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Oberschwabenklinik

Geschäftsführer der Oberschwabenklinik zu den Perspektiven des Wangener Krankenhauses

Wangen / Lesedauer: 6 min

Geschäftsführer der Oberschwabenklinik zu den Perspektiven des Wangener Krankenhauses
Veröffentlicht:24.04.2014, 18:55

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Mit gut zwei Millionen Euro Verlust ist das Krankenhaus Wangen voraussichtlich aus dem Jahr 2013 gegangen. Die Oberschwabenklinik steuert gegen: An diversen Stellen setzt sie den Hebel an, um das Klinikum Westallgäu in Richtung schwarze Zahlen zu führen. Das Prinzip lautet: Durch den Ausbau lukrativer Bereiche sollen die unterfinanzierten Angebote der Grund- und Regelversorgung de fakto quersubventiert werden, wie Sebastian Wolf, Geschäftsführer der Oberschwabenklinik, im Gespräch mit Jan Peter Steppat erläutert.

Herr Wolf, wie lautet die Strategie der OSK für das Wangener Krankenhaus in den kommenden Jahren?

Das Haus hat durch die Kreistagsbeschlüsse vom November 2012 eine ganz klare Profilierung als Grund- und Regelversorger mit Zentralversorgungselementen für Wangen und für das Allgäu bekommen. Die Grund- und Regelversorgung ist in Deutschland aber nicht auskömmlich finanziert. Um die Infrastruktur in ihrer ganzen Breite erhalten zu können, brauchen wir deshalb darüber hinaus nicht nur medizinisch, sondern auch wirtschaftlich lukrative Elemente. Da hat man zwei Möglichkeiten: den Aufbau völlig neuer Leistungsmerkmale oder die Ansätze aus dem bestehenden Portfolio stärker zu akzentuieren. Letzteres ist unser favorisierter Weg.

Nennen Sie bitte Beispiele...

Vorhanden ist in Wangen zum Beispiel die Orthopädie in unserer Klinik für Chirurgie. Hier haben wir jährlich 4900 Patienten mit Gelenkerkrankungen, die ambulant oder stationär behandelt werden. Pro Jahr werden 250 endoprothetische Operationen durchgeführt. Die Endoprothetik, der Gelenkersatz, ist derzeit wirtschaftlich sehr gut im Vergütungssystem abgebildet. Deshalb bauen wir dieses Feld in Wangen gezielt aus. Aber: Gelenkmedizin ist mehr als nur Gelenkersatzmedizin. Bei uns erhalten nur Patienten künstliche Gelenke, die sie auch tatsächlich brauchen.

Bei allen beschriebenen Plänen in diesem Bereich in Wangen, wie begegnen Sie den Plänen des Klinikums Friedrichshafen , ausgerechnet in Weingarten auf Endoprothetik und Gelenkmedizin zu setzen? Konterkariert dies Ihr Vorhaben?

Von unserem Kurs bringt uns das nicht ab. Wir stellen uns dieser Konkurrenz mit allen drei Standorten Ravensburg , Bad Waldsee und auch Wangen. Im Verbund können wir eine geballte medizinische Kompetenz bis hin zu hohen Spezialisierungen aufbieten, die ihresgleichen in der Region sucht. Den Menschen im Westallgäu können wir besten Gewissens sagen, dass sie ein hoch kompetentes Ärzteteam direkt vor der Haustüre finden und sich nicht in weiter entfernte Kliniken verweisen lassen müssen. Zudem können sie über unser Medizinisches Versorgungszentrum ohne jede Umwege direkt zu uns kommen.

Und was ist weiter geplant?

Die Adipositas-Chirurgie ist in Wangen schon ein schlummernder Schwerpunkt. Mit dem Chefarzt Dr. Immler haben wir einen ausgewiesenen Spezialisten. Die Adipositaschirurgie zeichnet sich durch ein sehr weites Einzugsgebiet aus. Patienten aus ganz Baden-Württemberg kommen nach Wangen. Allerdings setzt die Behandlung stark übergewichtiger Patienten ein hohes Maß an Vertrauen zwischen Arzt und Patient voraus. Vor der Entscheidung über eine Operation werden die Menschen über sechs Monate hinweg konservativ behandelt. Hier sind wir momentan dabei, ein Zentrum aufzubauen, das eine noch systematischere und stärkere Vor- und Nachbehandlung gewährleisten kann.. Dabei geht es um Bewegungs-, Ernährungs- und Verhaltenstherapie.

Wie sieht dieser Ausbau konkret aus?

