Bund geht gegen das See-Spital vor

Seit Monaten kursieren schwere Vorwürfe gegen das See-Spital Horgen. Schmerztherapien sollen bewusst falsch abgerechnet worden sein. Die Anzeige des Bundes könnte auch die Spitalleitung treffen.

Jan Hudec
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Der Druck auf die Leitung des See-Spitals wächst. Ein Untersuchungsbericht soll nun Licht in die Sache bringen. (Bild: Simon Tanner / NZZ)

Der Druck auf die Leitung des See-Spitals wächst. Ein Untersuchungsbericht soll nun Licht in die Sache bringen. (Bild: Simon Tanner / NZZ)

Die Luft wird dünner für das See-Spital Horgen: Am Montag hat das Bundesamt für Gesundheit (BAG) eine Strafanzeige gegen den in die Kritik geratenen Neurochirurgen D. eingereicht. Er soll Behandlungen bewusst falsch abgerechnet haben, um damit Geld in seine eigene Tasche und in die Kasse des See-Spitals fliessen zu lassen. Die Vorwürfe, die seit einigen Monaten in den Medien kursieren, richten sich aber nicht nur gegen ihn: Von der Spitalführung soll D. nicht nur ungenügend kontrolliert, sondern bei seinem Treiben sogar gedeckt worden sein. «Es besteht ein ausreichend grosser Verdacht, dass in der Schmerzklinik unrechtmässig abgerechnet wurde», begründet BAG-Vizedirektor Oliver Peters die Strafanzeige, die bei der Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis eingereicht wurde. Es sei im Interesse des BAG, dass die Vorgänge am See-Spital untersucht und gegebenenfalls auch mit Sanktionen belegt würden. Zu den Vorwürfen gegen die Spitalführung sagt Peters: «Die Strafanzeige richtet sich eventuell auch gegen weitere Personen. Wir haben Informationen erhalten, gemäss denen die Spitalleitung schon vor geraumer Zeit gewarnt worden ist, dass an der Schmerzklinik falsch abgerechnet wird.»

Krankenkasse gewarnt

Das BAG hat ausserdem sämtliche Krankenversicherer angeschrieben und darauf hingewiesen, die Rechnungen aus der betreffenden Schmerzklinik zu kontrollieren und gegebenenfalls unrechtmässig abgerechnete Beträge zurückzufordern.

Mehrere Krankenkassen untersuchen bereits, ob bei der Verrechnung von Behandlungen Fehler gemacht wurden. Dabei gelangten sie an den Wädenswiler Rheumatologen Andreas Wüest, der ein Experte bei der Verrechnung von Schmerztherapien ist. Die ihm vorgelegten Rechnungen seien völlig inakzeptabel gewesen, sagte Wüest im August zur NZZ. Es sei eindeutig falsch abgerechnet worden. Ausserdem habe man die Spitalleitung schon vor drei Jahren auf überhöhte Rechnungen von D. hingewiesen. Die Spitalleitung habe damals Besserung gelobt. Unternommen habe sie aber offensichtlich nicht viel. Vor gut einem Monat kam es zwischen der Spitalleitung und den Belegärzten zu einer Aussprache. Dabei forderten mehrere Ärzte den Rücktritt des Stiftungsratspräsidenten Walter Bosshard.

Bericht angekündigt

Chirurg D. äussert sich zur Strafanzeige des BAG nicht. Bisher hatte er aber sämtliche Vorwürfe bestritten. Mittlerweile ist er nicht mehr am See-Spital tätig. Das Horgener Spital will das Vorgehen des BAG ebenfalls nicht kommentieren, man habe keine Kenntnis von einer Anzeige. Ein in Auftrag gegebener Untersuchungsbericht, der sich mit den Vorfällen an der Schmerzklinik befasst, werde aber noch diese Woche vorliegen. Die Öffentlichkeit werde in den nächsten Tagen über die Resultate informiert.

Die Zürcher Gesundheitsdirektion sieht momentan von Massnahmen gegen das See-Spital ab. Nachdem die Vorwürfe in den Medien laut geworden waren, hatte sie von der Spitalleitung den genannten Bericht eingefordert. «Aufgrund des Berichts wird die Gesundheitsdirektion prüfen, ob aufsichtsrechtliche Massnahmen zu ergreifen sind», sagt Sprecher Daniel Winter. Die Gesundheitsdirektion messe dem Fall «See-Spital» hohe Bedeutung zu und verfolge die Entwicklung mit grosser Aufmerksamkeit. Sie hat sich zudem mit dem BAG getroffen, um das weitere Vorgehen zu besprechen.

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