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Regierungspräsidium bestätigt Kontroll-Versagen in Weingartener Klinik

Weingarten / Lesedauer: 3 min

Weingarten erwägt Ansprüche gegen Wirtschaftsprüfer
Veröffentlicht:07.04.2014, 22:10

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Das Regierungspräsidium (RP) Tübingen teilt die Bewertung der Weingartener Krankenhauskrise, die die Gemeindeprüfungsanstalt (GPA) abgegeben hat. Auch das RP sieht das kollektive Versagen von Geschäftsführung, Aufsichtsrat und Stadtverwaltung als Grund für die Millionenverluste des 14 Nothelfer in den Jahren 2007 bis 2012. Die Stadtverwaltung gibt sich damit aber nicht zufrieden und will prüfen, ob man Ansprüche gegen den Wirtschaftsprüfer geltend machen kann. Der Gemeinderat hat das am Montagabend einstimmig mitgetragen.

Auch wenn die Stadt bereits im Februar versucht hat, mit ihrer Stellungnahme zum GPA-Prüfbericht einen weiteren Schauplatz ins Spiel zu bringen: Das Regierungspräsidium Tübingen hat sich der Einschätzung der Gemeindeprüfungsanstalt angeschlossen. Es habe erhebliche Mängel und Versäumnisse bei der Wirtschaftsführung der Krankenhaus-Gesellschaft und bei der Steuerung und Kontrolle durch die Stadt gegeben, so das Fazit des RP. In einem Schreiben an die Stadtverwaltung zählt die Behörde nochmals auf, was schiefgelaufen ist.

Die Geschäftsführung hat Wirtschaftspläne verspätet und in einem Jahr überhaupt nicht dem Aufsichtsrat vorgelegt. Hier wurde offenbar massiv geschludert, Unterlagen waren unvollständig, kamen zu spät. Auch Controlling und Forderungsmanagement waren nicht gut genug, Liquiditätsplanung und -steuerung seien unzureichend gewesen.

Dem Aufsichtsrat mit seinem Vorsitzenden Oberbürgermeister Markus Ewald wirft das RP vor, nicht nachdrücklich genug auf Vorlage von Wirtschaftsplänen, Quartalsberichten und Jahresabschlüssen gepocht zu haben. Eine eigene Prüfung der Jahresabschlüsse habe man versäumt. Die Gesellschafterversammlung muss sich vorhalten lassen, Jahresabschlüsse nicht fristgerecht festgestellt und nicht über ihre Behandlung entschieden zu haben.

Die Stadt hat nach Meinung des RP versäumt, eine aktive städtische Beteiligungsverwaltung mit einem effektiven Management einzurichten. Vorgeschriebene Beteiligungsberichte seien nicht erstellt worden. Auch die Probleme, die mit der Inanspruchnahme von Kassenkrediten zusammenhingen, seien nicht rechtzeitig erkannt worden.

Stadt will Anwaltsbüro einschalten

Mit dem Abschlussbescheid des RP ist das sogenannte überörtliche Prüfungsverfahren abgeschlossen. Das RP hat der Stadt den Ball jetzt wieder zugespielt: Ihr obliege es nun, so das RP, Haftungsfragen zu klären und Ansprüche zu verfolgen. „Zu prüfen wären vor allem mögliche Ansprüche gegen Vertreter der Stadt und Organe der Gesellschaft“, so das RP. Dabei komme es auf den „Verschuldensgrad“, die Höhe des Schadens und die Kausalität an. Zudem geht es um Versicherungsansprüche. Ob angesichts der „Vielzahl von Versäumnissen“, wie das RP schreibt, auch disziplinarrechtliche Maßnahmen in Frage kommen, hänge vor allem vom Ergebnis ab, zu dem die Staatsanwaltschaft komme. Dort liegen drei Strafanzeigen gegen Oberbürgermeister Markus Ewald wegen Verdachts der Untreue vor. Zudem ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Unbekannt wegen Verdachts der Urkundenfälschung. Dabei geht es um alte Verträge zwischen Stadt und 14-Nothelfer-GmbH.

Oberbürgermeister Markus Ewald und etliche Stadträte nahmen während des Tagesordnungspunkts in den Zuschauerreihen Platz: Wegen ihrer damaligen Tätigkeit im Aufsichtsrat galten sie als befangen. Bürgermeisterstellvertreter Alfred Schick übernahm den Vorsitz. Schick bemängelte, auch das Regierungspräsidium habe keinerlei Hinweis auf mögliche Haftungsfragen gegenüber dem damaligen Wirtschaftsprüfer gegeben. Das solle man allerdings ebenfalls prüfen. Um das zu entscheiden, will die Verwaltung nun ein Rechtsanwaltsbüro beauftragen. Die Kanzlei soll ein Gutachten erstellen, dass dann als Entscheidungsgrundlage für den Gemeinderat dienen soll. Bis Ende des Monats soll das Anwaltsbüro, das noch ausgewählt werden muss, den Auftrag erhalten. Die Stadträte trugen diese Entscheidung einstimmig mit.

Am Krankenhaus 14 Nothelfer sind in den Jahren 2007 bis 2012 über 14 Millionen Euro Schulden aufgelaufen. Die Finanzkrise führte zum Verkauf an das Klinikum Friedrichshafen, welches das 14 Nothelfer seit Mitte Oktober 2013 betreibt.