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Hausärzte sehen Versorgung bedroht

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Deutlichen Abbau sieht das Sanierungskonzept für die Kliniken Schwabing (Foto) und Harlaching vor.
Deutlichen Abbau sieht das Sanierungskonzept für die Kliniken Schwabing (Foto) und Harlaching vor. © Marcus Schlaf

München - Die Münchner Hausärzte melden große Zweifel an dem Sanierungskonzept für die städtischen Kliniken an: Die Versorgung von Notfallpatienten sei bedroht, ebenso die stationäre Versorgung. Verlierer seien vor allem alte und chronisch kranke Patienten.

Nachdem bereits die Ärzte-Gewerkschaft Marburger Bund erhebliche Zweifel am Sanierungskonzept für die städtischen Kliniken geäußert hatte, schalten sich nun die Münchner Hausärzte in die Debatte ein. In einem offenen Brief an Oberbürgermeister Christian Ude, der Aufsichtsratschef der Kliniken ist, warnen sie vor einer „deutlichen Verschlechterung“ der Versorgung von Notfällen und stationären Patienten.

Dr. Christoph Grassl
Dr. Christoph Grassl © -

Das von der Unternehmensberatung Boston Consulting vor zwei Wochen vorgestellte Konzept sieht vor, die Kapazitäten in den Kliniken Schwabing und Harlaching teils stark zu reduzieren. Die Notaufnahme soll zwar jeweils erhalten bleiben, aber nur als Poliklinik ohne Fachabteilung.

„Wenn das Konzept so umgesetzt wird, brechen Schwabing und Harlaching faktisch weg“, warnt Dr. Oliver Abbushi, stellvertretender Bezirkschef des Bayerischen Hausärzteverbands. Das betreffe dann vor allem Notfallpatienten, die deutlich schlechter versorgt werden könnten - Patienten mit Herzinfarkt, Schlaganfall, akuten Blinddarmentzündungen und weiteren schweren Erkrankungen. Die städtischen Kliniken tragen den größten Anteil der Notfallversorgung in München.

Wenn Schwabing und Harlaching die Notfallpatienten nicht mehr im heutigen Umfang aufnehmen können, so fürchten die Hausärzte, sind die übrigen Klinken völlig überfordert. „Die Patienten kommen in eine Abhängigkeit von privaten Häusern, die keine öffentliche Fürsorgepflicht haben“, so Abbushi. Auch die Unikliniken könnten die Notfallpatienten nicht auffangen: „Die sind von ihrer Auslegung her keine Standardkliniken“, sagt er. Außerdem seien sie heute schon gut beschäftigt - nicht zu vergessen, dass München in den kommenden Jahren stark wachsen soll.

Dr. Oliver Abbushi
Dr. Oliver Abbushi © -

Dass alle Notaufnahmen der vier großen städtischen Kliniken erhalten bleiben, feierten Berater und Klinikführung als Erfolg. „Das ist eine Luftnummer, eine Beruhigungspille“, empört sich Abbushi. Das seien nur noch Rumpf-Ambulanzen, ohne die nötigen Versorgungseinheiten wie Herzkatheter, Endoskopie oder Operationseinheit. Wenn man dann aber Patienten aus der Notaufnahme in eine andere Klinik fahren müsse, komme es zu kritischen Zeitverlusten. „Das kann für die Patienten im schlimmsten Fall fatale Folgen haben“, sagt der Hausarzt.

In dem offenen Brief warnen Abbushi und der Bezirkschef Dr. Christoph Grassl auch vor einer Zwei-Klassen-Medizin, der mit dem Sanierungskonzept Vorschub geleistet würde: „Patienten, die aus Sicht des Krankenhauses für eine Behandlung besonders lukrativ sind, werden in private Häuser wechseln“, heißt es. Verlierer seien die alten, chronisch kranken Patienten.

Der offene Brief wurde laut Klinikum an alle Mitglieder des Lenkungskreises um OB Ude weitergeleitet. Boston Consulting soll außerdem die Bedenken der Hausärzte prüfen und in das endgültige Sanierungsgutachten einbeziehen - es soll in einer Woche vorgestellt werden.

Moritz Homann

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