Baselbiet
Explodierende Kosten - «Spital-Schliessungen sind nötig»

Die Spitalkosten im Baselbiet sind in den letzten Jahren explodiert. Experten fordern einen radikalen Schnitt. Der Gesundheitsdirektor Thomas Weber will immerhin Betten abbauen.

Hans-Martin Jermann
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Eine Verlagerung von der teureren stationären hin zur günstigeren ambulanten Versorgung (im Bild das Spital Laufen) könnte helfen, Spitalkosten zu sparen.

Eine Verlagerung von der teureren stationären hin zur günstigeren ambulanten Versorgung (im Bild das Spital Laufen) könnte helfen, Spitalkosten zu sparen.

Juri Junkov

Im Kanton Baselland sind die Spitalkosten in den letzten Jahren regelrecht explodiert. Die Regierung will nun, auch wegen der generell schlechten Finanzlage des Kantons, Gegensteuer geben und gemeinsam mit Basel-Stadt Massnahmen zur Senkung der Kosten erarbeiten. Noch vor den Sommerferien wollen die Regierungen beider Basel eine gemeinsame Spital-Strategie vorlegen. Die hohen Gesundheitskosten finden ihren Ausdruck in hohen Krankenkassenprämien: 2013 lag die Durchschnittsprämie im Kanton Baselland bei 329, in Basel-Stadt bei 411 Franken – nirgendwo sonst in der Schweiz sind sie so hoch.

An einer Podiumsveranstaltung der Eidgenössischen Gesundheitskasse (EGK) in Laufen diskutierten Spital- und Krankenkassen-Vertreter mit den Gesundheitsdirektoren Thomas Weber (SVP, BL) und Lukas Engelberger (CVP, BS), wie eine regionale Spitalplanung aussehen könnte. Die bz fasst die Aussagen zu den wichtigsten Fragen zusammen.

1. Müssen wegen des verstärkten Wettbewerbs durch die neue Spitalfinanzierung in der Region Spitäler geschlossen werden?

«Ja, Spitalschliessungen sind nötig», sagt Gebhard Heuberger, Leiter Kommunikation bei Tarifsuisse, der grössten Einkaufsgesellschaft der Schweizer Krankenversicherer. Welche Spitäler dies sein könnten, lässt er offen; auch weil er die hiesige Spitallandschaft nicht im Detail kenne. Der Ostschweizer veranschaulicht anhand der Situation im Kanton St. Gallen, wie eine Konzentration aussehen könnte: Der Kanton mit seinen 490'000 Einwohnern (dies entspricht ziemlich genau der Einwohnerzahl beider Basel) zählt aktuell acht Spitäler.

Laut Heuberger würden zwei ausreichen. Thomas Weber will statt ganze Spitäler zu schliessen, lieber an einzelnen Standorten Betten abbauen. Ein Grund für die stark gestiegenen Spitalkosten im Baselbiet ist laut Weber die Mengenausweitung bei stationären Spitalleistungen. Untersucht wird nun, ob das hohe Bettenangebot in der Region die Nachfrage nach stationären Leistungen stimuliert. Lukas Engelberger äussert sich vorsichtiger: Die Reduktion der Anzahl Spitäler mit gleichzeitig stärkerer Schwerpunktbildung sieht er als Vision, nicht als sofort umzusetzendes Ziel.

2. Hat das kleine Spital Laufen überhaupt eine Zukunft?

Der Laufner Stadtpräsident Alexander Imhof fragt die Gesundheitsexperten und zuständigen Politiker: Führt eine gemeinsame Spitalplanung zwingend zum Abbau? Und: Weshalb soll ausgerechnet ein kleines Spital geschlossen werden, das in einem klar eingrenzbaren Raum einen wichtigen Versorgungsauftrag erfüllt? Imhof gibt zu bedenken, dass es aus einigen peripheren Laufentaler Gemeinden fast eine Stunde dauere, um nach Basel zu gelangen.

Thomas Weber hat im vergangenen Dezember klar gemacht, dass ein spitalähnliches Angebot unabdingbar sei und die Idee eines «Gesundheitsnetzwerks Laufental» lanciert. «Wir müssen uns vom Gedanken lösen, überall eine akut-stationäre Versorgung zu haben», findet Stefan Kaufmann, stellvertretender CEO der EGK. Das könnte heissen: ein Gesundheitszentrum mit Hausärzten, der Spitex, Gynäkologen unter einem Dach.

3. Mit welchen anderen Massnahmen wollen die beiden Basel die Spitalkosten senken?

Unbestritten und von beiden Gesundheitsdirektoren postuliert wird eine Verlagerung vom (teureren) stationären hin zum (kostengünstigeren) ambulanten Bereich. Ein engerer Datenaustausch könnte helfen, dieses Ziel zu erreichen. Laut Engelberger sollen bedarfsgerechte und effiziente Behandlungsketten geschaffen werden.

Heute werden viele Routine-Eingriffe von hoch spezialisierten und teuren Spitälern vorgenommen. Das verteuert das Gesundheitswesen unnötig. «Ineffizient kann eben auch sein, wenn die Zuweisung an das teuerste Spital erfolgt», führt Weber aus. Für ihn sind als kostendämmende Massnahme höhere Franchisen denkbar, wie er kürzlich in einem Interview mit der «Basler Zeitung» ausführte. Nicht ausschliessen will er zudem eine Einschränkung der Patientenfreizügigkeit. Dies sei aber eine Ultima Ratio.

4. Könnte die engere Kooperation in einem Universitätsspital beider Basel münden?

Für Lukas Engelberger steht eine engere Kooperation von Universitätsspital Basel (USB) und Kantonsspital Baselland (KSBL), der beiden grossen öffentlich-rechtlichen Spitäler, derzeit im Vordergrund. Die Idee eines Universitätsspitals beider Basel ist für ihn vor allem ein spannender Denkansatz: «Wir können uns überlegen, was sich ändern würde, wenn die öffentlichen Spitäler unter einem organisatorischen Dach und von einem CEO geführt werden», sagt Engelberger am Rande des Podiums zur bz.

Damit liessen sich viele Doppelspurigkeiten vermeiden. Thomas Weber äusserte sich in Laufen nicht konkret zur Fusionsidee; im März noch liess er verlauten, er schliesse eine Fusion von USB und KSBL nicht kategorisch aus.

5. Der Kanton Basel-Stadt bezahlt 100 Millionen Franken an seine Spitäler für gemeinwirtschaftliche Leistungen. Wie sind diese Zahlungen zu bewerten?

Gesundheitsökonomen beurteilen gemeinwirtschaftliche Leistungen skeptisch, da sie ein Einfallstor für versteckte Subventionen durch die Kantone sein können. Damit wird der Wettbewerb verzerrt. Das Problem ist, dass nirgends definiert ist, was gemeinwirtschaftliche Leistungen sind. Basel-Stadt bezahlte im vergangenen Jahr fast 100 Millionen Franken an seine Spitäler zur Abgeltung ungedeckter Kosten in der Lehre und Forschung.

«Da kriege ich Augenwasser», sagt Robert Jürg Rhiner, Direktor des Kantonsspitals Aarau. Lukas Engelberger verteidigt die Zahlungen: «Basel-Stadt hat seine Spitäler konsequent verselbstständigt, bei uns gibt es keine versteckten Zuschüsse wie etwa Modelle für günstige Mieten.» Engelberger verspricht zudem, dass die Zahlungen in den nächsten Jahren markant sinken.