Krankenhausfinanzierung

Krankenkassen verteidigen mit Gleiss Mehrleistungsabschlag

Ein Abschlag auf zusätzlich erbrachte Leistungen von Krankenhäusern, die nicht ausdrücklich von der Krankenhausplanungsbehörde gewünscht werden, ist möglich. Mit diesem Urteil bewertete das Bundesverwaltungsgericht den sogenannten Mehrleistungsabschlag als legitimes Instrument, um eine Ausweitung von Leistungen der Krankenhäuser zu verhindern und damit die Beitragssätze der Krankenkassen stabil zu halten.

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Reimar Buchner
Reimar Buchner

Im dem konkreten Fall hatte die Herz- und Gefäß-Klinik Bad Neustadt einen zusätzlichen Operationssaal eingerichtet und wollte im Krankenhausbudget für das Jahr 2011 zusätzliche schulterchirurgische Eingriffe einplanen. Die Krankenkassen werteten diese als zusätzliche Leistungen, da im Krankenhausplan des Freistaats Bayern die Möglichkeit, diesen OP-Saal einzurichten, zwar vorgesehen, aber nicht ausdrücklich gewünscht war. Will ein Krankenhaus im Vergleich zum vorherigen Jahr mehr Operationen durchführen, kann die Krankenkasse einen sogenannten Mehrleistungsabschlag abziehen.

Diese Regelung gibt es, damit der Anreiz, mehr Leistungen zu erbringen und damit den Umsatz zu steigern, gedämpft wird. So ist zum Beispiel die steigende Zahl von Hüftoperationen in Deutschland nach Expertenmeinung nicht allein medizinisch zu begründen, sondern auch durch die Verdienstmöglichkeiten der Krankenhäuser mit zusätzlichen Operationen. Vereinbart ein Krankenhaus mit der Krankenkasse, mehr Fälle zu bearbeiten als im Erlösbudget aus dem vergangenen Jahr, bekommt das Krankenhaus für die zusätzlich erbrachten Fälle ein Viertel weniger Geld. Vor dem Jahr 2012 betrug der Abschlag 30 Prozent.

Da die Parteien sich nicht auf ein Budget einigen konnten, riefen sie die Schiedsstelle Bayern an. Der Schiedsspruch legte den Mehrleistungsabschlag auf 244.207 Euro fest. 2014 hob das Verwaltungsgericht München den Schiedsspruch auf und veranschlagte den Mehrleistungsabschlag auf mehr als das Dreifache, nämlich 786.493 Euro. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte mit seinem Urteil (BVerwG 3 C 9.14) nun die erstinstanzliche Entscheidung (M 9 K 13.3542).

Demnach müsste sich die zuständige Krankenhausplanungsbehörde entweder im Krankenhausplan oder in „einer sonstigen Äußerung“ mit Erweiterungen des Krankenhauses einverstanden erklären, damit dieses eine Ausnahme vom Mehrleistungsabschlag geltend machen kann. Die Crux: Bisher ist kein Instrument für ein solches Einverständnis des Freistaats Bayern, aber auch in einigen anderen Bundesländern, vorgesehen.

Dem Krankenhaus steht nun noch der Weg vor das Bundesverfassungsgericht frei. Weitere Verfahren waren mit Blick auf die Entscheidung ausgesetzt worden. Das Urteil ist besonders von Bedeutung, da viele Vereinbarungen zum Krankenhausbudget nicht wie geplant am Beginn des Jahres geschlossen werden, sondern es häufig erst viele Jahre später zu einer Einigung kommt. Die gestrige Entscheidung bezieht sich deshalb auch auf ein Krankenhausbudget für das Jahr 2011.

Vertreter AOK Bayern, BKK Landesverband Bayern, VDEK Bayern
Gleiss Lutz (Berlin): Reimar Buchner – aus dem Markt bekannt

Vertreter Herz- und Gefäß-Klinik Bad Neustadt
Seufert (München): Christoph Seiler – aus dem Markt bekannt

Vertreter Schiedsstelle Bayern
Harald Grau (Vorsitzender)

Bundesverwaltungsgericht, 3. Senat, Leipzig (BVerwG 3 C 9.14)
Dieter Kley (Vorsitzender Richter)

Hintergrund: Die Krankenkassen lassen sich in diesem Verfahren von ihren langjährigen Beratern von Gleiss Lutz vertreten.

Seufert berät die 339-Betten-Klinik Bad Neustadt schon seit ihrer Gründung, denn sie ist Teil des Röhn-Klinkums, eine Stammmandantin der Kanzlei.

Da sich das Verfahren um den Schiedsspruch der Schiedsstelle Bayern drehte, war diese am Bundesverwaltungsgericht die beklagte Partei. Auf die Hilfe externer Anwälte verzichtete sie und vertrat ihre Interessen durch ihren Vorsitzenden Harald Grau selbst. Grau war früher viele Jahre Richter am Bayerischen Verwaltungsgerichtshof.

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