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Personalnotstand an Kliniken Erste Station in Delmenhorst geschlossen

Eine Belegstation und drei Betten auf der Intensivstation wurden am Klinikum Delmenhorst bereits gespert. Grund ist fehlendes Personal, sowohl in der Pflege als auch in der Medizin.
16.05.2015, 00:00 Uhr
Lesedauer: 3 Min
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Von Andreas D. Becker

Die Zahl der Gefährdungsanzeigen steigt, sagt Gert Prahm, Betriebsratsvorsitzender des Klinikums Delmenhorst. Seine Kollegen schreiben immer häufiger eine solche Anzeige, weil es einfach nicht mehr geht, weil sie Angst um das Wohl ihrer Patienten haben. „Die Belastung ist unheimlich zunehmend“, sagt Prahm. Das Problem mit den fehlenden Pflegern und Ärzten ist nicht neu, aber die Situation an den Krankenhäusern wird schlimmer. Am Klinikum wurde bereits eine Station geschlossen.

Bereits vor Ostern wurde nach Informationen unserer Zeitung eine Station für Hals-Nasen-Ohren-Patienten und multimodale Schmerztherapie geschlossen, eine „organisatorische Maßnahme“, wie es Klinik-Sprecherin Mandy Lange umschreibt. Wobei es sich dabei um eine kleine Station handelt. Und eine, die sowieso in Ferienzeiten geschlossen wurde, weil die Patienten zu Terminen einbestellt wurden. Nach den Osterferien wurde die Station aber nicht wieder geöffnet, das Personal wurde an anderer Stelle eingesetzt – auch um so den Einsatz extrem teurer Honorarkräfte zu vermeiden. Die entsprechenden Patienten würden nun eben auf andere Stationen gelegt, ihre Behandlung findet also wie gewohnt am Klinikum statt.

Auch sollen nach Informationen unserer Zeitung unter der Woche drei Betten in der Intensivstation gesperrt worden sein – wieder war der Grund: Personalmangel. Dazu wollte sich das Haus aber nicht äußern. Bislang seien die Engpässe auch nicht weiter ins Gewicht gefallen. „Das wurde früher im Team aufgefangen“, sagt Prahm. Nur: Irgendwann sind die geschrumpften Teams dazu nicht mehr in der Lage.

Der Personalmangel ist allerdings kein Delmenhorster Problem. Am Dienstag, dem Internationalen Tag der Pflege, hatte die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi bereits zum Flaggentag aufgerufen, ein Protest für mehr Personal, eine gesetzliche Personalbemessung und eine bessere Bezahlung unter dem Motto „Mehr von uns ist besser für alle“. Allein im Bereich der Kliniken fehlten laut Verdi bundesweit rund 162 000 Vollzeitstellen.

Das Problem ist vielschichtig. Zum einen wurden die Personalbestände an den Kliniken in den vergangenen Jahren auf ein absolutes Minimum reduziert. Weil der Finanzdruck auf die Häuser so groß war, wurde am Personal gespart, um wirtschaftlich bestehen zu können. Was trotzdem nicht half. In Niedersachsen schrieben laut Krankenhausgesellschaft 2013 zwei Drittel aller Krankenhäuser rote Zahlen und waren von der Schließung bedroht. Das Jahr überlebte auch das Klinikum Delmenhorst nur durch Millionenspritzen der Stadt.

Das zweite Problem: der Fachkräftemangel, es fehlt einfach an medizinischem und pflegerischem Personal. Der Mangel ist nicht neu, entsprechend hat sich regelrecht ein Markt für Honorarkräfte etabliert. Diese Mitarbeiter sind dann immer nur monatsweise an einer Klinik, bevor sie aus arbeitsrechtlichen Gründen das Haus wechseln müssen. Wer dazu bereit ist, kann aber in wenigen Jahren sehr viel Geld verdienen. Wie viel in Delmenhorst für solche Mitarbeiter im vergangenen Jahr ausgegeben wurde, wollte das Klinikum aber nicht mitteilen. „Wir haben bestimmt zehn Stellen in der Pflege, die wir sofort besetzen können“, schätzt Prahm. Er hofft, dass vom aktuellen Pflegeschüler-Jahrgang einige bleiben. Ausbildung ist ein wichtiges Thema: „Die Geschäftsführung ist daran interessiert, das Thema Ausbildung an der Krankenpflegeschule Delmenhorst zukünftig weiter zu unterstützen. Dort werden aktuell in drei Jahrgängen 75 Schüler ausgebildet“, sagt Mandy Lange.

Das Klinikum Delmenhorst hat derweil noch mit einem weiteren Problem zu kämpfen: Es ist kein übermäßig attraktiver Arbeitgeber. Da waren die ganzen Geschichten über die drohende Insolvenz, dann der Mordprozess um den Ex-Krankenpfleger Niels H. – das zieht nicht unbedingt Interessenten an. Mandy Lange: „Von der Zusammenführung der beiden Delmenhorster Krankenhäuser versprechen wir uns auch positive Effekte auf die Bewerberlage in allen Berufsgruppen.“

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