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Immer mehr psychisch Kranke landen in Kliniken. Schuld daran ist laut SPD auch die Unterversorgung im ambulanten Bereich.

© dpa

Plan von Hermann Gröhe: SPD warnt vor Fallpauschalen in der Psychiatrie

Die Krankenkassen wollen für psychiatrische Kliniken ein ähnliches Fallpauschalensystem wie in den Krankenhäusern. Die SPD lehnt das ab - und warnt vor schlechterer Versorgung.

Die SPD wehrt sich gegen den Plan von Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU), für stationäre Einrichtungen der Psychiatrie und der Psychotherapie ein ähnliches Fallpauschalensystem einzuführen wie in den Krankenhäusern.

Das vorgesehene Pauschalierte Entgeltsystem in Psychiatrie und Psychotherapie (PEPP) „würde dazu führen, dass gerade psychisch schwerstkranke Menschen, die einen Therapieplatz am dringlichsten benötigen und sich am wenigsten wehren können, nicht die Versorgung erhalten, die sie brauchen“, heißt es in einer Beschlussvorlage für die Klausur der SPD-Bundestagsfraktion an diesem Donnerstag, die dem Tagesspiegel vorliegt.

Anreiz für "möglichst schwere Diagnosen"

Ein „vorzementiertes Behandlungssystem mit Pauschalen, die sich am Durchschnitt orientieren“, werde der Vielfalt psychischer Erkrankungen nicht gerecht, warnen die Fraktionsexperten. Weil die Behandlung von schwer Erkrankten für die Kliniken dann nicht länger lukrativ sei, drohe die Gefahr von „Rosinenpickerei“. Gleichzeitig würden Anreize geschaffen, den Patienten „aus ökonomischen Gründen möglichst schwere Diagnosen zuzuordnen“.

Ein solches System „lehnen wir strikt ab“, heißt es in dem Papier. „Wir fordern ein Vergütungssystem, das den tatsächlichen Behandlungsaufwand honoriert.“ Nur so sei zu „verhindern, dass Betroffene an der Überwindung sektoraler Hürden scheitern und ihre Behandlung vorzeitig abbrechen“.

Dokumentation frisst 15 Prozent der Behandlungszeit

In der Probephase befindet sich das PEPP-System seit 2013. Diese habe gezeigt, dass die Behandelnden "15 Prozent ihrer wertvollen pflegerischen und therapeutischen Zeit für Dokumentation“ verschwendeten, schreiben die SPD-Abgeordneten. „Wir brauchen kein Bürokratiemonster, sondern ein Dokumentationssystem, das die Patientensicherheit gewährleistet und die Basis für eine patientenorientierte Vergütung legt sowie das Behandlungspersonal nicht unnötig belastet.“

Immerhin habe man erreicht, dass die Probephase „bis Ende 2016 mit dem Ziel verlängert wurde, ein Alternativkonzept zu entwickeln, das sich an den besonderen Bedürfnissen psychisch erkrankter Patientinnen und Patienten und nicht an Preisen und Pauschalen orientiert“. Zwischenzeitlich hätten die Fachverbände ein solches Konzept vorgelegt.

Fallzahl in den Kliniken um 37 Prozent gestiegen

Dass die Fallzahl in psychiatrisch-psychotherapeutischen Kliniken zwischen 2005 und 2013 um 37 Prozent gestiegen ist, sei auch auf „Unter- und Fehlversorgung im ambulanten Bereich“ zurückzuführen, betonen die SPD-Experten. Aufgrund mehrwöchiger Wartezeiten auf Facharzttermine oder Therapieplätze würden viele Patienten „von Hausärzten versorgt, die für diese Behandlung nicht adäquat ausgebildet sind“.

Gesundheitsminister Gröhe möchte das neue Entgeltsystem ab 2017 bundesweit durchsetzen. In der Union wird die Umstellung auf Fallpauschalen in der Psychiatrie mehrheitlich begrüßt. Grüne und Linkspartei lehnen das von den Krankenkassen propagierte System ab.

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