Burghausen:Aufstand gegen Krankenhaus-Schließung

Burghausen: Am Montag demonstrierten Mitarbeiter der Burghauser Klinik vor dem Landratsamt in Altötting gegen die Schließung.

Am Montag demonstrierten Mitarbeiter der Burghauser Klinik vor dem Landratsamt in Altötting gegen die Schließung.

(Foto: oh)
  • Per Hauruck-Verfahren wollte der Landrat von Altötting eine von zwei Kreiskliniken schließen.
  • Im Wahlkampf hatte Erwin Schneider noch versprochen, beide Kliniken zu erhalten.
  • Dem CSU-Politiker zufolge können sich viele Regioneneine oder mehrere öffentliche Kliniken nicht mehr leisten.
  • Eine Schließung wollen das Personal, die Lokalpolitik und auch viele Bürger nicht hinnehmen. Mit mehr als 7500 Unterschriften wollen sie einen Bürgerentscheid durchsetzten.
  • Am Sonntag fällt die Entscheidung.

Von Heiner Effern, Burghausen

Wie brisant diese politische Mission ist, bekommt der Altöttinger Landrat Erwin Schneider (CSU) schon zu spüren. 15 Jahre ist er nun bald im Amt, hat einen Papstbesuch und vieles mehr erlebt, doch nun sieht er sich "Verschwörungstheorien, Ausflüchten und Emotionen" ausgesetzt wie wohl nie zuvor: Schneider will eines der beiden Kreiskrankenhäuser schließen.

Die Klinik in Burghausen könne arbeiten, wie sie wolle, sagt der Landrat, "die wird nie auf einen grünen Zweig kommen". Deshalb sei ein schnelles Ende das beste. Doch den avisierten Beschluss Ende 2014 im Kreistag durchkreuzten Gegner, die mit mehr als 7500 Unterschriften einen Bürgerentscheid durchsetzten. Am kommenden Sonntag fällt die Entscheidung.

Kollegen aus ganz Bayern würden gespannt auf seinen Landkreis blicken, sagt Schneider. Denn viele Regionen könnten sich eine oder mehrere öffentliche Kliniken nicht mehr leisten, doch ein Jahr nach den Kommunalwahlen habe sich noch kaum einer getraut, die Konsequenzen zu ziehen. Der frühere SPD-Kollege Frieder Zeller (SPD) aus Weilheim-Schongau hat sich in der vergangenen Legislaturperiode an die Kliniken gewagt. Ein Grund für sein desaströses Ergebnis bei der Wahl 2014 dürfte darin zu suchen sein.

Schließung per Biltzverfahren geplant

Schneiders Kreis im Südosten Bayerns wird von zwei Städten dominiert. Altötting bildet als Verwaltungszentrum und berühmter Marienwallfahrtsort den einen Pol, Burghausen als reicher Chemiestandort mit 18 000 Arbeitsplätzen und der längsten Burg Europas den anderen. In Altötting steht das größere Klinikum, in Burghausen das ältere. Die Chemiestadt finanziert mit ihren Abgaben zu großen Teilen den Landkreis, der ihr nun das Krankenhaus nehmen will. Um den unvermeidlichen Konflikt möglichst klein zu halten, wollte Schneider die Klinik Burghausen im Blitzverfahren schließen.

Am 28. Mai 2014 bestellte der Klinik-Verwaltungsrat ein Gutachten über die Zukunft der Kliniken. Im Oktober lag es vor, am 22. Dezember sollten die Kreisräte das Ende des Standorts Burghausen zum 1. Januar 2016 beschließen. Und das, ärgern sich Schneiders Gegner, obwohl der Landrat vor der Wahl den Erhalt beider Kliniken versprochen hatte.

Das stimme, sagt der Landrat, doch das Gutachten habe seine alte Position unhaltbar gemacht: "Ich habe nicht gedacht, dass dessen Lösungsvorschlag ein so deutlicher sein wird." Die Notaufnahme und die Akut-Geriatrie sollen der Studie zufolge nach Altötting kommen, was das Ende der Burghauser Klinik bedeutet.

"Einen dicken Hund, brutal"

Das wollen das Personal, die Lokalpolitik und auch viele Bürger nicht hinnehmen. "Einen dicken Hund, brutal", nennt der Burghauser Bürgermeister Hans Steindl (SPD) den überfallartigen Zeitplan des Landrats. Die Argumente Schneiders und auch das Gutachten seien zudem nicht nachzuvollziehen. "Unser Krankenhaus ist absolut top in Ordnung", sagt Steindl.

Zwei Jahrzehnte lang sei renoviert, saniert und neu gebaut worden. Natürlich sei in diesem Zeitraum ein Defizit angefallen. Doch nun, wo die kommenden 20 Jahre keine größeren Arbeiten zu erwarten seien, wolle Schneider die Klinik schließen. "In Altötting müssen sie dann für 35 Millionen Euro 70 neue Betten zur Verfügung stellen." Die Zukunft von öffentlichen Kliniken sei nicht die Schließung, sondern Kooperation. "Ein starker Partner muss den schwächeren mitnehmen", sagt Steindl.

Auch die Angestellten in Burghausen wehren sich gegen die Schließung. "Das ist ein Wahnsinn", sagt Otto Becker vom Personalrat. Dringend benötigte Akut-Betten gingen verloren. Zudem zweifeln die Burghauser die Seriosität des Gutachtens an. Im Aufsichtsrat der beauftragten Firma sitze ein ehemaliger Chefarzt aus Altötting, der aus seiner Abneigung gegen die Burghauser Klinik nie einen Hehl gemacht habe. Wer dieses Büro beauftrage, habe das Ergebnis vorher schon gekannt, vermutet Becker. Landrat Schneider verweist diese Kritik ins Reich der Fabel. Zwei Häuser seien schlicht medizinisch nicht sinnvoll und wirtschaftlich unrentabel, sagt er.

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