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Bielefeld

Klinikpläne stehen in der Kritik

Franziskus-Hospital, Ev. Krankenhaus und niedergelassene Urologen warnen

20.06.2014 | 20.06.2014, 01:22
Dort, wo heute der Bunker an der Oelmühlenstraße steht, soll ein neues Gebäude entstehen, in dem auch eine urologische Privatklinik untergebracht werden soll, an der sich das Städtische Klinikum mit 51 Prozent beteiligen will. - © FOTO: ANDREAS ZOBE
Dort, wo heute der Bunker an der Oelmühlenstraße steht, soll ein neues Gebäude entstehen, in dem auch eine urologische Privatklinik untergebracht werden soll, an der sich das Städtische Klinikum mit 51 Prozent beteiligen will. | © FOTO: ANDREAS ZOBE

Bielefeld. Die geplante Gründung einer urologischen Privatklinik als Tochterunternehmen des städtischen Klinikums Bielefeld stößt in weiten Kreisen auf Kritik. Im Zusammenhang mit Gerüchten um ein Kaufangebot der privaten Helios-Kliniken an die Stadt Bielefeld gibt es gar Vermutungen, es handele sich bei der Beteiligung um den Einstieg in den Ausstieg aus der kommunalen Krankenhausversorgung in Bielefeld.

Das Bielefelder Franziskus Hospital und die niedergelassenen Urologen weisen in einer gemeinsamen Stellungnahme auf die Tatsache hin, dass für Kassen- wie Privatpatienten in Bielefeld und Umgebung alle modernen urologischen Diagnostik- wie Therapieverfahren zur Verfügung stehen. Dazu zählen die Magnet-Resonanz-Tomographie ("MRT" oder "Röhre"), Ultraschall und die Bildfusion aus MRT und Ultraschall, das Evangelische Krankenhaus verfügt sogar über einen High-Tech-Operationsroboter. Die niedergelassenen Urologen, darauf weist deren Sprecher Dr. Rüdiger Godt hin, "arbeiten eng mit den Kliniken für Urologie im Franziskus Hospital wie im Evangelischen Krankenhaus zusammen". Dr. Georg Rüter, Geschäftsführer des Franziskus Hospitals, will bei seiner Kritik offenbar den Eindruck vermeiden, er scheue den Wettbewerb und betont, dass er sich "nicht gegen neue medizinische Angebote" wende, auch die niedergelassenen Urologen sprechen sich, so Godt, "nicht grundsätzlich gegen neue private Diagnostik- und Therapieangebote" aus. Aber, so wird deutlich, es soll dabei schon fair zugehen.

Was aber ist unfair an dem geplanten Angebot? Rüter und Godt erklären es so: Eine dritte Klinik für Urologie in Bielefeld kann nur eine Privatklinik sein, der Krankenhausplan des Landes fordert nämlich sogar einen Kapazitätsabbau. Das Klinikum Bielefeld als Mehrheitsgesellschafter einer solchen Privatklinik bekäme aber, und das macht das Projekt der geplanten öffentlich-rechtlichen-privaten Partnerschaft pikant, aufgrund mangelnder Bonität nur dann Kreditmittel für Bau und Betrieb der Klinik, wenn die Stadt als Gewährsträger aufträte. Genau dafür hat der Bielefelder Rat in geheimer Sitzung bereits grünes Licht gegeben. Damit haben die Stadt und die Steuerzahler, so Godt und Rüter, "die Risiken eines exklusiven, höchstens zehn Prozent der Bevölkerung erreichenden privatmedizinischen Angebots übernommen".

Auch das Evangelische Krankenhaus Bielefeld warnt vor den Folgen der Eröffnung einer Privatklinik an einem kommunalen Klinikum. "Das führt zu einer Mehrklassenmedizin in Bielefeld", so die beiden Geschäftsführer Dr. Rainer Norden und Dr. Thomas Krössin. Es bestehe kein Bedarf an zusätzlichen urologischen Verfahren, "insbesondere, wenn sie nicht den aktuellen Empfehlungen der Fachgesellschaften entsprechen und am Krankenhausplan vorbeigehen." Das Ärztenetz Medi-OWL sieht das Engagement des Klinikums Bielefeld ebenfalls kritisch. Dessen Geschäftsführer Dr. Michael Müller bestätigt, dass sich die Ärzte das Vorhaben des Klinikums in einem Gespräch mit dessen Geschäftsführer Michael Ackermann kritisch geäußert und auf die Risiken hingewiesen hätten, die "ein privates Angebot in einem gesättigten Markt mit sich bringen" würde. In einem Schreiben hat das Netz die Bielefelder Ratsfraktionen gefragt, wie eine "Privatklinik in städtischer Trägerschaft mit dem Auftrag der Politik in der Gesundheitsversorgung zu vereinbaren" sei.

Bisher ist die Frage, so Müller, ohne Antwort aus den Ratsfraktionen geblieben. Nur die Partei Die Linke hatte sich schon vor der Abstimmung gegen das Vorhaben positioniert. Der Aufsichtsratsvorsitzende des Klinikums Bielefeld, Detlev Werner (CDU), sagte der Redaktion, dass er "bisher keinen Widerstand gegen das Projekt spüre und sie auch nicht erwarte. Ein finanzielles Risiko liege lediglich in der 51-prozentigen Beteiligung an der Alta-Klinik-GmbH. Zur Höhe des Eigenkapitals äußerte sich Werner nicht. Er sei jedenfalls zuversichtlich, so der Aufsichtsratschef, dass die Bezirksregierung Detmold das Projekt genehmigen werde. Die Gemeinnützigkeit des Hauses sei nicht berührt, das habe man juristisch prüfen lassen. Zu Gerüchten, dass die Helios Kliniken GmbH bereits ein Angebot für das gesamte Klinikum Bielefeld unterbreitet hätte, sagte Werner, auch er habe diese Gerüchte wahrgenommen. An ihn als Aufsichtsratsvorsitzenden sei Helios "nicht offiziell herangetreten", er könne aber "nicht für das Rathaus sprechen". Werner kann sich eine Privatisierung "persönlich nicht vorstellen". Auch der Bielefelder Oberbürgermeister Pit Clausen versicherte auf Anfrage der Redaktion, im Rathaus liege kein Angebot von Helios vor und es gebe auch keinerlei Pläne für die Privatisierung des Klinikums Bielefeld.