Muri
17 Tage Arbeit am Stück: Was macht das Spital gegen die Missstände?

Vor zwei Wochen kamen Missstände in Aargauer Spitälern ans Licht – das Spital Muri reagiert jetzt auf die Kritik mit einem neuen Konzept. Dieses umfasst eine klare Planung der Assistenz- und Oberärzte gemäss geltendem Arbeitsgesetz.

Mario Fuchs
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Unruhe im Operationssaal: Leitende Ärzte am Spital Muri waren verärgert über das Einschalten der Gewerkschaft. Keystone

Unruhe im Operationssaal: Leitende Ärzte am Spital Muri waren verärgert über das Einschalten der Gewerkschaft. Keystone

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12, 15 oder 17 Tage am Stück arbeiten; Nachtdienste als Pikettdienste verbuchen und damit Lohnkosten einsparen; hunderte Stunden an aufgelaufener Überzeit, die nicht restlos kompensiert oder ausbezahlt werden können: Erlaubt ist das alles eigentlich nicht, und doch kam es im Spital Muri vor, ähnlich auch in anderen Aargauer Spitälern. Aufgedeckt hatte dies die SRF-«Rundschau» vor zwei Wochen.

Am Tag danach sagte CEO Marco Beng in der az: «Uns war bewusst, dass das Arbeitsgesetz nicht in jedem Fall eingehalten werden konnte.» Und: «Das werden wir ändern und künftig die Dienstplanung strikt kontrollieren.» Beng gelobte Besserung.

Sein Spital stand unter Druck: Die Aargauer Sektion des VSAO – des Berufsverbands der Schweizer Assistenz- und Oberärztinnen und -ärzte – kannte die Situation nach einer Analyse genau und forderte eine grundlegende Verbesserung.

Neues Dienstplankonzept steht

Jetzt ist klar: Bengs Versprechen war kein leeres. Gestern erklärte der CEO auf Anfrage: «Der Vorschlag zu einem neuen Dienstplankonzept für die Chirurgie steht.» Das Konzept umfasst eine klare Planung der Assistenz- und Oberärzte gemäss geltendem Arbeitsgesetz.

Zudem soll eine neue Stelle geschaffen werden: die eines Klinikmanagers. Er soll künftig die ärztliche Klinikleitung administrativ unterstützen, die Dienstplanung und Zeiterfassung koordinieren und auf Einhaltung des Arbeitsgesetzes überprüfen.

Beng: «Das Konzept wurde vom Chefarzt, dem Planungsverantwortlichen der Chirurgie und unserer Personalabteilung bereits für gut befunden und wird nächste Woche einem Arbeitsjuristen und dem kantonalen Amt für Wirtschaft zur Beurteilung zugestellt.» Werde es gutgeheissen, werde man daraus weitere Konzepte für die Gynäkologie, die Medizin und die Anästhesie ableiten.

Mit einer Umsetzung in der Klinik für Chirurgie rechnet Beng «im Dezember oder Januar». Noch schneller korrigiert werden die kritisierten Bereitschaftsdienste, die anstelle von regulären Nachtdiensten erfasst wurden: Sie werden rückwirkend in zuschlagberechtigte Nachtdienste umgewandelt. Ab Oktober gilt eine Übergangsplanung, in der bereits reguläre Nachtdienste geplant werden.

«Inzwischen haben wir dem Team zugesagt, die mehrheitlich finanziellen Forderungen unbürokratisch und rückwirkend zu erfüllen», sagt CEO Marco Beng. Man werde «alle berechtigten Forderungen» noch dieses Jahr auszahlen. Diese Zusage habe zu einer deutlichen Entspannung und zu einer Rückkehr in den normalen Betriebsalltag geführt.

Strafe für die Kritiker?

Die Personalplanung des Spitals Muri auf den Behandlungstisch gebracht hatten ursprünglich einzelne Assistenzärzte. Sie meldeten sich bei der Gewerkschaft, weil sie sich unfair behandelt fühlten. In den Tagen danach war die Stimmung im Betrieb laut Beng «von Unsicherheit geprägt, wie es weitergehen soll und mit welchen Konsequenzen zu rechnen ist.»

Wie die az erfahren hat, sollen leitende Ärzte über das Einschalten des VSAO derart verärgert gewesen sein, dass sie teilweise Assistenz- und Oberärzte zur Strafe nicht mehr operieren liessen.

Beng bestätigt, dass der Chefarzt und die leitenden Ärzte «sicher enttäuscht darüber waren», dass die Assistenz- und Oberärzte «nicht offen und ehrlich den Kontakt zum ärztlichen Kader gesucht haben».

Von Strafaktionen hat Beng allerdings keine Kenntnis: «Auf Rückfrage beim Chefarzt und bei den leitenden Ärzten wurde mir versichert, dass man nicht weniger Operationen assistiert hätte als vor der Intervention des VSAO und auch nicht weniger Fort- und Weiterbildung anbietet.»