Marc Nickel will die Rems-Murr-Kliniken mit einer „neuen Unternehmenskultur“, mit Effizienz- und Ertragssteigerungen aus den roten Zahlen holen. Dass dies gelingen kann, davon ist der Geschäftsführer auch sechs Wochen nach seinem Dienstantritt überzeugt.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Nach sechs Monaten als Geschäftsführer der Rems-Murr-Kliniken hat Marc Nickel seinen zu Dienstbeginn betont zur Schau gestellten Optimismus nicht verloren. Das neue Kreiskrankenhaus in Winnenden sei ein Pfund, mit dem man wuchern könne, ein Rohdiamant, mit dem bei geeignetem Feinschliff die Wende zum wirtschaftlich Besseren zu schaffen sei, betont er bei einem Pressegespräch, das er als „Teil der neuen Unternehmenskultur“ gerne jeden Monat wiederholen wolle. Das Ziel, binnen drei bis fünf Jahren aus den zweistelligen Millionenschulden auf eine „schwarze Null“ zu kommen, sei trotz schwieriger Rahmenbedingungen möglich, sagt der Manager mit medizinischer und betriebswirtschaftlicher Ausbildung – und stellt gleichzeitig klar, dass dies nicht die Tilgung der Schulden für den Neubau mit einschließe.

 

Dass nämlich die nun neu aufgestellten Krankenhäuser in Winnenden und Schorndorf irgendwann so viel Gewinn abwerfen, dass sich die Neubauinvestition nach und nach refinanziert, steht offenkundig nicht mehr zur Debatte. Nickel will nicht von Schönrechnen reden, aber die Ertragsprognose der Beraterfirma Rödl & Partner, die der Neubauentscheidung im Jahr 2008 zugrundegelegt wurde, war seiner Meinung nach zu optimistisch angesetzt worden. „Da stand wohl zu sehr das Prinzip Hoffnung im Mittelpunkt“.

Natürlich bringe das den Landkreis in eine zusätzliche Bredouille, weil, wie Nickel glaubt, die Zeit für die Rückzahlung der rund 200 Millionen Euro Neubauschulden viel zu knapp kalkuliert sei. „Das schafft das Unternehmen nicht“, sagt der Geschäftsführer, und denkt, dass der Träger über die Modalitäten wohl mit den Banken noch einmal neu verhandeln müsse.

Das abgespeckte Ziel, den laufenden Betrieb der Krankenhäuser so zu stabilisieren, dass der Landkreis nicht mehr jedes Jahr zubuttern muss, sei schwierig genug, aber machbar, sagt Nickel. Natürlich werde dies nicht ohne eine Reduzierung der Kosten – und damit letztlich auch des Personals – funktionieren. Lieber aber wolle er dafür sorgen, dass die Effizienz und die Ertragsseite gesteigert würden. Am liebsten, sagt Nickel, wäre ihm, wenn er vor das „Luxusproblem“ gestellt würde, zusätzliche Patientenbetten aufstellen zu müssen.

Dass dies gelingen kann, davon ist der promovierte Mediziner überzeugt. Die Kliniken verfügten dank der Attraktivität des Winnender Neubaus über hervorragende Ärzte, deren Renommee allerdings noch besser herausgestellt werden müsse. Nickel will deshalb unter anderem wöchentliche Patientenveranstaltungen mit den Chefärzten einführen und die niedergelassenen Ärzte mit Newslettern mit „Zeitschriftencharakter“ versorgen. Auch er selbst wolle regelmäßig in der Öffentlichkeit für das eigene Krankenhaus trommeln.

Gleichwohl sei ihm bewusst, dass es auch noch unattraktive Bereiche gebe, in denen die Klinik bisher nicht so gut aufgestellt sei. Nickel nennt als Beispiel die Notaufnahme, die sowohl organisatorisch als auch baulich und personell dringend verbessert werden müsse, oder die „hochemotionale“ Speisenversorgung. Überhaupt müssten im ganzen Haus Abläufe optimiert werden. „Alle Beteiligten sollen wissen, was sie zu tun haben“, sagt Nickel. Darüber hinaus müsse für jeden Bereich – vom Management bis zur Pflegekraft – die Frage erlaubt sein: „Haben wir die richtigen Leute an Bord?“ Bis zum Oktober will der Geschäftsführer, der zunächst auf drei Jahre verpflichtet worden ist, Zielvereinbarungen mit allen Führungskräften abschließen. Auf der Grundlage dieses medizinischen Leistungsplans wird man wohl auch entscheiden, wie stark an der Kostenstellschraube gedreht werden muss. Der Landkreis habe bewiesen, dass er zu seinem medizinischen Versorgungsauftrag stehe, sagt Nickel, „aber wir müssen auch sehen, dass wir jetzt wirtschaftlich die Kurve kriegen.“

Eine Abteilung geht in die Mediation

Mitarbeiterkritik
Mit einem Brandbrief, der an den kompletten Verteiler der Rems-Murr-Kliniken verschickt wurde, haben acht Pflege-Mitarbeiter der Schorndorfer Klinik gegen ihrer Meinung nach „unhaltbare Zustände“ protestiert. Moniert wurde ein „zunehmend würdeloser Umgang mit Mitarbeitern“, aber auch mangelnde Kapazitäten für eine ausreichende Patientenbetreuung.

Reaktion
Man habe den Brief als eine Kritik an den allgemein schwierigen Rahmenbedingungen verstanden, sagt der Geschäftsführer Marc Nickel. Gleichwohl habe die Gruppe gegen Verhaltens- und Kommunikationsregeln des Unternehmens verstoßen. Unabhängig davon wolle man inhaltlich „an den Kern der Problematik rankommen“, sagt Nickel. Man habe zur Vermittlung deshalb jetzt einen externen Mediator beauftragt. Ob den Mitarbeitern wegen ihres Vorgehens Sanktionen drohen, sei offen.