Berlin steht finanziell so gut da, wie seit Jahrzehnten nicht. Doch die Entwicklung der Stadt könnte besser laufen, meint Jens Anker.

Noch vor wenigen Jahren hätte das kaum jemand für möglich gehalten: Berlin steht finanziell so gut da, wie seit Jahrzehnten nicht. Das Land kratzt in den kommenden beiden Jahren an der Einnahmeschwelle von 20 Milliarden Euro – das wäre ein Einnahmeplus von mehr als drei Milliarden Euro in nur vier Jahren. Im dritten Jahr in Folge übersteigen die Einnahmen die Ausgaben deutlich.

Berlin baut, wenn auch nur relativ geringfügig, Schulden ab und hat trotzdem noch Geld für dringend notwendige Investitionen übrig. Das ist umso erstaunlicher, als mit dem anhaltenden Zustrom an Flüchtlingen enorme Herausforderungen auch auf Berlin zukommen. Allein 612 Millionen Euro wird das Land im kommenden Jahr dafür ausgeben.

Berlins Strategie zahlt sich aus

Verantwortlich für den anhaltenden Boom ist der ständige Zuwachs an Menschen – auch jenseits der Flüchtlinge. Es sind vor allem die gut ausgebildeten jungen Familien, die der Stadt gut tun. Jetzt fährt Berlin die Ernte dafür ein, sich in den vergangenen 15 Jahren vor allem auf die besonders aussichtsreichen Cluster in der Gesundheitswirtschaft sowie der Wissenschafts- und Forschungslandschaft konzentriert zu haben.

Mit der Charité und dem Gesundheitsstandort Buch sowie dem Forschungs- und Entwicklungsstandort Adlershof hat Berlin Hightech-Zentren geschaffen, die mittlerweile nicht nur nationale, sondern auch internationale Strahlkraft ausüben.

Die Infrastruktur kommt nicht hinterher

Dazu kommt die quirlige Start-up-Szene, die junge, kreative Menschen in die Stadt lockt. Das alles bleibt nicht ohne Wirkung. Nur die Infrastruktur hat sich diesem Niveau noch nicht angepasst. Das Flughafendesaster und die akute Wohnungsnot in weiten Teilen der Stadt bremsen die Euphorie – und die wirtschaftlichen Wachstumschancen.

Dazu nervt eine mitunter bräsig übellaunige Verwaltung, die Baugenehmigungen verzögert oder Arbeitserlaubnisse für hoch qualifizierte Nicht-EU-Ausländer monatelang liegen lässt. Das heißt: Noch immer ist die Entwicklung Berlins kein Selbstläufer, der Senat muss weiter die Anstrengungen vor allem darauf richten, die Rahmenbedingungen für die Zukunft Berlins zu verbessern.