Die Bürgerinitiative Krankenhaus hat 17.516 Unterschriften für den Erhalt der Calwer Klinik am bisherigen Standort unter Beibehaltung der Orthopädie gesammelt. Bei der Übergabe (von links): Eberhard Bantel, Christina Keppler, Ralf Eggert, Axel Roth, Helmut Riegger, Horst Ammann, Werner Benz und Ewald Prokein. Foto: Fritsch

Bürgerinitiative übergibt Liste an Landrat Riegger. Misstrauen gegenüber Landratsamt, Gutachtern und Klinikverbund. Mit Kommentar.

Calw - "Ehrlich gesagt, verstehe ich das nicht. Ich bin auch für den Erhalt des Calwer Krankenhauses." Mit diesen Worten empfing Helmut Riegger eine Abordnung der Bürgerinitiative Krankenhaus – Pro Krankenhäuser Calw und Nagold, die dem Landrat 17.516 Unterschriften für den Erhalt der Calwer Klinik überreichte.

Allerdings gibt es da eine feinen Unterschied. Riegger bezieht sich auf das Konzept 3 Plus, das im Dezember 2013 die erste Hürde im Kreistag genommen hatte. Demnach soll in Calw ein neues Krankenhaus für 30 Millionen Euro gebaut werden. Die Initiative hingegen will die Klinik an ihrem bisherigen Standort erhalten. Und, was für die Initiatoren noch wichtiger ist: unter Beibehaltung der Orthopädie, die im Falle von 3 Plus nach Nagold abwandern würde.

Riegger warf der Bürgerinitiave vor, die Bevölkerung zu verunsichern. Die Zahlen seien von Experten berechnet worden, "und Sie behaupten, sie sind falsch". So gehe das nicht. "Von einem früheren Chefarzt hätte ich etwas anderes erwartet", sagte der Landrat an Ewald Prokein gewandt, der sich im Vorstand der Initiative engagiert.

Das rühre daher, dass seitens der Verwaltung nicht alle Zahlen auf den Tisch gelegt werden, sagte Vorsitzender Axel Roth. Auch das bestritt Riegger. Auf die Einlassung der Initiative, woher im GÖK-Gutachten die Kostenexplosion im Jahr 2012 herrühre, ging der Landrat allerdings nicht ein. Für die Initiative könnte das Fingerzeig sein, dass die Calwer Klinik schlechtgerechnet worden ist.

"Umfang und Tiefe der vorgelegten Gutachten konnten nicht überzeugen", sagte Roth bei der Übergabe der Unterschriften. Insbesondere wird bezweifelt, ob 30 Millionen Euro für den Neubau in Calw ausreichen werden. Laut Prokein gebe es in Deutschland genügend Beispiele, die daran zweifeln lassen. Zudem, so der frühere Calwer Chefarzt, seien seit 2000 in den bisherigen Standort zwischen 50 und 60 Millionen Euro investiert worden. Das Haus sei in seinem guten Zustand und werde von den Patienten angenommen.

Als er das für die neue Calwer Klinik einkalkulierte Defizit von jährlich vier Millionen Euro hochrechnete, stieß Prokein erneut auf den heftigen Widerspruch Rieggers. Denn, so der Landrat, Calw und Nagold seien ein Haus und die Planung sehe vor, dass das Calwer Defizit durch Nagold ausgeglichen wird.

Am Ende wurden die Töne dann wieder versöhnlicher. Schließlich müsse die Zukunft der stationären medizinischen Versorgung im Vordergrund stehen, sagte Oberbürgermeister Ralf Eggert. Da war ein gemeinsamer Nenner gefunden.

"Eigentlich liegen wir gar nicht so weit auseinander", so der Landrat bei der abschließenden Übergabe der Unterschriften.

Kommentar: Misstrauen

Alfred Verstl

Aus Jux und Dollerei gründet sich vielleicht ein Karnevalsverein, aber keine Bürgerinitiative. Wenn Menschen sich zu solch einer Interessengemeinschaft zusammenschließen, dann treibt sie ein Thema schon gewaltig um. Die Diskussion um die Zukunft des Calwer Krankenhauses ist dafür ein Beispiel.

Der Grund liegt offenkundig in einem tiefen Misstrauen gegenüber Landratsamt, Gutachtern und Klinikverbund. Alle Bürgerforen und andere öffentliche Veranstaltungen zu dem Thema haben nicht dazu geführt, diese Skepsis zu überwinden. Auch in diese Richtung sprechen die mehr als 17.500 Unterschriften eine deutliche Sprache. Aufgabe von Politik und Verwaltung wäre es eigentlich, Vertrauen zu schaffen. Das ist nicht gelungen. Für Landrat Helmut Riegger sollte das eher Grund zum Nachdenken sein, anstatt sein Unverständnis zu zeigen.