Widerstand gegen Regierungsentwurf:Kliniken protestieren gegen geplante Reform

Krankenhäuser rechnen mit deutlichen finanziellen Einbußen. Aktionen finden heute in Erding, Taufkirchen und Wartenberg statt. Betreuung der Patienten soll dadurch nicht beeinträchtigt werden

Von Thomas Daller, Landkreis

Die geplante Klinikreform der Bundesregierung erzürnt die Krankenhäuser. Auch Kliniken im Landkreis Erding beteiligen sich am Mittwoch, 23. September, an den bundesweiten Protestaktion. Kundgebungen finden sowohl an der Eingangshalle des Klinikums Erding statt als auch an der Infopforte der kbo-Klinik in Taufkirchen. Das Klinikum Wartenberg reagiert mit einem Informationsgespräch. Die Betreuung der Patienten soll durch die Aktionen nicht nennenswert beeinträchtigt werden. Die Krankenhäuser sprechen in diesem Zusammenhang von einer "aktiven Mittagspause"; diese Aktionen sollen in Bayern an mehr als 60 Standorten stattfinden.

Der Protest bezieht sich auf einen Regierungsentwurf, den das Bundeskabinett im Juni dieses Jahres beschlossen hat. Nach den Berechnungen der Bundesregierung erhalten die Kliniken demnach insgesamt mehr Geld. Aus Sicht der Krankenhäuser enthält dieser Entwurf jedoch Regelungen, die nicht zu einer Verbesserung der Patientenversorgung führen, sondern im Gegenteil zu einer deutlichen Verschlechterung. Nach Angaben der Taufkirchener kbo-Klinik sei insbesondere nicht sichergestellt, dass den Krankenhäusern das notwendige Personal finanziert wird. "Die geplante Reform würde zudem weitere finanzielle Einbußen für die Krankenhäuser nach sich ziehen", sagte Henner Lüttecke, Pressesprecher der kbo-Kliniken: "Der Versorgungszuschlag für Krankenhäuser soll wegfallen, weitere Mindereinnahmen sind zu erwarten. Aus diesen Gründen lehnen die Krankenhäuser den Gesetzentwurf in der vorliegenden Form entschieden ab und fordern eine grundlegende Überarbeitung des Gesetzes." Lüttecke erläuterte, dass bereits heute neun von zehn Tarifanschlüssen höher lägen als die Personalkosten, die man von den Kassen zurückerstattet bekomme. Die Mehrkosten müsse man aus dem Investitionsbudget decken. Und da in der Psychiatrie 75 Prozent der Kosten Personalkosten seien, gehe es um wesentliche Summen. "Wir haben nicht zu viel Personal, sondern zu wenig", sagte Lüttecke. Denn aufgrund der demografischen Entwicklung rechne man in der Region Erding bis 2030 mit einer Steigerung von 100 Prozent mehr demenzkranken Pflegebedürftigen und gerontopsychiatrischen Patienten, "die wir mitbetreuen müssen", so Lüttecke. "Der Tenor, dass wir zu viel Personal haben, ist falsch."

Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, hat die Deutsche Krankenhausgesellschaft mit Unterstützung der Gewerkschaften den 23. September als Aktionstag für die Krankenhäuser ausgerufen. Neben den lokalen Aktionen findet auch in Berlin eine zentrale Protestkundgebung statt.

Nach Einschätzung der Bayerischen Krankenhausgesellschaft (BKG) belastet die Reform die Kliniken im Freistaat besonders. Denn in Bayern gibt es mehr kleine Krankenhäuser als in anderen Bundesländern. Kleinere Häuser hätten aber besonders große Probleme, neue bundeseinheitliche Vorgaben zu erfüllen, heißt es von der BKG. Gleichzeitig ist laut einer Umfrage der Krankenhausgesellschaft der Anteil der Kliniken in Bayern, die ein Defizit machen, innerhalb von fünf Jahren von 20 Prozent auf 52 Prozent gestiegen.

Die Krankenkassen hingegen sehen das Hauptproblem darin, dass es gerade in Bayern ein zu großes Angebot gebe. Die Techniker Krankenkasse rechnet vor, dass die Bettenauslastung in Bayern mit 76,8 Prozent noch unter dem Bundesdurchschnitt von 77,3 Prozent liege. Der Erdinger AOK-Beirat hatte sich kürzlich in seiner Herbstsitzung ebenfalls mit dem aktuellen Gesetzesentwurf zum Krankenhausstrukturgesetz gefasst. Beiratsvorsitzender Wilhelm Scheib kritisierte dabei die Länder, die ihre "gesetzlichen Verpflichtungen in den vergangenen Jahren immer weiter zurückgefahren haben" und nunmehr einen "Freischein" in Anspruch nehmen würden, Investitionen auf niedrigstem Niveau einzufrieren. Bereits jetzt würden die Kliniken in einem milliardenschweren Investitionsstau feststecken, monierte Scheib.

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