Infusion, zuhause gegeben, wird nicht bezahlt

St Ingbert · Um einer pflegebedürftigen 93-Jährigen das Krankenhaus zu ersparen, bat ihre Schwiegertochter den Pflegedienst, ihr eine Infusion als Flüssigkeitssubstitution zu geben. Die Krankenkasse weigert sich nun, das zu zahlen.

Eine 93-jährige Frau aus St. Ingbert hat Pflegestufe III und lebt bei ihrem Sohn und ihrer Schwiegertochter. Als die Frau nicht genug trinkt und eine Infusion nötig wird, beschließen die beiden, der Frau den Krankentransport ins Krankenhaus zu ersparen und lassen ihr zuhause Infusionen verabreichen. "Der Pflegedienst war da, die Infusion wurde gegeben, nur teilte uns die Krankenkasse, die AOK , mit, dass sie das nicht übernimmt", berichtet die Schwiegertochter, als sie sich deswegen völlig aufgebracht, an unsere Zeitung wendet. Sie sagt, sie habe der alten Frau zum einen die Anstrengung ersparen wollen, ins Krankenhaus gebracht werden zu müssen, andererseits dachte sie, der Krankenkasse so auch Geld zu sparen. 150 Euro soll die Familie für die Infusion zahlen. Medizinisch begründet war die Gabe der Infusion laut der Schwiegertochter, eine Einweisung habe es gegeben. Die Krankenkasse erteilte aber eine Absage: Die Leistung stünde nicht im AOK-Leistungskatalog.

Die Schwiegertochter der Betroffenen betont gegenüber unserer Zeitung, dass der Sachbearbeiter ja nichts dafür könne. Zu all dem sei es laut der Schwiegertochter so, dass wenn die alte Frau in Kurzzeitpflege ist, die Krankenkasse die Gabe einer Infusion vor Ort zahlt.

Grund genug, bei der AOK , genauer gesagt, dem für das Saarland zuständigen Pressereferenten nachzufragen. Jan Rößler erläutert: "Viele ältere Menschen trinken vor allem bei den hohen Temperaturen zu wenig. Die Infusion als Flüssigkeitssubstitution (Zufuhr von Flüssigkeit über das Gewebesystem zum Ausgleich eines bestehenden Flüssigkeitsmangels) ist eine von mehreren geeigneten Maßnahmen zur Behebung eines akuten Flüssigkeitsmangels. Sie kann dann verordnet werden, wenn der Versicherte selbst nicht mehr in der Lage ist, Flüssigkeiten über den Mund aufzunehmen. Sie ist ausgeschlossen, wenn es nur darum geht, die Pflege zu erleichtern." Er erklärt, dass diese Leistung bei Vorliegen einer "Kontraindikationen" nicht durch einen ambulanten Pflegedienst als häusliche Krankenpflege erbracht werden dürfe, sondern unter der Verantwortung eines Arztes stehen müsse. Rößler: "Aus diesem Grund schaut die AOK hier nicht nur auf die Kosten, sondern trägt gegebenenfalls zum Wohle des Versicherten die höheren Kosten einer stationären Behandlung, die in solchen Fällen regelhaft geboten ist."

Was die Handhabung während der Kurzzeitpflege angeht, so weist er darauf hin, dass Versicherte, die eine Pflegestufe haben, im Rahmen der sozialen Pflegeversicherung auch einen Anspruch gegenüber der Pflegekasse wahlweise auf Pflegegeld oder Pflegesachleistungen durch einen ambulanten Pflegedienst haben. Wenn eine Versorgung im häuslichen Umfeld also nicht möglich erscheint, besteht im Rahmen der Pflegeversicherung auch ein Anspruch auf stationäre, teilstationäre beziehungsweise Kurzzeitpflege. Heißt, dass die Gabe einer Infusion in diesem Moment darüber abgedeckt ist.

Den Tipp für diesen Artikel bekamen wir von einer SZ-Leser-Reporterin. Wenn Sie Interessantes zu erzählen haben, hinterlassen Sie eine Sprachnachricht unter Tel. (0681) 5 95 98 00, mailen Sie an leser-reporter@sol.de oder nutzen Sie das Formular: www.saarbruecker-zeitung.de/leserreporter

Zum Thema:

HintergrundSoweit eine im Haushalt lebende Person den Patienten nicht in dem erforderlichen Umfang pflegen und versorgen kann, hat der Patient gegenüber seiner gesetzlichen Krankenkasse einen Anspruch auf häusliche Krankenpflege , wenn hierdurch ein Krankenhausaufenthalt vermieden oder die Erreichung des Ziels der ärztlichen Behandlung sichergestellt werden kann. Es handelt sich hierbei im Wesentlichen um ärztlich delegierbare Leistungen der medizinischen Behandlungspflege.Zur Erfüllung des Sachleistungsanspruchs der Versicherten schließen die gesetzlichen Krankenkassen entsprechende Verträge mit ambulanten Pflegediensten. Ein ambulanter Pflegedienst darf nur vom Arzt im Rahmen von Richtlinien verordnete Leistungen durchführen und mit den Krankenkassen abrechnen. Nicht delegierbare ärztliche Leistungen darf der Pflegedienst nicht erbringen und die Krankenkasse nicht vergüten. red

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort