Klinikum-Nord schreibt "schwarze Null"

13.8.2014, 05:54 Uhr
Klinikum-Nord schreibt

© Rudi Ott/oh

Aber ein Vergleich macht deutlich, dass diese Summe doch eher einem Tropfen auf den heißen Stein gleicht. „Der börsennotierte Gesundheitskonzern Fresenius verlangt von seinen 110 Krankenhäusern in Deutschland einen Gewinn von 15 Prozent. Gesehen auf unseren Gesamtumsatz von 496 Millionen macht unser Überschuss dagegen gerade mal 0,16 Prozent aus“, rechnet Estelmann vor. Aber Fresenius, beziehungsweise die konzerneigene Klinik-Kette Helios, muss mit dem Gewinn vor allem Geld für die Aktionäre erwirtschaften. „Wir dagegen stecken das Geld direkt in die Patientenversorgung“, meint Estelmann. Eine Investition, die sich ebenfalls bezahlt macht: Mehr als 100.000 Patienten haben sich im vergangenen Jahr im Klinikum stationär oder teilstationär behandeln lassen.

6,6 Millionen mehr für Personal

Das Jahresergebnis kann sich aber auch sehen lassen, weil das Klinikum zum Beispiel aufgrund der Tariferhöhungen 6,6 Millionen Euro mehr fürs Personal ausgeben musste. Oder 40 Millionen an Eigenmitteln in das neue Theo-Schöller-Haus investiert hat, das 2013 in Betrieb ging. „Das alles mussten und müssen wir unter schwierigen Rahmenbedingungen stemmen“, erklärt Estelmann. Nach wie vor könne von einer adäquaten Vergütung von Leistungen, die besonders große Krankenhäuser der Maximalversorgung erbringen, nicht die Rede sein. Als ein Beispiel dafür führte Estelmann die Notfallversorgung rund um die Uhr mit Fachärzten an. Seit Jahren steigt die Zahl der Patienten, die in der Notaufnahme des Klinikums Hilfe suchen. Waren es 2012 noch 36.807 Patienten, so stiegt ihre Zahl 2013 um 14,5 Prozent auf 42.128. Nicht immer sind es „echte“ Notfälle, die sich dort melden — es scheint so, als wollen viele einfach nicht warten, bis sie einen Termin bei einem niedergelassenen Arzt bekommen.

„Dem Andrang in der Notaufnahme können wir zunehmend nicht mehr gerecht werden. Wer bedrohlich erkrankt ist, hat natürlich absoluten Vorrang. Das führt dazu, dass andere Hilfesuchende mehrfach überholt werden und entsprechend lange warten müssen“, berichtet der Vorstand. Doch außer verärgerten Patienten bedeutet dies fürs Klinikum vor allem ein Draufzahlgeschäft: Im Schnitt werden nur 33 Euro vergütet, obwohl 129 Euro pro Notfall anfallen.

„Wir müssen jeden Euro, den wir ausgeben, zweimal hinterfragen“, schildert Estelmann die Situation. Doch wo lässt sich noch sparen? Am Personal will der Vorstand nicht den Hebel ansetzen — in den vergangenen fünf Jahren ist die Zahl der Beschäftigten sogar um 8,8 Prozent auf 6112 Mitarbeiter gestiegen. „Aber auch bei uns nimmt die Arbeitsverdichtung immer mehr zu“, räumt er ein. Er dankt deshalb ausdrücklich allen Mitarbeitern. „Das wirtschaftliche Ergebnis ist nicht die Leistung der Geschäftsführung, sondern des gesamten Teams.“

Sachkosten senken

So werden immer wieder Arbeitsabläufe selbstkritisch auf den Prüfstand gestellt und optimiert. Einkaufsgemeinschaften mit anderen Krankenhäusern helfen, die Sachkosten zu senken. Ärztinnen und Ärzten gut bezahlte Eingriffe nahezulegen, auch wenn sie der Patient gar nicht braucht, kommt für Estelmann nicht infrage. Da weiß er auch die Stadtspitze und den Verwaltungsrat hinter sich.

Für das laufende Jahr 2014 hofft das Klinikum erneut auf eine „schwarze Null“. Hinter 2015 steht aber ein dickes Fragezeichen, denn dann fällt ein Versorgungszuschlag wieder weg, den die damalige schwarz-gelbe Regierung — kurz vor der Bundestagswahl — nach Protesten der Krankenhäuser befristet eingeführt hatte. „Das sind zwar für 2013 und 2014 nur jeweils 0,8 Prozent, aber für das Klinikum Nürnberg dennoch 2,5 Millionen Euro pro Jahr“, erläutert Estelmann. Ohne diesen Zuschlag stünde schon 2013 ein Verlust in den Büchern.

Die wirtschaftliche Zukunft des Klinikums — wie auch die vieler anderer Häuser in Deutschland — hängt von weiteren Entscheidungen der Politik zur Krankenhausfinanzierung ab. Estelmann bleibt Realist und meint verschmitzt: „Wir erhoffen uns viel und erwarten wenig.“

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