Medizin
In Schweizer Spitälern liegt sich jedes siebte Kind wund

Hautwunden, die im Spital durch längeren Druck entstehen, sind bei unter einjährigen Kindern am häufigsten. Dies zeigt die erste nationale Erhebung bei Kindern zu diesem Problem auf. Die Dekubitus genannten Wunden hängen eng mit der Pflegequalität zusammen.

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Eine Pflegefachfrau betreut ein Frühgeborenes (Archiv)

Eine Pflegefachfrau betreut ein Frühgeborenes (Archiv)

Die Qualitätsmessungen führe der Nationale Verein für Qualitätsentwicklung in Spitälern und Kliniken (ANQ) seit 2013 auch bei Kindern und Jugendlichen durch, teilte der ANQ am Freitag mit. Die erstmalige, landesweite Erhebung vom 5. November 2013 ergab eine Gesamtrate im Spital erworbenen Dekubitus von 15,1 Prozent.

Dies umfasst alle Schweregrade, auch Hautrötungen (Kategorie 1). Zählt man nur die schwereren Fälle, ergibt sich eine Rate von 2,5 Prozent. An der Messung beteiligten sich 35 Kinderkliniken und Akutspitäler mit Kinderstationen, sie umfasst insgesamt 730 Kinder und Jugendliche bis 16 Jahre.

Die Patienten waren im Schnitt 4,3 Jahre alt, mehr als die Hälfte war jünger als ein Jahr. Das Alter sei entscheidend, hiess es in der Mitteilung. Am meisten Dekubitus der Kategorien 1 bis 4 traten auf Intensivstationen und in der Neonatologie auf, also der Früh- und Neugeborenen-Medizin.

Nase und Füsse

Unter einjährige Kinder waren am häufigsten betroffen, drei Viertel von ihnen waren jünger als ein Monat. Bei den schwereren Dekubitus der Kategorien 2 bis 4 mit offenen Hautstellen verteilten sich die Fälle über alle Altersgruppen.

Die meisten Dekubitus wurden am Mittelfuss und an der Nase festgestellt, da sie grösstenteils von medizinischen Installationen wie Beatmungsgeräten oder Dauerinfusionen verursacht wurden. Bei Erwachsenen sind häufiger der untere Rücken oder die Fersen beim Wundliegen betroffen.

Zwei Spitäler mit hohen Raten

Beim Spitalvergleich ohne die leichteste Kategorie 1 stach kein Spital nennenswert hervor. Wurde die leichteste Kategorie 1 mit einbezogen, lagen zwei Spitäler mit ihren Raten deutlich über dem Durchschnitt: Das Centre Hospialier de la Côte in Morges VD berichtete von 3 Dekubitusfällen bei total 9 Patienten.

Das Inselspital Bern verzeichnete 91 Dekubitus-Fälle, ausschliesslich der Kategorie 1. Das Spital erklärt die hohe Rate damit, dass es eine spezielle Neugeborenenabteilung führt und dort spezialisiertes Pflegepersonal mit "sehr hoher Sensibilität bezüglich Dekubitus" arbeitet.

Die Ergebnisse, insbesondere wenn man Kategorie 1 auslässt, liessen landesweit auf eine gute Pflegequalität bei Wundliegen schliessen, schlussfolgert der ANQ. Vor allem, weil bei schwereren Dekubitus (ab Kategorie 2) keine Spitäler wesentlich von den anderen abwichen.

Schweiz im Mittelfeld

Die Zahlen schliessen auch Kinder und Jugendliche ein, die bereits mit Dekubitus ins Spital eingetreten sind. Verglichen mit den international publizierten Raten, die sich in einer Bandbreite zwischen 1,6 Prozent und 33,7 Prozent bewegen, liegt die Schweiz hier im Mittelfeld.

Dekubitus-Raten beleuchten wichtige Aspekte der Pflegequalität, schrieb der ANQ. Gerade Früh- und Neugeborene seien aufgrund ihrer unreifen Haut übermässig gefährdet, wund zu liegen. Die durch Druck verursachten Wunden hängen zum einen mit der Hautpflege und korrekten Lagerung durch die Pflegenden zusammen, zum anderen mit der Mobilität und Hautbeschaffenheit der Patienten selbst.

Auch wenn die Ergebnisse der ersten nationalen Dekubitus-Messung grundsätzlich auf eine gute Qualität in der Pflege hinwiesen, sieht der ANQ Optimierungspotenzial: Die detaillierten Resultate gäben wichtige Hinweise, die die einzelnen Spitäler für die weitere Qualitätsverbesserung nutzen könnten.