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Nach Morden in Delmenhorst Ministerin zieht Konsequenzen für Krankenhäuser

Ein anonymes Meldesystem, schärfere Arzneimittelkontrollen und erweiterte Leichenschauen sollen Mord-Serien wie am Krankenhaus Delmenhorst künftig verhindern helfen. Niedersachsens Sozialministerin Cornelia Rundt (SPD) stellte am Dienstag vor.
18.03.2015, 00:00 Uhr
Lesedauer: 3 Min
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Von Peter Mlodoch

Ein anonymes Meldesystem, schärfere Arzneimittelkontrollen und erweiterte Leichenschauen sollen Mord-Serien wie am Krankenhaus Delmenhorst künftig verhindern helfen. Niedersachsens Sozialministerin Cornelia Rundt (SPD) stellte am Dienstag ein Maßnahmenbündel zur Stärkung der Patientensicherheit vor.

So soll ab Juli jedes der rund 180 Krankenhäuser in Niedersachsen einen ehrenamtlichen Patientenfürsprecher als Ansprechpartner für Probleme aller Art bekommen. Gleichzeitig nahm der Sonderausschuss des Landtages zur Aufklärung der Vorgänge um den Pflegers Niels H. seine Arbeit auf.

Das Landgericht Oldenburg hatte den Klinikmitarbeiter Anfang März wegen zweifachen Mordes und zweifachen Mordversuchs zu lebenslanger Haft verurteilt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt aber in rund 200 weiteren Verdachtsfällen an den Kliniken in Delmenhorst und Oldenburg. „Wir müssen uns fragen, wie eine solche Serie von Tötungen passieren konnte, ohne dass dies aufgefallen ist“, sagte Rundt in Hannover.

Es habe offensichtlich ein Risikobewusstsein für kriminelles Handeln gefehlt. Bei den zahlreichen vorhandenen Kontrollsysteme sei es bislang vornehmlich um die Wirtschaftlichkeit in Krankenhäusern und das Erkennen von Behandlungsfehlern gegangen. Künftig müsse man auch an kriminelle Motive denken, ohne die Klinikmitarbeiter unter Generalverdacht zu stellen, forderte die Ministerin.

Meldestelle für Beschäftigte

Sie regte ein „Whistleblower“-System an, eine Meldestelle, an die sich Krankenhausbeschäftigte anonym mit Hinweise auf mögliche Straftaten wenden könnten. „Viele Pfleger in Delmenhorst hatten über ein ungutes Gefühl berichtet, aber nicht gewusst, wo sie dies artikulieren konnten“, meinte Rundt.

Bislang gibt es anonyme Stellen lediglich für Behandlungsfehler, allerdings nur auf freiwilliger Basis in etwa der Hälfte der Kliniken. Der Sonderausschuss des Landtags begrüßte die Idee, künftig regelmäßig Morbiditäts- und Mortalitätskonferenzen nach dem Beispiel der USA einzuberufen. Dort treffen sich die Ärzte einer Klinik jeden Monat, um alle Todesfälle durchzusprechen und eventuelle Auffälligkeiten aufzuspüren.

Dem soll in Niedersachsen und Deutschland auch ein besserer Abgleich bei der Abgabe von Medikamenten dienen. So soll die Abgabe von Arzneimitteln auf den Stationen enger kontrolliert und dokumentiert werden. „Die Sicherheit im Krankenhaus könnte durch die Einrichtung betrieblicher Arzneimittelkommissionen oder der Beratung durch sogenannte Stationsapotheker weiter erhöht werden“, erklärte der gesundheitspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Thomas Schremmer.

Apothekerkammern und Ärztekammern haben laut Rundt ihre Mitarbeit bei derartigen Modellen zugesichert. Niels H. hatte seinen Patienten in Delmenhorst ein Herzmittel gespritzt.

Erweiterte Leichenschau

Ein bundesweites Meldesystem soll künftig verhindern, das Personen, denen die Berufserlaubnis entzogen wurde, einfach in ein anderes Bundesland wechseln und sich dort in einen Job einschleichen. Darüber hinaus sollen die Staatsanwaltschaften alle Delikte melden, die an der zuverlässigen Berufsausübung eines Bewerbers zweifeln lassen.

Bisher gilt diese Regel zwar für Ärzte und Altenpfleger, nicht jedoch für Kräfte in Krankenhäusern. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) habe sich dafür aufgeschlossen gezeigt, berichtete Rundt.

Mehr Sicherheit verspricht sich die Ministerin auch durch eine erweiterte Leichenschau. Bisher betrachten Ärzte meist nur oberflächlich die Verstorbenen, künftig soll zumindest bei gewissen Anhaltspunkten eine Sektion und Blutentnahme möglich sein.

Im niedersächsischen Landtag besteht fraktionsübergreifende Einigkeit über den Plan, einen Landesbeauftragten für Patientenschutz einzuführen. Dieser soll als eine Art Ombudsmann agieren – zwar soll er am Sozialministerium angegliedert sein, aber unabhängig von Weisungen und ausgestattet mit umfangreichen Auskunftsansprüchen.

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