Ärztliches Vierergespann leitet die Sportklinik Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Die Sportklinik Stuttgart setzt in Zukunft auf einen modernen medizinischen Führungsstil mit vier Verantwortlichen. Diese können sich über die steigenden Patientenzahlen freuen, klagen jedoch über die Raumnot am jetzigen Standort in der Taubenheimstraße.

Stuttgart - Die aktuelle Werbebroschüre der Sportklinik Bad Cannstatt zeigt das neue vierköpfige Führungsteam, das einer Arztserie entsprungen sein könnte. Jung, dynamisch und sportlich – diesen Eindruck vermitteln die leitenden Ärzte Ulrich Becker, Raymond Best, Johannes Beckmann und Frieder Mauch schon durch ihre Optik. Passend für eine Klinik, in der auch die Patienten meist jung und sportlich sind. „Wir sind die Boygroup der Sportklinik“, macht sich Beckmann über das gemeinsame Foto in der Broschüre lustig und wird daraufhin sofort von seinen Kollegen wegen seines pinkfarbenen Pullovers aufgezogen. Der Ton zwischen den Ärzten ist locker und freundschaftlich. Von arroganten Halbgöttern in Weiß keine Spur.

Ein-Chef-System nicht mehr zeitgemäß

Nach 17 Jahren hatte sich der Chefarzt und Ärztliche Direktor Prof. Gerhard Bauer Ende Januar in den Ruhestand verabschiedet – und die Fachklinik für orthopädische Chirurgie, Unfallchirurgie und Sportmedizin sich für einen modernen Führungsstil entschieden, der die Verantwortung auf vier gleichberechtigte Verantwortliche verteilt. Jeder ist in seinem Gebiet der Experte.

„Ein klassisches Ein-Chef-System passt nicht mehr, weil wir enorm expandiert haben und die Spezialisierung in unserem Bereich immer schneller voranschreitet“, sagt Becker. Eine Einzelperson könne dieses Know-how nicht haben. Der bisherige Ärztliche Direktor hatte sich deshalb ein Team im Haus herangezogen, das den neuen Herausforderungen gewachsen ist. Dabei ging es nicht nur um fachliche Kompetenz: „Es ist auch wichtig, dass wir uns untereinander gut verstehen“, sagt Becker.

Vertieft werde das freundschaftliche Arbeitsklima durch gemeinsame Ski-Ausflüge des Klinikpersonals oder den jährlichen Besuch beim Cannstatter Volksfest. „Wir haben flache Hierarchien geschaffen und freuen uns auf die gemeinsame Aufgabe“, bekräftigt Mauch. Angst davor, dass man sich einmal nicht einig sein könnte, haben die vier nicht: „Es wird niemand überstimmt, sondern wir einigen uns, egal ob es um medizinische Fälle oder Verwaltungsangelegenheiten geht“, sagt Becker. Diskussionen und unterschiedliche Meinungen gebe es schon, doch zum Streit sei es noch nie gekommen.

Patientenzahl der Klinik steigt

Schließlich sind die Ärzte ein eingespieltes Team. Becker, der sich auf Sportorthopädie und Sporttraumatologie der unteren Extremität wie Band-, Meniskus-, oder Muskelverletzungen spezialisiert hat, und Mauch, der vor allem für Verletzungen des Schulter- und Ellenbogengelenkes zuständig ist, arbeiten bereits seit 17 Jahren in der Klinik zusammen. Best, der unter anderem als Mannschaftsarzt des VfB Stuttgart und einiger anderer Sportvereine tätig ist, kam vor sechs Jahren in die Sportklinik. Das Team vollständig machte vor zwei Jahren Beckmann, der auf Endoprothesen, also auf Implantate, die das geschädigte Gelenk ganz oder teilweise ersetzen, spezialisiert ist.

Trotz der neuen Strukturen will das Team nicht alles anders machen als der vorherige Chef. „Manche Änderungen wird es zwangsläufig geben, aber wir werden auch viel von unserem früheren Chef beibehalten“, sagt Best. Die Zusammenarbeit mit niedergelassenen Ärzten für eine optimale Nachbehandlung der Patienten solle verstärkt werden. Und auch bei den Sprechzeiten wolle sich die Klinik kontinuierlich verbessern und lange Wartezeiten für Ambulanztermine möglichst vermeiden.

Neubau im Neckarpark?

Doch an diesem Punkt stellt sich den Ärzten ein Problem, dessen Lösung nicht in ihren Händen liegt. Im Gegensatz zu einigen anderen kleinen Krankenhäusern, die um ihr Überleben kämpfen, hat sich die Fachklinik durch ihre Spezialisierung auch überregional einen Namen gemacht. Von Jahr zu Jahr steigt die Zahl der Patienten und auch der Operationen. Die Kehrseite der Medaille: Die Klinik platzt aus allen Nähten. Schon vor Jahren wurde deutlich, dass es für das Krankenhaus am bisherigen Standort in der Taubenheimstraße keine Entwicklungsmöglichkeiten mehr gibt. Gesellschafter der Sportklinik sind mit 51 Prozent die Sporthilfe Württemberg und mit 49 Prozent die Stadt Stuttgart.

Als mögliche Optionen standen bereits vor drei Jahren ein Neubau im Neckarpark in Bad Cannstatt zur Debatte, ebenso der Umzug in das städtische Krankenhaus Bad Cannstatt. Doch nach wie vor gibt es keine Lösung. „Uns geht das alles drei Schritte zu langsam“, sagt Becker. Denn auch wenn für die Patienten die medizinische Versorgung an erster Stelle stehe, seien die Erwartungen an die Unterkunft, Essen und Unterhaltung ebenfalls gestiegen. Momentan werden weitere Alternativen zum Neubau im Neckarpark geprüft, heißt es vonseiten der Sportklinik.

Bleibt zu hoffen, dass Krankenhaus-Mitarbeiter und Patienten sich demnächst auch über eine Kulisse, die aus einer Arztserie entsprungen sein könnte, freuen können.