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Bremen-Nord Krankenhaus im Aufwärtstrend

Das Klinikum Bremen-Nord ist ein wirtschaftlicher Pflegefall. Jetzt zeichnet sich eine Wende ab. Ab kommendem Jahr soll Schluss sein mit dem Defizit in Millionenhöhe.
22.09.2015, 00:00 Uhr
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Krankenhaus im Aufwärtstrend
Von Jürgen Theiner

Das Klinikum Bremen-Nord ist ein wirtschaftlicher Pflegefall. Jetzt zeichnet sich eine Wende ab. Ab kommendem Jahr soll Schluss sein mit dem Defizit in Millionenhöhe.

Das Klinikum Bremen-Nord soll Kranke heilen, aber wirtschaftlich war es in den vergangenen Jahren selbst ein Pflegefall. Mit seinen gewaltigen Defiziten galt das Krankenhaus an der Hammersbecker Straße – neben dem Klinikum Mitte – als das Sorgenkind des städtischen Klinikverbundes Gesundheit Nord (Geno). Doch inzwischen zeichnet sich eine Wende zum Besseren ab. Für 2015 wird ein erheblich kleinerer Fehlbetrag erwartet als in den Vorjahren. 2016 erscheint sogar erstmals seit Langem ein ausgeglichenes Ergebnis machbar. „Wir liebäugeln mit einer schwarzen Null“, sagt Geno-Sprecher Daniel Goerke.

Offenbar gibt es nicht die eine, alles erklärende Ursache für die günstige Entwicklung. Auch hat es keinen nennenswerten Personalabbau gegeben, die Zahl der Beschäftigten schwankt seit Jahren um die 870. Es ist eher ein ganzes Bündel positiver Effekte auf der Einnahmeseite, das die Trendumkehr bewirkt hat. Beispiel: Geburtshilfe. Mit der Verpflichtung des Gynäkologen Wladimir Pauker als Chefarzt ist der Geno vor zwei Jahren offenbar ein echter Glücksgriff gelungen. Unter seiner Leitung sind die Entbindungszahlen kontinuierlich gestiegen. Wer weiß, wie sehr das Image gerade auf diesem Gebiet über das Wohl und Wehe einer Klinik entscheidet, der ahnt, dass die Controller der Geno an der Entbindungsstation noch viel Freude haben werden.

Gut entwickelt hat sich zuletzt auch die Geriatrie, also die Altersmedizin. Chefarzt Amit Choudhury tut eine Menge für die Öffentlichkeitsarbeit seiner Klinik. Er bietet viele Info-Veranstaltungen auch für Angehörige möglicher künftiger Patienten an, gerade zum Themenkomplex Demenz. So etwas zahlt sich mittelfristig aus. Ein weiterer Aktivposten ist die Psychiatrie am Aumunder Heerweg, die seit der Erweiterung 2014 mehr Patienten verzeichnet.

Ausgezahlt hat sich daneben auch die Zusammenführung der chirurgischen und internistischen Notfälle in einer zentralen Notaufnahme. Ein weiterer Aufwärtstrend in der Bilanz scheint dagegen eher dem Zufall geschuldet zu sein: Im laufenden Jahr wurden in der Gefäßchirurgie des Klinikum Nord mehr schwere Fälle behandelt. Die Kostenerstattung durch die Krankenkassen fiel entsprechend üppiger aus.

Klinikum soll wirtschaftlicher werden

Das Bemühen um mehr Wirtschaftlichkeit ist zurzeit in vielen Bereichen des Klinikums Nord zu spüren. So hat die Innere Medizin unter Chefarzt Friedrich Blumberg vorhandene Schwerpunkte in der Herz- und Lungenheilkunde weiter vertieft. Es wurden separate Stationen für Kardiologie und Pneumologie eingerichtet und die dafür vorgehaltenen Ärzte und Pfleger eindeutiger zugeordnet. „Der Allrounder ist nicht mehr so gefragt“, stellt Blumberg fest. Die niedergelassene Ärzteschaft habe diese klareren Akzente bereits wahrgenommen und mit verstärkten Einweisungen von Patienten ans Klinikum Nord honoriert.

Friedrich Blumberg stellt sich ohnehin darauf ein, mit seinen Angeboten künftig stärker gefragt zu sein, denn: Herz- und Lungenerkrankungen nehmen zu. So leiden immer mehr Menschen an Bronchitis oder Bronchialkarzinomen. Die demografische Entwicklung tut ein Übriges. Mit gezielten Beschaffungen in der diagnostischen Ausstattung will das Klinikum einen möglichst hohen Anteil des Patientenaufkommens an sich binden.

In moderne Technik investiert

So verfügt die Innere Medizin seit dem vergangenen Jahr über ein neuartiges Bronchoskop, mit dem feingewebliche Proben aus der Lunge gewonnen werden können. „Früher war dafür ein größerer chirurgischer Eingriff erforderlich“, erfährt man von Blumberg. Das ultraschallgesteuerte Bronchoskop stellt gegenüber diesem Standard einen Quantensprung dar. Durch den Rachenraum wird es an der Spitze eines Schlauches behutsam in den Lungenbereich eingeführt, wobei dem Arzt über einen Monitor Bilder aus dem Körperinneren des Patienten übermittelt werden. In der mutmaßlich erkrankten Lungenregion, die zuvor durch Schichtaufnahmen im Computertomografen identifiziert wurde, kann das Gewebe dann gezielt punktiert und später im Labor untersucht werden.

Außer dem Lungenzentrum am Klinikum Bremen-Ost bietet diesen modernen Standard laut Blumberg noch keine Klinik in der Hansestadt an, weder die übrigen Geno-Häuser noch die Konkurrenz der freigemeinnützigen Träger.

Bereits zu Blumbergs Dienstantritt im vergangenen Jahr hatte das Klinikum Nord Geld in die technische Aufrüstung der Inneren Medizin gesteckt. Die Lungenfunktionsdiagnostik ist dort seither auf sehr viel differenzierterem Niveau möglich. Für viele Untersuchungen sind inzwischen keine Überweisungen an andere Häuser mehr nötig. Und so kann die „Innere“ – mit 160 Betten größte Fachabteilung des Klinikums Nord – ihren Beitrag dazu leisten, die Zeit der roten Zahlen am Klinikum bald zu Ende gehen zu lassen.

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