtsräte des Klinikverbundes gegen die Stimmen des Coburger Landrats Michael Busch und des damaligen Coburger Oberbürgermeisters Norbert Kastner im August 2013 für die fristlose Kündigung von Katja Bittner gestimmt. Vorausgegangen waren sorgfältige Interessenabwägungen mit anwaltschaftlicher Unterstützung.

Die Diplom-Betriebswirtin klagte gegen den Rauswurf, es kam vor zwei Wochen zur Verhandlung vor der Coburger Kammer für Handelssachen (das OT berichtete). Schließlich einigten sich Bittner und Regiomed auf einen Vergleich – die Managerin erhält nach Schätzungen zirka 800 000 Euro Abfindung. Landrat Meißner, derzeit Vorsitzender der Gesellschafterversammlung des Klinikverbundes, verteidigt diese Entscheidung: „Wir haben dem Vergleich zugestimmt, weil sonst Interna an die Öffentlichkeit gedrungen wären. Wir wollten den Klinikverbund in ruhiges Fahrwasser lenken.“

„Ruhiges Fahrwasser“ gab es in den nicht mal zwei Jahren, in denen Katja Bittner als Hauptgeschäftsführerin bei Regiomed tätig war, eher seltener. Der Coburger Landrat Michael Busch: „Frau Bittner wollte binnen kurzer Zeit drei Geschäftsführer teilweise fristlos entlassen, von denen sie sogar zwei eingestellt hatte.“ Hinzu kam, dass die von der Managerin geäußerte Befürchtung einer Insolvenz der Henneberg-Kliniken unbegründet war, „denn diese Klinik hat bis heute keine Insolvenz angemeldet“.

Außerdem, so fährt Busch fort, war Bittners Verhältnis mit vier von fünf Gesellschaftern komplett zerrüttet. Des Weiteren ist sie nach Informationen des Obermain-Tagblattes mit dem Betriebsrat komplett auf Kriegsfuß gestanden. So hatten sich nach der Kündigung Bittners im August 2013 mehrere Arbeitnehmervertreter öffentlich mehr als zufrieden über ihren Rauswurf geäußert.

Diesen hätte der Coburger Landrat im Übrigen anders gehandhabt. „In der Tat habe ich im Aufsichtsrat gegen eine fristlose Kündigung gestimmt, weil meiner Meinung nach dafür die Voraussetzungen gefehlt haben. Nichtsdestotrotz war auch ich wegen der oben genannten Gründe für eine Auflösung des Vertragsverhältnisses mit der Hauptgeschäftsführerin.“ Bei einer solchen Beendigung des Vertragsverhältnisses hätte es selbstverständlich auch eine Abfindung gegeben, aber es wäre geräuschlos verlaufen.

„Wir haben dem Vergleich zugestimmt, weil sonst Interna an die Öffentlichkeit gedrungen wären. Wir wollten den Klinikverbund in ruhiges Fahrwasser lenken.“
Christian Meißner Landrat

Dass es jetzt vor Gericht gegangen sei, gefalle ihm natürlich nicht, so der Coburger Landrat weiter. „Ich war als Zeuge geladen und durfte darum nicht der Verhandlung beiwohnen. Wenn die Presseberichte aber stimmen und der Richter Frau Bittner in fast allen Punkten recht gegeben hat, warum schlug er dann einen Vergleich vor und sprach ihr nicht die volle ausstehende Vergütung zu (die Rede ist von 1,4 bis 1,9 Millionen Euro; Anm. d. Red.)? Und warum hat Frau Bittner diesem Vergleich dann zugestimmt und auf sehr viel Geld verzichtet? Also müssen doch auch Argumente von Regiomed für die Kündigung stichhaltig gewesen sein“, sagte Michael Busch dem Obermain-Tagblatt.

Die Höhe der vermuteten Abfindung in Höhe von 800 000 Euro verteidigte er im Übrigen: „Top-Personal hat eben seinen Preis. Die Summen, die genannt werden, sind die übliche Gehälter für solche Posten.“ Auch wenn der Klinikverbund wegen der Personalie Bittner Schlagzeilen produziert, ist Regiomed laut Busch ein Erfolgsmodell: „Keiner der Gesellschafter musste bisher auch nur einen Cent zuschießen, der Klinikverbund arbeitet mehr als nur wirtschaftlich.“

Über mangelnde Arbeit muss übrigens auch Katja Bittner, die für eine Stellungnahme nicht zu erreichen war, nicht klagen. Die Diplom-Betriebswirtin tritt am 1. April ihre neue Stelle als Vorstand des Kommunalunternehmens „Kliniken und Heime des Bezirks Oberfranken“ an und trägt damit die Verantwortung für die Bezirksklinken in Bayreuth, Hochstadt, Kutzenberg und Rehau sowie für die Tageskliniken in Bamberg, Coburg und Hof sowie das ambulante Behandlungszentrum Obermain.

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