Baselbieter Spitäler: Wirbel um Patientenzahlen

Aktualisiert

Rätsel um «Krebspatienten»Baselbieter Spitäler: Wirbel um Patientenzahlen

Die Kostenexplosion in den Baselbieter Spitälern belastet den Kanton. Jetzt wird der Verdacht laut, dass bei den Zahlen geschummelt wurde. Das Kantonsspital widerspricht.

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Kann es überhaupt so viele Krebspatienten geben? Experten glauben, das Kantonsspital Baselland operiert mit falschen Zahlen.

Kann es überhaupt so viele Krebspatienten geben? Experten glauben, das Kantonsspital Baselland operiert mit falschen Zahlen.

Um 20 Millionen Franken ist die Baselbieter Spitalrechnung letztes Jahr gestiegen. Ursache der Kostenexplosion, die der finanziell klamme Kanton zu berappen hat, sollen Krebspatienten sein. Diese sollen um 30 Prozent zugenommen haben – innerhalb nur eines Jahres. Kann das sein? Politiker und Experten schütteln den Kopf.

«Wenn das stimmt, ist das gesundheitspolitisch problematisch», sagt Ruedi Brassel (SP) von der landrätlichen Finanzkommission gegenüber dem «Regionaljournal» von SRF. Er glaubt aber nicht daran, dass die Baselbieter Bevölkerung plötzlich so krank geworden ist. Vielmehr hegt er Zweifel an der Richtigkeit der Zahlen. Auch Silvia Schütz vom Krankenkassenverband Santésuisse hinterfragt die Statistik: «Ein sprunghafter Anstieg der Krebspatienten kann nicht sein. Das muss andere Gründe haben», sagt sie.

Erfinden die Spitäler Patienten?

Über die wahren Gründe will Schütz nicht spekulieren. Eine mögliche Erklärung hat dafür Felix Schneuwly vom Internetvergleichsdienst Comparis. «Der Fehler muss im System liegen», glaubt er. Es könne ja nicht sein, dass allein wegen eines neuen Vergütungssystems plötzlich 30 Prozent mehr Krebspatienten da seien, sagt er gegenüber dem Regionaljournal. Es sind vermutlich nicht mehr Leute krank, es werden einfach mehr verrechnet.

Die seit zwei Jahren geltende Fallkostenpauschale setzt möglicherweise die falschen Anreize. So sind besonders Eingriffe, die mit teuren Maschinen gemacht werden müssen, für die Spitäler besonders lukrativ. Knie-, Hüft- oder Herzoperationen sind laut Stefan Felder, Gesundheitsökonom an der Universität Basel, besonders lukrativ. «Mehr Fälle bedeuten höheren Gewinn», wird er in der «Basler Zeitung» zitiert. Das gilt möglicherweise auch für Krebspatienten, wenn die Fallpauschalen dort so hoch angesetzt sind, dass der Anreiz da ist, mehr entsprechende Behandlungen durchzuführen.

Finanzkommission beauftragt neutralen Experten

Stimmt dieser Verdacht, wäre das ein Skandal. Die Finanzkommission lässt jetzt einen neutralen Experten die Bücher des Kantonsspitals Baselland überprüfen. Er soll herausfinden, ob tatsächlich zu viel verechnet wird. Ein Blick auf die Statistiken des Universitätsspitals Basel-Stadt nährt diesen Verdacht. Auch dort stieg die Zahl der Krebspatienten in den letzten Jahren. Aber nur im tiefen einstelligen Prozentbereich.

Kantonsspital widerspricht vehement

Die Zunahme der Krebspatienten um 30 Prozent «stimmt überhaupt nicht», sagt Christine Frey, Sprecherin des Kantonsspitals Baselland. Auch die in den Raum gestellten Vorwürfe, dass das Spital möglicherweise mit Patientenzahlen trickse oder kreative Rechnungsstellung praktiziere, sei eine grobe Unterstellung. «Das ist gar nicht möglich, denn die Rechnungsstellung wird mehrfach kontrolliert. Die Finanzkontrolle, Versicherer und regelmässige Codierrevisionen würden eine systematisch falsche Rechnungsstellung sofort aufdecken.»

Stellt sich die Frage, woher die Behauptung kommt, dass die Zahl der Krebspatienten um 30 Prozent zugenommen hat. Die Frage, weshalb es in der Baselbieter Gesundheitsdirektion zu einer eklatanten Kostenüberschreitung kam, ist damit aber nicht geklärt.

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