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Klinikreform

Gröhes Klinikreform belohnt Qualität

Politik / Lesedauer: 3 min

Gute Krankenhäuser erhalten Zuschläge, schlechte Abschläge – Kritik von allen Seiten
Veröffentlicht:04.09.2015, 20:30

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Berlin - Ob Krankenkassen, Kliniken, Ärzte oder Arbeitgeber: Alle sind unzufrieden mit den schwarz-roten Plänen für die Krankenhaus-Reform. Eine Strukturreform, die zu milliardenschweren zusätzlichen Belastungen führe, verdiene ihren Namen nicht, schreibt die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände. Rasmus Buchsteiner beantwortet die wichtigsten Fragen zur geplanten Reform.

Was sind die wichtigsten Reform-Eckpunkte?

Bei guter Versorgung erhalten Kliniken Zuschläge, für schlechte Leistungen sind Abschläge vorgesehen. Dieses System soll zum Abbau von Überkapazitäten führen. Bei Krankenhäusern mit fortgesetzt schlechter Qualität kann künftig auch die Schließung angeordnet werden. Bei der Qualitätsbewertung soll unter anderem die technische und personelle Ausstattung der Häuser sowie Komplikations- und Infektionsraten berücksichtigt werden. Daneben ist ein Strukturfonds von Bund und Ländern mit einem Volumen von einer Milliarde Euro geplant. Die Mittel sollen unter anderem zur Abwicklung von Krankenhäusern ausgegeben werden.

Was soll gegen medizinisch nicht unbedingt notwendige Operationen getan werden?

Das Gesetz soll die Zahl unnötiger Eingriffe begrenzen. Für Krankenhäuser, in denen besonders viel operiert wird, greifen Sonderregelungen. Für planbare und zudem besonders häufig stattfindende Operationen wird ein Zweitmeinungsverfahren eingeführt. Ein zweiter Arzt mit besonderer Qualifikation muss seine Zustimmung geben. Außerdem sind rechtliche Klarstellungen vorgesehen, um fragwürdige Zielvereinbarungen in Chefarztverträgen zu verhindern.

Wie teuer ist die Reform?

Die Mehrkosten für Bund, Länder und Kassen durch die Reform werden bis 2017 auf rund 1,4 Milliarden Euro ansteigen. Darin enthalten sind unter anderem die Kosten für den Strukturfonds und eine Finanzspritze von 660 Millionen Euro für Pflegekräfte im Zeitraum bis 2018. „Die im Gesetzentwurf vorgesehenen Maßnahmen hätten nicht vertretbare Mehrbelastungen der Beitragszahler zur Folge“, so die Arbeitgeber.

Wie ist die Krankenhausfinanzierung bisher geregelt?

Krankenkassen und Bundesländer sind gemeinsam für die Finanzierung verantwortlich. Über die Fallpauschalen zahlen die Kassen die laufenden Betriebskosten der Kliniken – und zwar unabhängig von der Zahl der vorgehaltenen Betten. 2014 gaben die Kassen knapp 68 Milliarden Euro für Behandlungen in Krankenhäusern aus. Die Länder sind für die Finanzierung von Investitionen in Krankenhäusern zuständig, stellten dafür zuletzt rund 2,7 Milliarden Euro jährlich zur Verfügung. Nach Schätzungen der Krankenhausgesellschaft wären sechs Milliarden Euro erforderlich. Die Reform verpflichtet die Länder, mindestens den Durchschnitt ihrer Förderung in den Jahren 2012 bis 2014 fortzuführen.

Warum ist die Reform notwendig?

Bis zu 50 Prozent der Krankenhäuser schreiben rote Zahlen. Hintergrund sind unter anderem gestiegene Personal- und Energiekosten, ineffiziente Verwaltungsstrukturen oder mangelnde Auslastung. Außerdem stellen die Länder nicht genügend Geld für Investitionen zur Verfügung bereit. Bei den Personalkosten klafft laut Krankenhausgesellschaft eine Lücke von drei Milliarden Euro.

Gibt es wirklich zu viele Klinikbetten?

In den aktuell gut 2000 deutschen Kliniken stehen derzeit 501500 Betten zur Verfügung – was einem Schnitt von etwa 250 pro Krankenhaus entspricht. Die Auslastung liegt derzeit bei 77,4 Prozent – ein Minus von vier Prozent gegenüber dem Beginn des Jahrhunderts. Die Zahl der Klinikbetten ist in den vergangenen zehn Jahren um 46 000 reduziert worden. Nur der Wegfall von 5200 Betten ist auf Schließungen zurückzuführen.

Welche Kritik an den Reformplänen gibt es?

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft nennt die Pläne einen „Etikettenschwindel“. Der Entwurf beinhalte keine Lösungen für die zentralen Probleme der Krankenhäuser. So solle der derzeit noch bestehende Versorgungszuschlag von 0,8 Prozent der Fallpauschale von 2017 an gestrichen werden. Das bedeute für die Kliniken unterm Strich 500 Millionen Euro weniger. Die Krankenkassen warnen vor falschen Weichenstellungen: „Wer bisher besonders viel Pflegekräfte abgebaut hat, soll nach dem vorliegenden Gesetzentwurf Sonderzahlungen bekommen, um diese wieder einzustellen. Wer aber immer eine ausreichende Besetzung der Stationen aufrechterhalten hat, der bekommt nichts.“