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Schreiben aus dem Innenministerium legt nahe, dass die „Geld-zurück-Garantie“ in diesem Umfang nicht genehmigungsfähig ist Klinikum: Kommunalaufsicht zweifelt an Ratsbeschluss

Delmenhorst. Der Delmenhorster Rat hat in einer kurzfristig vor den Herbstferien noch einberufenen Sitzung die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass am Klinikum Delmenhorst ein neuer Zukunftssicherungstarifvertrag (Zusi) abgeschlossen werden kann. Allerdings unter einem Vorbehalt: Die Kommunalaufsicht in Hannover muss noch zustimmen.
16.10.2015, 00:00 Uhr
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Von Andreas D. Becker

Der Delmenhorster Rat hat in einer kurzfristig vor den Herbstferien noch einberufenen Sitzung die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass am Klinikum Delmenhorst ein neuer Zukunftssicherungstarifvertrag (Zusi) abgeschlossen werden kann. Allerdings unter einem Vorbehalt: Die Kommunalaufsicht in Hannover muss noch zustimmen. Doch die scheint arge Bedenken zu haben, wie aus einem Schreiben der Behörde hervorgeht, das Oberbürgermeister Axel Jahnz am Donnerstag an alle Ratsleute geschickt hat.

Offenbar ein Schreiben, das wegen seines nicht so positiven Inhalts nicht öffentlich diskutiert werden soll. Als Bürgerforum-Ratsherr Paul Wilhelm Glöckner daraus zitieren wollte, ließ ihm Jahnz das Wort entziehen. Glöckner wollte berichten, dass die Kommunalaufsicht in ihrer ersten Einschätzung zu dem Ergebnis kommt, dass der nun gefasste Ratsbeschluss so nicht genehmigungsfähig sei. Wie berichtet, verlangt die Gewerkschaft Verdi als Absicherung bei Abschluss eines neuen Zusis eine „Geld-zurück-Garantie“. Sollte das Klinikum im Zeitraum bis 2019 in die Insolvenz gehen müssen, erhalten die Beschäftigten von der Stadt das Geld zurück, das sie wegen des neuen Zusis weniger verdienen. Klinikum-Geschäftsführer Thomas Breidenbach führte aus, dass sich dieser Sparbeitrag jährlich auf einen Betrag zwischen 1,1 bis 1,3 Millionen Euro summiert.

Das Problem an diesem sogenannten Gewährvertrag: Kommt er nicht, wird es wohl keinen Zusi geben. Ohne Zusi kann aber auch die Holding nicht mit Leben gefüllt werden. Und ohne Zusi wird auch der Kontokorrentrahmen des Klinikums nicht um drei Millionen Euro erhöht; Geld, das das Klinikum dringend zum Überleben benötigt. Nur: Gibt die Stadt die Gewährleistung bis 2019 und wird ein neuer Zusi unterschrieben, haftet die Stadt in Zukunft mit Millionenbeträgen für über die Hälfte der Beschäftigten eines Unternehmens, bei dem sie Minderheiteneigner ist. Also noch mal zum Mitschreiben: Der Beschluss wird jetzt für eine rein städtische Tochterfirma gefasst – was das entscheidende Kriterium sei, wie SPD-Ratsfrau Antje Beilemann betonte. Nur: Muss die Stadt beispielsweise 2018 doch zahlen, tut sie dies für einen Betrieb, von dem ihr zehn Prozent gehören.

Genau darin sieht die Kommunalaufsicht eine Schwierigkeit. Sie verweist in ihrem Schreiben, das unserer Redaktion vorliegt, auf einen Runderlass des Innenministeriums aus dem vergangenen Jahr: „Die Übernahme einer Bürgschaft oder eines Gewährvertrages für ein Unternehmen, an dem mehrere Kommunen und/oder Private beteiligt sind, soll grundsätzlich nur in dem Verhältnis, in dem die Kommune an der Gesellschaft beteiligt ist, erfolgen.“ So sollen finanzielle Schäden von Kommunen abgehalten werden. Die Stadt dürfte demnach also die Gewährleistung für die Lohnrückzahlung an die Mitarbeiter nur in einem Umfang von zehn Prozent zusichern. „Nur in diesem Umfang wäre auch grundsätzlich eine Genehmigung möglich“, schließt die Kommunalaufsicht ihre Ausführungen.

Allerdings, darauf wies der städtische Justiziar Klaus Koehler hin, sei der jetzt zu fällende Ratsbeschluss auf keinen Fall rechtswidrig, wie einige Ratsmitglieder befürchteten. Denn den Beschluss wird die Kommunalaufsicht erst jetzt intensiv juristisch prüfen – und dabei eventuell auch noch zu einem anderen Ergebnis kommen, wie zum Beispiel Antje Beilemann argumentierte, weil ihrer Meinung nach nicht ausreichend gewürdigt wurde, dass der Beschluss des Rates für eine noch hundertprozentige Tochterfirma gefällt wurde. CDU-Fraktionschef Kristof Ogonovski wies darauf hin, dass die Kommunalaufsicht eigentlich im Vorfeld nicht genauer prüfe.

Aber die Ausführlichkeit, wie sie auf die jetzige Voranfrage der Stadt bereits geantwortet hat, spricht dagegen. Es klingt eher so, als ob die Stadt schon einen sehr dezidierten Hinweis auf einen ungültigen Ratsbeschluss bekommen hat. Aus dem Innenministerium war dazu am Donnerstag keine Stellungnahme mehr zu erhalten. Sollte die Kommunalaufsicht allerdings bei ihrer Meinung bleiben, wird es noch einmal richtig eng für das Klinikum: Spätestens Ende November mit den Zahlungen des Weihnachtsgeldes wäre eine Insolvenz kaum noch zu vermeiden. Hinter vorgehaltener Hand wird in der Politik aber auch gehofft, dass das Sozialministerium, das die Holding-Gründung von Klinikum und Stift sehr intensiv unterstützt, mäßigend auf das Innenressort einwirkt, sodass der Beschluss vielleicht nicht kassiert wird.

Zusätzlich erhält das Klinikum 710 000 Euro aus dem kommunalen Investitionsprogramm des Bundes für finanzschwache Kommunen, aus dem Delmenhorst im Sommer mit 3,6 Millionen Euro bedacht wurde. Eigentlich hatte Klinikum-Geschäftsführer Thomas Breidenbach Anträge für den Kauf neuer medizinischer Geräte in Höhe von 1,35 Millionen Euro gestellt – doch darauf mochte sich die Politik nicht einlassen. Die größte Priorität auf der Liste der benötigten Neuanschaffungen hat laut Klinikum-Sprecherin Mandy Lange ein Nierensteinzertrümmerer für die Urologie.

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