Gericht:Kampf um Krankengeld

Kasse zur Weiterzahlung und zu Schmerzensgeld verurteilt

Von Ekkehard Müller-Jentsch

"Sie sind wieder arbeitsfähig - wir stellen die Krankengeldzahlung ein." Wie ein Blitz traf einen schwerkranken Münchner diese Nachricht seiner Krankenkasse. Er hatte bei einem Unfall ein schweres Schädel-Hirn-Trauma erlitten und war seitdem arbeitsunfähig. Von den 712,20 Euro der Krankenkasse musste er leben. Der Mann wehrte sich vor Gericht: Die Kasse knickte daraufhin ein und musste einräumen, dass die Behauptung, ihr Mitglied sei wieder gesund und arbeitsfähig, quasi ins Blaue hinein erfolgt war.

In der Eilverhandlung vor dem Sozialgericht schilderte der Münchner, dass er mehrmals pro Woche von Mitarbeitern der Krankenkasse angerufen worden sei, wann er endlich wieder arbeiten gehen könne. "Es ist ihnen nur darum gegangen, schnellstmöglich die Krankengeldzahlung zu beenden", sagte er vor Gericht.

Die Kasse hatte sich auf ein Gutachten des medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) berufen, demzufolge der Kläger wieder arbeitsfähig sei. Allerdings stellte sich heraus, dass der Gutachter den Münchner nicht einmal gesehen, geschweige denn untersucht hatte. Das Gericht verurteilte die Kasse, weiterhin zu zahlen. Der Mann wurde außerdem nun vom MDK-Gutachter richtig untersucht: Und diesmal kam der Arzt zu dem Ergebnis, dass der Patient arbeitsunfähig sei.

Der Betroffene zog daraufhin vor das Landgericht München I und klagte auf 1000 Euro Schmerzensgeld. Durch die Verweigerung der Krankenkasse sei er in eine schwerwiegende Stresssituation geraten, sagte der Hirnverletzte. Seine Leistungsfähigkeit habe sich weiter verschlechtert, er leide unter innerer Unruhe, Schlafstörungen und Zukunftsängsten. Die Kasse meinte nur, dass sie nicht für etwaige Fehler im MDK-Gutachten hafte. Die Anhörung des Klägers sei im Widerspruchverfahren nachgeholt worden. Einer persönlichen Untersuchung des Klägers habe es nicht bedurft, da es bereits genügend Gutachten gegeben habe. Die 15. Zivilkammer hielt es für fragwürdig, dass die Kasse das MDK-Gutachten eins zu eins übernommen hatte. Auf Anraten des Gerichts einigten sich beide Seiten nun auf eine Zahlung von 300 Euro.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: