Oberschwabenklinik

Kalter Krieg der Kliniken

Ravensburg / Lesedauer: 5 min

Warum die Stimmung zwischen den Krankenhausbetreibern der Region immer frostiger wird
Veröffentlicht:11.04.2014, 18:25

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Immer schon waren die Krankenhäuser Sankt Elisabeth in Ravensburg und 14 Nothelfer in Weingarten Konkurrenten. Die Situation hat sich verschärft, seit im Sommer 2013 bekannt wurde, dass das Klinikum Friedrichshafen das in Finanznot geratene Weingartener Krankenhaus übernehmen werde, für das sich auch die Oberschwabenklinik interessiert hatte. Seitdem ist die Stimmung zwischen Ravensburg und Friedrichshafen frostig, ein Kampf um Patienten entbrannt. Laut einem Papier, das unserer Zeitung vorliegt, hatten die großen Gesundheitsversorger in der Region ursprünglich vorgesehen, die Kliniklandschaft völlig anders unter sich aufzuteilen.

Papier ist kein Vertrag

Das Papier ist kein Vertrag, hat also keine rechtliche Bindung. Dennoch wurde es wohl – zumindest von der Oberschwabenklinik (OSK) – als Handlungsgrundlage betrachtet. Bekanntlich war der kommunale Klinikverbund in Trägerschaft von Landkreis und Stadt Ravensburg 2011 stark ins Trudeln geraten, es drohte sogar Insolvenz. Gutachter empfahlen der OSK 2012 nicht nur Standortschließungen und weitere harte Sanierungsmaßnahmen, sondern auch eine bessere Kooperation mit anderen Gesundheitsversorgern aus der Region.

Die Gründe liegen auf der Hand: Wenn sich zwei benachbarte Kliniken mit dem gleichen medizinischen Angebot gegenseitig Konkurrenz machen, kann das auf Dauer nicht gutgehen, weil das Gesundheitssystem unterfinanziert ist. Absprachen für Spezialangebote sind also sinnvoll, auch was die Anschaffung teurer Geräte angeht.

Eine solche Absprache hat es laut dem Papier tatsächlich gegeben. Es ist auf den 18. März 2013 datiert, nach einem Gespräch der Geschäftsführer der regionalen Gesundheitsversorger: Sebastian Wolf von der OSK, Johannes Weindel vom Klinikum Friedrichshafen, Ellio Schneider (Waldburg-Zeil Kliniken) und Dieter Grupp (ZfP Südwürttemberg).

Ziel der Gespräche war „ein abgestimmtes Angebot im Bereich der stationären Krankenhausleistungen in der Region Bodensee-Oberschwaben-Allgäu“. Dabei sollte „eine möglichst flächendeckende, erreichbare Versorgung gesichert werden und andererseits hochspezialisierte Leistungen an einzelnen Zentren abgestimmt angeboten werden.“

Die Idee: Verbünde bilden. Verbund 1 sollte aus den jetzigen Krankenhäusern Friedrichshafen, Tettnang (bislang Waldburg-Zeil) und Sigmaringen bestehen. Verbund 2 aus der OSK, dem 14 Nothelfer und dem Fachklinikum Wangen. Dafür, dass sich die Waldburg-Zeil-Kliniken „komplett auf ihr Kerngeschäft Rehabilitation zurückziehen“ und ihre Kliniken in Wangen und Tettnang an die Verbünde abgeben, sollten sie „mit einem stetigen Zufluss von Patienten aus den Verbünden rechnen können“. Das ZfP wäre nur am Rande berührt gewesen, durch die Übernahme der psychiatrischen und psychosomatischen Abteilungen der Krankenhäuser, die zum Klinikum Sigmaringen gehören.

