Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Rat tritt am Montag zusammen / Alte Beschlüsse müssen für Krankenhaus-Rettung aufgeweicht werden Sonderschichten für das Klinikum

Delmenhorst. Es wird wieder einmal eine Rettung in letzter Sekunde: Bis Mitte kommender Woche benötigt das städtische Klinikum frisches Geld, weil dann die Novembergehälter, in denen auch das Weihnachtsgeld enthalten ist, ausgezahlt werden müssen. Dieses frische Geld muss einmal mehr von der Stadt kommen.
19.11.2015, 00:00 Uhr
Lesedauer: 3 Min
Zur Merkliste
Von Andreas D. Becker

Es wird wieder einmal eine Rettung in letzter Sekunde: Bis Mitte kommender Woche benötigt das städtische Klinikum frisches Geld, weil dann die Novembergehälter, in denen auch das Weihnachtsgeld enthalten ist, ausgezahlt werden müssen. Dieses frische Geld muss einmal mehr von der Stadt kommen. Auf Abruf bereit liegen 2,5 Millionen Euro aus dem Nachtragshaushalt (zum Schuldenabbau) und sozusagen drei Millionen Euro, weil die Stadt für eine Erweiterung des dispokreditähnlichen Kontokorrentrahmens bürgt (zur Liquiditätssicherung). Allerdings hängt die überlebensnotwendige Bürgschaftserhöhung an mehreren Bedingungen, und von denen wird keine bis zum 26. November erfüllt sein.

Deswegen wird es am kommenden Montag Sondersitzungen von Verwaltungsausschuss und Rat geben. Darin werden die Politiker ihren Beschluss vom 21. Juli kassieren müssen. Der lautete: „Die Bürgschaft für das Klinikum Delmenhorst wird ab dem Zeitpunkt der Unterzeichnung der Einbringungsverträge der Betriebsteile Mitte und Deichhorst und ab dem Vorliegen eines abgeschlossenen Zukunftssicherungsvertrages (Zusi) um drei Millionen Euro befristet bis zum 31. Dezember 2016 erhöht.“ Bis heute gibt es keine Unterschriften unter einem neuen Zusi – und bis Mitte nächster Woche dürfte das auch illusorisch sein. Die einzige Sicherheit die die Politiker dann noch haben: Es gibt Zusagen aller Beteiligten, den Zusi zu unterschreiben. Und ein kurzfristiger Rückzieher brächte den Mitarbeitern nichts, denn das Klinikum schafft es finanziell nur, wenn Mitarbeiter auf Gehalt verzichten und die Stadt neues Geld ins Krankenhaus pumpt.

Aber noch sind nicht einmal die Verhandlungen mit dem Marburger Bund (MB), der Ärztegewerkschaft, beendet. Nachdem es am Montag vergangener Woche zu einem sogenannten Spitzengespräch, an dem unter anderem Oberbürgermeister Axel Jahnz teilnahm, und am Mittwoch vergangener Woche zu einer weiteren, fast sieben Stunden dauernden Tarifrunde mit den Medizinern ohne Ergebnis kam, soll es nun eine weitere Gesprächsrunde geben. Diese wird am Freitag stattfinden, wie die Gewerkschaft mitteilte. „Die zuletzt geführten Gespräche sind konstruktiv verlaufen, sodass deutliche Verhandlungsfortschritte erzielt werden konnten. Angesichts dieser Entwicklung hofft der Marburger Bund, dass auch die letzten offenen Punkte geklärt werden können“, heißt es darin.

Aber auch Verdi hat noch keine Verträge unterschrieben. Am gestrigen Mittwoch wurde aber die erste Hürde genommen: Die Clearingstelle hat dem Zusi zugestimmt. Allerdings müssen noch die Verdi-Mitglieder, die am Klinikum arbeiten, ihr Okay geben. Bis Dienstag kommender Woche läuft die Befragung dieser gewerkschaftlich organisierten Mitglieder im Klinikum, ob sie den Vertrag und den damit verbundenen erneuten Gehaltsverzicht wollen. „Und dann stimmen wir auch nur unter dem Vorbehalt zu, dass sich die außertariflich Beschäftigten und die Ärzte

im gleichen Maße beteiligen“, erklärt Elke Nobel, Verhandlungsführerin von Verdi.

Aber es fehlt noch etwas: Das niedersächsische Innenministerium bestätigte, dass die Genehmigung der Kommunalaufsicht zum Ratsbeschluss vom 15. Oktober noch aussteht. Damals hatte der Rat eine Bedingung von Verdi erfüllt. Die Dienstleistungsgewerkschaft hatte einen Gewährleistungsvertrag der Stadt verlangt. Das bedeutet: Sollte das Klinikum trotz des Lohnverzichts der Mitarbeiter Insolvenz anmelden müssen, zahlt die Stadt das Geld, auf das verzichtet wurde, zurück. Doch dem hätte die Kommunalaufsicht, wie sie schon vorab erklärt hat, nicht zustimmen können.

Deswegen gab es, wie das Innenministerium bestätigt, am 23. Oktober ein Spitzengespräch im Sozialministerium. Dabei wurde wohl auch eine Lösung gefunden: „Wir haben uns darauf geeinigt, dass im Falle einer Insolvenz die Rückführung der Gehälter aus der Gläubigermasse Vorrang hat“, erklärt Elke Nobel den Kniff. Das federt das finanzielle Risiko der Stadt, zu 100 Prozent einspringen zu müssen, zumindest ab. Jetzt muss noch der Ausgang der Verhandlungen mit dem MB abgewartet werden. Aber das ist eine Lösung, die wohl den Segen aus Hannover erhalten wird.

Übrigens ist auch die zweite Bedingung, an die der Rat seine finanzielle Unterstützung geknüpft hatte, nicht erfüllt. Die Einbringung in die Holding, unter deren Dach Klinikum und Josef-Stift in Zukunft zusammenwachsen sollen, kann erst umgesetzt werden, wenn der Zusi unterschrieben ist.

Jetzt sichern: Wir schenken Ihnen 1 Monat WK+! Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)