Hebammen bekommen mehr Lohn

FRAUENFELD. Nach jahrelanger Auseinandersetzung konnten sich die freiberuflichen Hebammen im Thurgau mit den Krankenkassen einigen. Sie erhalten mehr Geld. Allerdings bekommen die Hebammen nicht von allen Krankenkassen gleich viel für die gleiche Arbeit.

Christof Widmer
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Eine Hebamme hört die Herztöne eines ungeborenen Kindes im Mutterbauch ab. (Bild: fotolia)

Eine Hebamme hört die Herztöne eines ungeborenen Kindes im Mutterbauch ab. (Bild: fotolia)

Das war eine Zangengeburt. Über Jahre hinweg forderten die freiberuflichen Thurgauer Hebammen von den Krankenkassen eine höhere Abgeltung für ihre Arbeit. Freiberufliche Hebammen bereiten die Schwangeren zum Beispiel auf die Geburt vor, begleiten Hausgeburten oder machen Pflegebesuche zu Hause, wenn eine Mutter mit ihrem Neugeborenen das Spital verlassen hat. Nun bekommen die Hebammen für all diese Leistungen tatsächlich einen höheren Lohn. Der Thurgauer Regierungsrat hat die Vereinbarung zwischen der Ostschweizer Sektion des Hebammenverbands und der Tarifsuisse AG genehmigt. Diese vertritt die meisten Krankenkassen.

Gemäss dem neuen Vertrag wird der Taxpunktwert (siehe Kasten) für die Hebammen von bisher 1,10 Franken bis 2017 schrittweise auf 1,25 Franken erhöht. «Das bedeutet eine kleine Lohnerhöhung», sagt Madeleine Grüninger, Präsidentin der Ostschweizer Hebammen. Der Schritt sei dringend nötig gewesen. Seit 1996 sei der Tarif nicht mehr angepasst worden.

Es braucht mehr Hebammen

Die höheren Abgeltungen helfen auch, den Hebammenberuf attraktiver zu machen, hofft Grüninger. Heute arbeiten rund 50 Hebammen freiberuflich im Thurgau – oft in Teilzeit. Gerade weil die Tarife für Freiberufliche bisher so tief waren, arbeiten viele auch noch im Spital. Es brauche aber mehr freischaffende Hebammen, sagt Grüninger. Dies, weil die Zahl der Geburten steigt. Zudem würden seit Einführung der Fallpauschalen die Mütter mit ihren Neugeborenen früher aus dem Spital entlassen. Die verbleibende Wochenbettpflege liegt dann bei den freischaffenden Hebammen.

Noch 2012 hatte es danach ausgesehen, dass sich Hebammen und Krankenkassen nicht einigen können. Einen ersten Erfolg erzielten die Hebammen aber mit der Einkaufsgemeinschaft HSK, die den kleineren Teil der Krankenkassen vertritt. Diese gewährte den Hebammen vor zwei Jahren eine Erhöhung des Taxpunktwerts auf 1,32 Franken. Nun erfolgte eine Einigung auch mit der Tarifsuisse auf 1,25 Franken per 2017.

Damit erhalten die Hebammen je nach Krankenkasse unterschiedlich viel Geld für die gleiche Arbeit. In den meisten Fällen dürften sie mit dem tieferen Wert abgerechnet werden. So gehöre die Krankenkasse Swica, in der viele Frauen versichert seien, der Tarifsuisse an, sagt Grüninger.

Laut Tarifsuisse-Sprecher Gebhard Heuberger haben seine Einkaufsgemeinschaft und die HSK unabhängig voneinander mit den Hebammen verhandelt. Die Tarifsuisse AG strebe korrekte Tarife an, die aber so tief wie möglich sind – dies im Interesse der Prämienzahler, die die Kosten finanzieren müssten. Die HSK ihrerseits teilt mit: «Aus unserer Sicht war nach 16 Jahren – nicht zuletzt aufgrund der Tarifkalkulationen – eine Anpassung fair und angemessen.»

Im Vergleich grosse Differenz

Der Kanton sei nicht in die Verhandlungen involviert gewesen, sagt Susanna Schuppisser, stellvertretende Chefin des Thurgauer Amts für Gesundheit. Wenn sich die Verhandlungspartner auf einen Vertrag einigen, werde das Ergebnis vom Regierungsrat in aller Regel bestätigt. Dass im Thurgau nun zwei verschiedene Tarife für dieselbe Leistung bestehen, sei nicht aussergewöhnlich. Das gebe es zum Beispiel auch im Spitalbereich oder bei den Physiotherapeuten. Die Differenz von fünf Prozent bei den Hebammentarifen sei vergleichsweise hoch, bewege sich aber immer noch im üblichen Rahmen.

Die Ostschweizer Sektion habe mit ihren Tarifverhandlungen eine Vorreiterrolle für die anderen Sektionen des Schweizerischen Hebammenverbandes übernommen, sagt Sektionspräsidentin Grüninger zufrieden. Die Sektion habe dafür einen Anwalt engagiert. Auch in anderen Kantonen ist es nun zu Einigungen gekommen.