Kürzlich haben wir eine Diätassistentin aus unserer Zentralküche nach Wangen versetzt. Ab 1. Juli haben wir eigens eine Psychologin vor Ort, die die Verhaltenstherapie abdecken wird. Außerdem ist eine Kooperation mit der MTG Wangen angedacht. Das heißt, es soll eine Trainerin des Vereins direkt ins Haus für die Bewegungstherapie der Patienten kommen. Diese systematische Struktur gab es bislang bei uns nicht und sie gibt es auch in umliegenden Häusern nicht. Es wäre ein Alleinstellungsmerkmal für Wangen.

Im Gespräch ist auch ein Ausbau der Schilddrüsenchirurgie...

Ja, hier hat sich Wangen bereits in den vergangenen Jahren einen sehr guten Ruf erarbeitet. Dieser Kompetenzschwerpunkt hat aber noch Wachstumspotenzial. Es gilt in allererster Linie, diese Kompetenz in die Bevölkerung hineinzutransportieren. Verstärkte Öffentlichkeitsarbeit ist da gefragt. Wie bei der Gelenkmedizin und der Behandlung von Adipositas-Patienten gilt auch hier, vor einer möglichen Operation sehr sorgfältig die Indikation eines Patienten zu betrachten.

Vieles ist noch im Aufbau. Sehen Sie bereits Erfolge?

Ja. Etabliert hat sich in der Gynäkologie die Inkontinenzbehandlung durch ein neuartiges Operationsverfahren von Chefarzt Dr. Mauch. Steigende Fallzahlen zeugen davon.

Wann werden die weiteren Maßnahmen greifbar sein - zum Beispiel in Form schwarzer Zahlen?

Zunächst: Ein Minus von derzeit jährlich gut zwei Millionen Euro ist inakzeptabel. Aber wir haben einen verstärkten Fallzahlanstieg. Dieser Trend aus dem zweiten Halbjahr des Jahres 2013 setzt sich 2014 fort. Dennoch wäre es vermessen zu glauben, die schwarze Null in Wangen bereits im kommenden Jahr zu erreichen. Ziel ist es, dieses und nächstes Jahr alles für eine deutliche Reduktion des negativen Ergebnisses zu tun. Allerdings gibt es noch weitere Faktoren, von denen dies abhängt.

Welche?

Zum Beispiel von Elementen, die kapazitätserweiternd wirken und das Krankenhaus zusätzlich attraktiv machen. Dazu zählt der Umbau des vierten Obergeschosses in eine Station mit gehobener Aufenthaltsqualität. Sie soll Mitte 2016 eröffnet werden. Dies hat nichts mit Zweiklassenmedizin zu tun. Ein gut aufgestelltes Krankenhaus braucht einen solchen Bereich, um wie erwähnt die Mittel für eine nicht auskömmliche Grundversorgung zu erwirtschaften. Und die Frage, wie es in Isny weitergeht, steht auch noch an.

Wie denn aus Ihrer Sicht?

Ehe ich dazu etwas sage, möchte ich die Isyner Gemeinderatssitzung am 28. April abwarten. Erst wäre nicht fair, vorab öffentlich darüber zu spekulieren.

Zurück nach Wangen. Wie man hört, gibt es Tendenzen, dass der Bau des Operationssaals für Notkaiserschnitte doch kommt...

Die Beschlussfassung hierzu ist in den Gremien. Unsere Aufgabe ist es, darzustellen, dass der Notsectio-OP wirtschaftlich ist. Der Bau würde Kapazitäten im zentralen OP-Bereich freimachen, die derzeit für Notsectiones vorgehalten werden müssen. Dies würde mehr OP’s erlauben und damitdie Postition des Wangener Krankenhauses in einem stark vom Wettbewerb bestimmten Bereich deutlich erhöhen. Aus Sicht der OSK ist der Notsectio-OP ein Element, um die Zukunftsfähigkeit des Hauses zu stärken.

Gerüchte gibt es auch um den Abzug des erst vor wenigen Jahren in Wangen installierten Links-Herzkathetermessplatzes an das Elisabethen-Krankenhaus nach Ravensburg...

Fakt ist: Die Oberschwabenklinik braucht drei Linksherzkatheter-Messplätze. Bis zum Abschluss des zweiten Bauabschnitts am EK im Jahr 2018 ist dort nur Raum für zwei dieser Einrichtungen. Bis dahin brauchen wir in jedem Fall auch in Wangen ein Herzkatheterlabor. Wenn ein dritter Platz in Ravensburg möglich ist, wird im Lichte des Versorgungsbedarfs über den Wangener Platz entschieden. Dazu gibt es einen klaren Beschluss des OSK-Aufsichtsrates, mit dem sich anderslautende Gerüchte erledigt haben.