Einer der renommiertesten deutschen Gesundheitsökonomen ist gestorben Trauer um Peter Oberender

Von Frank Schmälzle
Ein Verfechter der Marktwirtschaft und ein Menschen-Freund: So war Prof. Peter Oberender. Foto: Archiv/Ritter Foto: red

Er war einer der bekanntesten deutschen Gesundheitsökonomen. Weil er konsequent dachte, für manchen über die Schmerzgrenze hinaus. Weil er konsequent sagte, was er dachte. Und weil er ein besonderer Mensch war. Prof. Peter Oberender ist tot. Er starb am Mittwoch im Alter von 73 Jahren.

 
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Oberender war Franke, 1941 in Nürnberg geboren. Vielleicht zog es ihn deshalb Anfang der 80er Jahre nach Bayreuth, an die noch junge Universität. Oberender übernahm den Lehrstuhl für Wirtschaftstheorie und widmete sich in seinen Forschungsarbeiten vor allem der Gesundheitsökonomie. Bis 2007 lehrte er an der Universität, danach blieb er Direktor der Forschungsstelle für Sozialrecht und Gesundheitsökonomie der Bayreuther Hochschule. Und er war Inhaber und Seniorpartner der Unternehmensberatung Oberender & Partner in Bayreuth, ein auf Gesundheitsökonomie und Krankenhausmanagement spezialisiertes Beratungsunternehmen mit 22 Mitarbeitern.

Die Politik legte Wert auf seine Meinung

Peter Oberender war auch auf politischem Gebiet ein gefragter Experte. Im Jahr 2012 ernannte ihn der damalige bayerische Wirtschaftsminister Martin Zeil zum Beauftragten für die bayerische Gesundheitswirtschaft. Von 1987 bis 1990 hatte er der Enquete-Kommission „Strukturreform der gesetzlichen Krankenversicherung des Deutschen Bundestages“ angehört.

Wer von Peter Oberender nur gelesen hat, wird vielleicht ein falsches Bild von ihm haben. Das Bild eines harten Verfechters der Marktwirtschaft – dort, wo es doch um Menschlichkeit geht. Doch Oberender war anders. Ein zutiefst sozialer, ja sanfter und mitfühlender Mensch mit ebenso tiefem Vertrauen auf marktwirtschaftliche Mechanismen.

Ein Realist und Menschenfreund

Tatsächlich vertrat Peter Oberender klare Positionen in der Gesundheitspolitik. So stellte er die hälftige Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung von Arbeitnehmern und Arbeitgebern in Frage. Er kritisierte die Budgetierungen im Gesundheitswesen als „künstliche Eindämmung eines Marktwachstums“. Er forderte einen Kurswechsel – weg von einer Politik der Planwirtschaft, hin zu einer marktwirtschaftlichen Gesundheitspolitik. Unter der Voraussetzung, dass ökonomisch Schwache und chronisch Kranke ausreichend geschützt sein müssen. Dafür musste er sich Kritik von Gewerkschaften und Sozialverbänden gefallen lassen. Doch damit konnte Oberender umgehen. Er ließ sich nicht verbiegen. Sagte weiter, was er für richtig hielt.

Auch, dass eine Freigabe des Organhandels unter klaren Bedingungen der richtige Weg wäre. „Jeder Mensch soll aus freien Erwägungen entscheiden, ob die Vorteile eines Organkaufs oder -verkaufs für ihn in einem opportunen Verhältnis zu den möglichen Nachteilen stehen“, so wird Oberender zitiert. Mit Organen werde ohnehin gehandelt. „Nur immer noch zu menschenunwürdigen Bedingungen.“ Das zeigt, wie Oberender war. Ein Realist, der den Menschen nicht vergaß.

War Oberender ein Euro-Skeptiker? Zumindest hatte er Zweifel an der europäischen Währung. Nach dem Abschluss der Verträge von Maastricht unterzeichnete er gemeinsam mit über 60 deutschen Wirtschaftsprofessoren ein eurokritisches Manifest. Knapp 20 Jahre später war Oberender einer von 68 Gründern der Wahlalternative 2013. Aus dem Kreis dieser Gruppe entstand später die Alternative für Deutschland.

Für viele ein väterlicher Freund

Oberender hatte seine Meinung. Aber er zwang sie keinem anderen auf. Er nahm sich Zeit für seine Studenten. Manchem wurde er zum väterlichen Freund. Fehler und Schwächen konnte Oberender immer verzeihen, er half, wo er konnte. Als Hochschullehrer und als Berater, als Unternehmer und als Mensch. Oberender machte Mut, gab Bestätigung. Der dunkelblaue Anzug und die randlose Brille. Das ausdrucksstarke Gesicht, der buschige Bart und die leise, immer ein wenig singende Stimme – so bleibt er im Gedächtnis. Einer, der nicht laut sein musste, um gehört zu werden.

Universitätspräsident ist betroffen

Universitätspräsident Prof. Stefan Leible reagierte betroffen: „Der Tod von Peter Oberender geht mir persönlich sehr nahe. Denn er war so etwas wie ein väterlicher Freund für mich.“ Leible hatte bei ihm schon als Student Vorlesungen gehört. „Später hat er mich bei wichtigen Karriereschritten beraten und unterstützt. Für die Universität Bayreuth hat er sich stets vehement und auf seine gewohnt streitbare Art engagiert. Ihm haben wir unter anderem unseren weltweit beachteten Studiengang Gesundheitsökonomie zu verdanken.“

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