Seefeld:Klinik entlässt Geschäftsführer

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Bilanzen des Seefelder Krankenhauses sollen geschönt worden sein

Von Astrid Becker und Christine Setzwein, Seefeld

Bürgermeister Wolfram Gum dürfte einige schlaflose Nächte hinter und auch noch vor sich haben. Denn die Zukunft der Seefelder Klinik dürfte nach den letzten Vorkommnissen völlig ungewiss sein. Wie jetzt bekannt wurde, soll der Verwaltungschef des Krankenhauses, Thomas Deppenkemper, die Bilanzen geschönt und tatsächliche Defizite verschwiegen haben. Gum, der dem Träger des Hauses, dem Krankenhaus-Zweckverband, vorsteht, hat Deppenkemper daraufhin fristlos gekündigt und am Donnerstag die Mitarbeiter darüber informiert.

Zwar gibt Gum als Grund für die fristlose Kündigung in einer Presseerklärung nur "nicht mehr zu überwindende Differenzen" an. Aus Klinikkreisen heißt es aber, Deppenkemper habe Umschichtungen in den Bilanzen vorgenommen, nicht, um sich persönlich zu bereichern, sondern um das Gesamtergebnis nach außen wesentlich positiver darzustellen als es ist. In den neuesten Jahresabschlusszahlen seien diese Verschiebungen nicht mehr zu verbergen gewesen, so die Informationen der SZ.

Die Zukunft der Chirurgischen Klinik Seefeld ist von einem Tag auf den anderen ungewiss geworden. Wie es weiter geht, weiß momentan niemand. (Foto: Arlet Ulfers)

Konkret soll demzufolge Deppenkemper, der nicht zu erreichen war, immer wieder sogenannte Kassenkredite aufgenommen haben, also quasi Defizite aus den Rücklagen finanziert haben, ohne jedoch diese Entnahmen wieder zurückführen zu können. Auf Nachfrage der SZ hat Gum die Umschichtungen bestätigt, über die Höhe der dabei aufgelaufenen Summen wollte er bislang aber keine Angaben machen. Diese würden derzeit genau geprüft, sagte er am Freitag, und sollen am kommenden Dienstag in einer eigens dafür einberufenen nicht öffentlichen Sondersitzung den Verbandsmitgliedern präsentiert werden.

Doch schon jetzt zeichnet sich ab, dass es sich dabei um eine Summe handeln dürfte, die nicht mehr durch den laufenden Betrieb erwirtschaftet werden kann. Gemunkelt wird über einen Kassenkredit in Höhe von einer knappen halben Million Euro, die in dem neuesten Zahlenwerk aufgetaucht sein soll. Vermutlich liegen die tatsächlichen Defizite jedoch noch weitaus höher. Denn die Abschlusszahlen werden extern lediglich alle drei Jahre geprüft. Bislang hatte es keine Beanstandungen oder Auffälligkeiten gegeben. Deppenkemper, seit 2008 Krankenhaus- und Verwaltungsleiter in Seefeld, galt als integerer und tüchtiger Mann, der vom Verband hochgeschätzt wurde. Nun aber wird ihm offenbar vorgeworfen, die Verbandsmitglieder nicht über die Defizite, die wohl durch den steigenden Kostendruck und die gesetzlichen Einsparmaßnahmen entstanden sind, informiert zu haben - was der Klinik eine ungewisse Zukunft beschert.

Dies ist umso tragischer, weil Seefeld als eine der wenigen Kliniken galt, die ihre Eigenständigkeit noch bewahren konnte. Bereits unter dem früheren Chefarzt Nikolaus Hermes hatte sich Seefeld von einem kleinen Provinzkrankenhaus zu einer Klinik mit ausgezeichnetem Ruf gemausert. Seither loben Patienten Pflege, Unterbringung, Essen und auch die ärztliche Versorgung meist über alle Gebühr. Auch unter Hermes' Nachfolgerin Regine Hahn hielt dieser Trend weiter an. Es heißt, sie habe die Auslastung und damit auch den Umsatz der Klinik in den vergangenen knapp zwei Jahren seit ihrem Amtsantritt noch weiter steigern können.

Auf die Kündigung Deppenkempers reagierte sie gelassen. Sie wisse zwar noch nicht viel über die Hintergründe, sagte sie am Freitag, doch die schnelle Entscheidung des Zweckverbands sei wohl "sinnvoll" gewesen. Sie sei vor allem mit dem Tagesgeschäft beschäftigt, "die Patientenversorgung geht weiter wie bisher". Sollte die Klinik Seefeld künftig einen Partner brauchen, um weiter bestehen zu können, sei das sicher eine Option. "Wir müssen uns neue Wege überlegen und uns innovative Gedanken machen", sagte sie. Vor diesem Hintergrund sieht sie die jüngsten Vorkommnisse sogar als Chance.

Ähnlich sieht das auch Landrat Karl Roth. Er will sich dafür einsetzen, das Seefelder Krankenhaus zu erhalten und zukunftsfähig zu machen: "Wir müssen jetzt aber erst einmal miteinander reden und genaue Zahlen erfahren."

© SZ vom 10.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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