Stiftungsratspräsident Bosshard geht

Die Affäre um die Unstimmigkeiten am Horgener See-Spital führt zu weiteren personellen Konsequenzen: Der Stiftungsratspräsident Walter Bosshard tritt per sofort zurück. Auf das Spital kommen auch Unannehmlichkeiten zu, weil es Versicherungen Geld zurückzahlen muss.

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Langsam kommt Licht ins Dunkle: Das See-Spital in Horgen gibt zu, dass ein ehemals angestellter Arzt falsch abgerechnet hat. (Bild: Simon Tanner / NZZ)

Langsam kommt Licht ins Dunkle: Das See-Spital in Horgen gibt zu, dass ein ehemals angestellter Arzt falsch abgerechnet hat. (Bild: Simon Tanner / NZZ)

(jow. / jhu.)

Walter Bosshard, der Stiftungsratspräsident des Horgener See-Spitals, zieht Konsequenzen aus den an der Schmerzklinik aufgedeckten Missständen. Er tritt per sofort von seinem Amt zurück. Diesen Entscheid hat er am Freitag an einer Medienkonferenz bekanntgegeben.

In einer emotionalen, kurzen Ansprache sagte Bosshard gegen Ende der Medienkonferenz, er übernehme die Verantwortung für die Vorkommnisse, insbesondere dafür, dass die Schmerzklinik nicht näher an das Spital angebunden gewesen sei und dem Arzt zu viel Spielraum gelassen wurde. Für die Verfehlungen des Arztes hingegen könne er selbst nicht verantwortlich gemacht werden, sagte Bosshard. Am Freitagmorgen habe er sich entschieden, sein Amt abzugeben. Er sei nicht zum Rücktritt gedrängt worden, ergänzte der ehemalige Stiftungsratspräsident. Bosshard dankte allen, «die dazu beigetragen haben, dass das Spital noch immer einen guten Ruf hat.» Er hoffe, es kämen nun ruhigere Zeiten auf die Klinik zu.

Die Spitalleitung respektiere den Entscheid Bosshards, sagte Stiftungsrat Lorenzo Marazzotta an der Medienkonferenz. Es gebe keine Hinweise darauf, dass Bosshard eine aktive Rolle gespielt habe bei den Verfehlungen des Arztes. Das Stiftungsgremium werde sich in den nächsten Tagen treffen, um zu entscheiden, wie es weitergehe und um einen neuen Präsidenten zu finden.

70'000 Franken für die CSS

Seit Monaten sorgt das See-Spital in Horgen für Schlagzeilen. Nun räumt die Spitalleitung erstmals ein, dass der ehemals angestellte Arzt falsch abgerechnet und Leistungen ungenügend dokumentiert hat. Der Leiter der Schmerzklinik habe Originalpräparate verrechnet und Generika abgegeben, sowie den Einsatz eines Instrumentes verrechnet, dieses aber nicht in jeder Behandlung angewendet. Zudem habe der Arzt seine Arbeit «ungenügend und mangelhaft» dokumentiert.

Nun laufen Vergleichsverhandlungen zwischen verschiedenen Krankenkassen und dem Spital. Mit der Visana sei bereits ein Vergleich abgeschlossen und eine Teil-Rückzahlung geleistet worden, schreibt das Spital in einem am Freitag publizierten Kurzbericht, ohne aber die Höhe des Beitrages zu nennen. Eine Regresszahlung in Höhe von 70'000 Franken ging auch im Jahr 2012 an die Krankenversicherung CSS, nachdem die CSS ihre Ansprüche im Jahr 2010 geltend gemacht hatte.

Klinik muss halbjährlich rapportieren

Letztes Jahr seien der Stiftungsratspräsident Bosshard und der Stiftungsrat Lorenzo Marazzotta Hinweisen auf Ungereimtheiten nachgegangen, heisst im Communiqué weiter. Sie prüften unter anderem, ob es unzufriedene Patienten gab. Die Patientendokumentationen und die Leistungserfassungen wurden aber nicht überprüft. «Retrospektiv betrachtet wäre es sinnvoll gewesen, auch diese Punkte zu kontrollieren», schreibt das Spital nun.

Das Spital hat verschiedene Massnahmen beschlossen, damit sich solche Fehler in Zukunft nicht wiederholen. Unter anderem ist die Schmerzklinik unter Aufsicht eines Chefarztes gestellt worden, und sie muss halbjährlich einen Bericht an den Stiftungsrat abliefern.

Die Vorwürfe, die Leitung habe schon lange von diesen Machenschaften gewusst und den Chirurgen sogar aktiv gedeckt, weist das Spital allerdings zurück. Behauptungen, Ärzte hätten das Spital schon 2004 auf die Missstände hingewiesen, seien «in keiner Weise» belegbar. Falsch sei auch, dass der Stiftungsratspräsident Bosshard schon seit langer Zeit von den Verfehlungen gewusst habe.

Strafanzeigen laufen

Den nun publizierten Bericht in Auftrag gegeben hat die Zürcher Gesundheitsdirektion. Sie hat am Donnerstag einen Verweis ausgesprochen gegen die Spitaldirektion und gegen den Stiftungsrat. Das Spital habe dem betreffenden Arzt zu viel Freiraum gewährt und die Schmerzklinik nicht ausreichend überwacht, kam die Gesundheitsdirektion zum Schluss. Man werde nun weitere Abklärungen treffen und «allenfalls erforderliche weitere aufsichtsrechtliche Sanktionen gegen den Arzt und die verantwortlichen Organe des Spitals verhängen», heisst es in der Medienmitteilung vom Donnerstag. Der Chirurg ist mittlerweile nicht mehr am See-Spital tätig. Im März 2015 wurde er formell verwarnt, im Juni wurde ihm schliesslich gekündigt. «Das Vertrauensverhältnis war nachhaltig beschädigt und die Versäumnisse in der Dokumentation wesentlich», begründet das Spital diesen Entscheid. Schliesslich wurde das Arbeitsverhältnis per Ende September aufgelöst.

Den Verantwortlichen des See-Spitals droht auf dem Rechtsweg weiteres Ungemach: Anfang dieser Woche hat das Bundesamt für Gesundheit eine Strafanzeige gegen den Arzt und allenfalls weitere Personen des See-Spitals eingereicht. Ebenfalls hängig ist eine Strafanzeige, die ein ehemaliger Patient des Arztes gegen ihn und die Spitalleitung eingereicht hat.

Mehr folgt am Nachmittag.

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