Es gab auch schon konkrete Umsetzungsschritte, die in dem Papier festgehalten wurden. „Sämtliche Klinikübernahmen werden ohne direkten Kapitaleinsatz vollzogen. Das heißt, die Krankenhäuser gehen zum symbolischen Preis von 1 Euro in die neue Rechtsform zum neuen Träger. Bestehende Verbindlichkeiten der Krankenhäuser werden entweder vom bisherigen Träger bereinigt oder mit übernommen.“

OSK-Plan ging nicht auf

Vor dem Hintergrund ist auch der Rückzug der OSK aus dem Bieterverfahren ums 14 Nothelfer im Juni 2013 zu verstehen, so merkwürdig das zunächst klingen mag: Der Landkreis Ravensburg unterbreitete der Stadt Weingarten ein deutlich schlechteres „Alternativangebot“, offenbar in der Hoffnung, das Klinikum Friedrichshafen würde sich ebenfalls aus dem Bieterverfahren zurückziehen, gemäß dem Papier über die Gebietsabsprache. Im Gegenzug wollte sich die OSK weder in Tettnang noch in Sigmaringen engagieren.

Allerdings geschah das nicht. Friedrichshafen hielt an seinem Angebot für Weingarten fest und übernahm das 14 Nothelfer dann doch für 1,5 Millionen Euro. Ins Bieterverfahren um Sigmaringen stieg man nach anfänglichem Interesse hingegen nicht ein. Seitdem ist das Tischtuch zwischen OSK und Klinikum Friedrichshafen zerschnitten. Der Häfler Oberbürgermeister Andreas Brand spricht sogar von „kräftigsten Attacken der OSK“ im Zusammenhang mit der geplanten Übernahme des Akutkrankenhauses der Waldburg-Zeil-Klinik in Tettnang. Am Montag gibt es beim Bundeskartellamt in Bonn einen Termin, bei dem es um die Übernahme geht.

Während die Oberschwabenklinik die Gebietsabsprache indirekt bestätigt, sprechen die anderen Teilnehmer von einem Denkmodell, einem von vielen. Zum Beispiel Dieter Grupp, Geschäftsführer des ZfP, der bei den Gesprächen dabei war, aber als neutrale Partei, denn das ZfP betreibt keine Akutkrankenhäuser. Grupp bestätigt zwar, dass die oben genannte Gebietsaufteilung eine Option war, es aber bei den Gesprächen, bei denen Vertreter von Regierungspräsidium und Sozialministerium dabei gewesen seien, mehrere Modelle gegeben habe, die alle nicht zum Tragen gekommen seien.

Unter anderem habe es sogar die Überlegung gegeben, alle kommunalen Krankenhäuser zwischen Ulm, dem See und Sigmaringen unter einer Holding zu vereinen (Modell A). Modell B habe einen kommunalen Verbund von Ravensburg bis zum See und Sigmaringen beinhaltet, Modell C war das zitierte Papier. Letztendlich glaubt Grupp aber, dass die Übernahme des 14 Nothelfer durch die OSK, „so wünschenswert das gewesen wäre“, ohnehin am Kartellrecht gescheitert wäre. Weil es zu einer marktbeherrschenden Stellung der OSK in der Region geführt hätte.

Johannes Weindel, Geschäftsführer des Klinikums Friedrichshafen, sieht das Papier ebenfalls als „eines von vielen internen Arbeitspapieren“ nach Gesprächen, die im letzten Jahr begonnen wurden. „Aber wenn Sie heiraten wollen, brauchen Sie auch einen Partner, der ja sagt.“

Und was meint die OSK? „In der Tat hat es intensive Gespräche zwischen den Geschäftsführern der großen Kliniken der Region gegeben, aber diese Gespräche waren vertraulich und drehten sich darum, wie eine vernünftige Struktur der Krankenhauslandschaft in der Region aussehen könnte“, so Pressesprecher Winfried Leiprecht. Zum damaligen Bieterverfahren ums 14 Nothelfer will er sich nicht äußern. Nur soviel: „Seitens der OSK wäre es vernünftig gewesen, wenn das 14 Nothelfer eingebunden worden wäre.“

Ellio Schneider, Geschäftsführer der Waldburg-Zeil-Kliniken, will sich öffentlich nicht äußern.