Der Kreis würde mit seinem radikalen Umbau des kleinen Krankenhauses wohl keinen Rechtsbruch begehen. Ein entsprechender Kontrakt spricht zwar von einer Standortgarantie – aber die gilt nur für das benachbarte Ärztehaus Vaisana.

Vaihingen/Enz - Die Wunden sind geleckt, der Zorn ist geblieben: Rund 450 Menschen haben jüngst den Landrat Rainer Haas und den Chefmanager der Kreiskliniken, Jörg Martin, in der Vaihinger Stadthalle scharf kritisiert. Der Grund ist die von Professor Martin verordnete Schrumpfkur für das Vaihinger Krankenhaus, die nach Ansicht vieler einer Schließung gleichkommt. Jeden Mittwoch versammelt sich eine wachsende Zahl von Bürgern – jüngst waren es 200 – zu einer Anti-Schließungs-Demo. Zuvor, bei der Bürgerversammlung Ende März, hatte die lautstarke Mehrheit noch Recht und Gesetz auf ihrer Seite gewähnt – offenbar zu Unrecht.

 

Viele Vaihinger hoffen noch immer darauf, dass ein Vertrag den Umbau des Krankenhauses in eine Tagesklinik mit maximal zehn Betten verhindern kann – oder zumindest in Frage stellt. Denn in einem vor rund acht Jahren unterzeichneten Kooperationsvertrag mit dem angrenzenden Ärztehaus Vaisana kommt das Wort „Standortgarantie“ vor. Erst nach wiederholter Lektüre dämmert dem Nicht-Juristen die Erkenntnis: diese Garantie bezieht sich nicht explizit auf das Krankenhaus, sondern auf das Ärztehaus.

Der Landrat kannte den Vertrag nicht

Dass bei besagter Bürgerversammlung aus dem Vertrag zitiert wurde, rief vor allem aufseiten der Kreisverwaltung Unruhe hervor. Selbst der Landrat Rainer Haas hat das Vertragswerk, das noch vom früheren Klinik-Geschäftsführer Edwin Beckert ausgehandelt wurde, gar nicht en Detail gekannt

Im besagten Passus zur Bestandsgarantie ist zwar zunächst die Rede von einer Verpflichtung der Krankenhausgesellschaft, „den Bestand aller vier Krankenhäuser zu sichern“ (damals: Ludwigsburg, Bietigheim, Marbach und Vaihingen). Im nächsten Absatz wird aber bereits auf mögliche Veränderungen der Klinik Vaihingen durch „landesplanerische Entwicklungen“ eingegangen. Das gilt insbesondere deshalb als juristisch clever formuliert, weil das Land nie auf die Schließung eines Hauses gedrängt hat. Solche Initiativen gehen immer vom Krankenhausträger aus.

Ein Halbsatz relativiert das Versprechen

Spannend ist auch der folgende Abschnitt, in dem die Kreiskliniken dem Ärztehaus vermeintlich für bis zu 25 Jahre eine umfassende, teure Infrastruktur garantieren: also OP-Säle, Endoskopieräume oder Röntgengeräte. Ein Halbsatz relativiert das Versprechen: Es gelte nur, „soweit diese zum Zeitpunkt der Änderung der Landesplanung von den in der Vaisana tätigen Ärzten in Anspruch genommen werden“. Genutzt wird derzeit lediglich ein Endoskopieraum, für den die Vaisana-Ärzte Miete zahlen. Die OP-Säle werden von den niedergelassenen Chirurgen im Ärztehaus zwar auch genutzt – doch diese sind lediglich unter dem gemeinsamen Dach, aber nicht Mitglied der Vaisana-GmbH.

Der Landrat gibt zu, dass ihm die Implikationen des Vertrags bei der Vaihinger Bürgerversammlung „nicht in dieser Deutlichkeit klar“ gewesen seien. Er hoffe nun darauf, dass der Verwaltungsausschuss und der Kliniken-Aufsichtsrat am Freitag, 17. April, dem von ihm und Martin präferierten Schrumpfmodell zustimmen. Eine Zustimmung des Kreistags am Freitag darauf gilt damit quasi als sicher. Wenn auch die Verhandlungen mit den Krankenkassen zur Finanzierung des neuen Modell erfolgreich seien, könne man über die mögliche Nachnutzung der frei werdenden Räume verhandeln. Die Kleeblatt-GmbH habe bereits Interesse an der Einrichtung eines Pflegeheims mit Tagespflege gezeigt. Zudem gebe es private Interessenten, die ein sogenanntes „Pflegehotel“ einrichten wollten.

Sozialministerium unterstützt den Bettenabbau

Das Sozialministerium Baden-Württemberg bestätigt auf Anfrage, dass die Ministerin Katrin Altpeter (SPD) dem von Martin vorgeschlagenen Umbaumodell positiv gegenüber steht. In einem Brief ist die Rede von einem „vielversprechenden Modell“, das „Unterstützung verdiene“.

Christoph Schöll, Internist und Geschäftsführer des Vaisana, kann sich noch genau erinnern, warum er den Vertrag mit unterschrieben hat: „Damals hieß es: macht mit beim Ärztehaus, weil sonst das Krankenhaus gefährdet ist.“ Er habe den Vertrag als „Verpflichtung, dass man gemeinsam was draus macht“ gelesen. Eine von ihm ursprünglich gewünschte Konventionalstrafe im Falle einer Schließung des Krankenhauses sei leider nicht im Vertrag aufgenommen worden. Dennoch hätten ihm Juristen gesagt, dass eine Klage nicht völlig aussichtslos sei. Interesse habe er daran aber nicht. „Wir wollen ja weiter zusammenarbeiten“, sagt Schöll.

Der OB spricht von „Winkeladvokatischen Methoden“

Der Vaihinger Oberbürgermeister Gerd Maisch lässt den Vertrag derzeit juristisch prüfen. Die Stadt sei zwar nicht klagebefugt, „aber es geht darum, ob man sich noch auf etwas verlassen kann, das ein Klinik-Geschäftsführer unterschreibt“. Solche „winkeladvokatischen Methoden“ sind für Maisch „ein typisches Beispiel dafür, wie man Politikverdrossenheit schaffen kann“.