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Chefärzte verteidigen Klinikum Bayreuth

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Bayreuth - Vier Neugeborene sollen am Klinikum Bayreuth falsch behandelt worden sein, ein Baby soll gestorben sein. Die Staatsanwaltschaft ermittelt, der Klinikchef schweigt. Dafür erklären sich die Chefärzte.

Noch vor kurzem schien die Welt des Klinikums Bayreuth in Ordnung. „Klinikum Bayreuth GmbH schneidet bei externer Qualitätsprüfung überdurchschnittlich ab“, verkündete die Klinikleitung stolz auf der Homepage. Nicht einmal drei Wochen später steht das Krankenhaus wegen möglicherweise folgenschwerer Behandlungspannen in den Schlagzeilen.

Die Vorwürfe, die ein anonymer Tippgeber mit Daten und Namen erhoben hat, sind gravierend: Wegen einer Fehlbehandlung soll ein Neugeborenes in der Klinik gestorben sein. Drei weitere Babys sollen schwerwiegende Dauerschäden davon getragen haben. Am Mittwoch gab die Staatsanwaltschaft bekannt, dass sie gegen Verantwortliche des Klinikums ermittelt.

Laut Staatsanwaltschaft Bayreuth geht es um Fälle zwischen 2008 und 2011. Kriminalbeamte haben Akten im Klinikum sichergestellt. Es werde einige Zeit dauern, die Unterlagen auszuwerten, heißt es bei der Anklagebehörde.

Zusätzlich verursacht eine Mängelliste in der jüngsten Ausgabe des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ über das Bayreuther Krankenhaus Wirbel. Es komme schon mal vor, dass Patienten vom Operationstisch fielen, steht in dem Bericht. Nach „Spiegel“-Angaben ist zudem die Ausstattung einiger OP-Bereiche veraltet, so dass die Anästhesisten hier hinter einer Trennwand stünden. Bei Gefahr im Verzug müssten die Narkoseärzte erst unter der Wand hindurchkriechen.

Klinikchef Roland Ranftl will sich zu den Vorwürfen vorerst nicht äußern. Auch die Krankenhaus-Sprecherin darf dazu keine Auskünfte geben. „Diese Strategie hat der Aufsichtsrat so festgelegt, daran müssen wir uns halten.“ Die Chefärzte sehen das am Freitagnachmittag anders und gehen in die Offensive. „Wir Chefärzte lassen uns nicht zu gesundheitsgefährdenden oder nicht notwendigen Maßnahmen nötigen, von wem auch immer“, erklären die Mediziner in ihrem Schreiben.

An einem Krankenhaus ließen sich zwar einzelne Probleme nicht immer vermeiden, am Klinikum Bayreuth herrschten aber keine katastrophalen Zustände. Das Klinikum liege wirtschaftlich im Mittelfeld deutscher Krankenhäuser. Die solide Finanzlage mache ärztlich freies Handeln und die Bereitstellung optimaler Therapien erst möglich. Die Stellungnahme ist von 21 der 25 Chefärzte und dem Pflegedirektor unterzeichnet - nicht aber vom Klinikchef.

Für kommenden Dienstag ist eine Krisensitzung des Aufsichtsrates geplant. Dabei soll auch über Konsequenzen beraten werden, ist aus dem Bayreuther Rathaus zu erfahren. Im Umfeld des Krankenhauses wird bereits gemunkelt, dass damit auch personelle Maßnahmen gemeint sein könnten.

Alleiniger Gesellschafter der vor elf Jahren gegründeten Klinikum Bayreuth GmbH ist der Krankenhauszweckverband Bayreuth, dessen Mitglieder Stadt und Landkreis Bayreuth sind. Bayreuths Oberbürgermeisterin und stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende des Klinikums, Brigitte Merk-Erbe von der Freien Wählervereinigung Bayreuther Gemeinschaft, hält die Vorwürfe „für sehr schwerwiegend.“ Diese müssten lückenlos aufgearbeitet werden. Mehr will sie vor der Sondersitzung am Dienstag nicht sagen.

Die Vorwürfe riefen auch das bayerische Gesundheitsministerium auf den Plan. Die Behörde bat den Aufsichtsrat um eine Stellungnahme. Zwar habe man keine Aufsicht über die bayerischen Krankenhäuser. „Das heißt aber nicht, dass wir untätig bleiben“, sagt ein Ministeriumssprecher.

Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) warnt vor voreiligen Schlüssen: „Klar ist: Ökonomische Zwänge dürfen niemals zu Lasten der Qualität der medizinischen Versorgung der Patienten oder gar zu Lasten der Patientensicherheit gehen. Es wäre aber falsch, die bayerischen Krankenhäuser insgesamt unter den Generalverdacht zu stellen, auf Kosten der Patienten zu sparen.“

dpa

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