Oldenburg - Der unter Mordverdacht stehende Ex-Krankenpfleger Niels Högel hat erstmals vor Gericht die Vorwürfe persönlich eingeräumt. Er bestätigte die Angaben eines Gutachters, mit dem er über die Klinikmorde gesprochen hatte. „Ja, das ist richtig“, sagte Högel am Donnerstag beim Prozess. Das Landgericht Oldenburg wertete dies als Geständnis. Damit hat der Angeklagte nicht nur drei Morde und zwei Mordversuche an Patienten im Klinikum Delmenhorst zugegeben, für die er aktuell vor Gericht steht, sondern auch bis zu 25 weitere Morde und rund 60 weitere Mordversuche im Klinikum Delmenhorst in den Jahren 2003 bis 2005.

Auf die Frage von Richter Sebastian Bührmann, ob er sich die Äußerungen des Gutachters zum Lebenslauf, zur Sache und zu den Tatvorwürfen als eigene Einlassung zu eigen mache, antwortete Högel mit „Ja“. Er soll den Kranken eine Überdosis des Herzmedikaments Gilurytmal gespritzt haben.

Aussagen des Gutachters über Ex-Pfleger Niels Högel

Gutachter Konstantin Karyofilis hält den 38-jährigen Angeklagten für voll schuldfähig. „Högel ist durchschnittlich intelligent und organisch gesund“, sagte der Sachverständige. Eine schwere seelische Abartigkeit liege nicht vor. Karyofilis sprach sich gegen eine Sicherungsverwahrung aus, weil eine Rückfallgefahr nicht bestehe. Nach Ansicht des Gutachters wollte Högel die Patienten nicht vorsätzlich töten, sondern beweisen, wie gut er diese wiederbeleben kann. Die eigene Angst vor dem Tod sei für Högel ein Motiv gewesen. „Er hat immer wieder versucht, den Tod zu besiegen.“

Gerichtssprecher Michael Herrmann erklärte, dass dem Angeklagten eine lebenslange Freiheitsstrafe drohe, wenn die Kammer dem Gutachter folge und ihn für „voll schuldfähig“ halte. Die Anwältin der Nebenkläger, Gaby Lübben, sagte, dass man von noch mehr Morden ausgehen müsse. Die von Högel zugegebenen Taten seien die „untere Grenze“.

Der ehemalige Leiter der Apotheke des Klinikums Oldenburg sagte am Donnerstag als Zeuge vor Gericht, dass der erhöhte Verbrauch von Gilurytmal im Klinikum Delmenhorst nicht auffällig gewesen sei. Oldenburg beliefert Delmenhorst mit Medikamenten. Er betonte aber, dass für die Bestellung von Medikamenten immer die Unterschrift eines Arztes notwendig gewesen sei.

Högel kündigte an, dass er am kommenden Donnerstag Fragen des Gerichts beantworten will. Für den nächsten Prozesstag sind auch die Plädoyers von Staatsanwaltschaft und Nebenklage angekündigt. Das Urteil könnte am 26. Februar gesprochen werden.

Video vom 8. Januar 2015