Unispitäler mit einer Stimme

Die Schweizer Universitätsspitäler und ihre medizinischen Fakultäten wollen sich mit einem Verband Gehör verschaffen. Erste Präsidentin ist Rita Ziegler, Direktorin des Universitätsspitals Zürich.

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(For. Bern)

Die Universitätsspitäler wetteifern um die besten Mediziner und das beste Angebot. Dies ist besonders deutlich geworden im harten Ringen um die prestigeträchtige Spitzenmedizin. Doch daneben haben sie gemeinsame Interessen, die sie nun vernetzt besser voranbringen wollen. Dazu haben die Universitätsspitäler Basel, Bern, Genf, Lausanne und Zürich am Donnerstag in Bern den Verband Universitäre Medizin Schweiz gegründet. An Bord sind auch die jeweiligen medizinischen Fakultäten, was dem Verband stärkeren Rückhalt gibt. In Deutschland habe man den Fehler gemacht, diese nicht einzubeziehen, sagte Holger Baumann, Vorsitzender der Geschäftsleitung des Berner Inselspitals. Erste Präsidentin des neuen Verbands ist Rita Ziegler, die Direktorin des Universitätsspitals Zürich.

Eine informelle Zusammenarbeit unter den Unispitälern besteht seit 15 Jahren im Rahmen der Groupe des Quinze. Sie entstand aus der Umsetzung des Transplantationsgesetzes und wird nun durch den Verband abgelöst.

Station für schwerste Fälle

Die Interessen der universitären Medizin fänden heute zu wenig Gehör, sagte Ziegler. Ein Beispiel sind die 2012 eingeführten Fallpauschalen, welche die Unispitäler benachteiligten. In die Unispitäler als Letztversorger kämen die schwersten und komplexesten Fälle, die entsprechend teuer sind. Die Unikliniken behandeln auch seltene Krankheiten, die von den neuen DRG-Pauschalen nicht berücksichtigt werden.

Die Gründer wollen ihren neuen Verband nicht als Abgrenzung gegenüber den Kantonsspitälern verstanden wissen. Es gehe vielmehr darum, die Besonderheiten der universitären Medizin aufzuzeigen, die Patientenbehandlung, Forschung und Lehre vereine, sagte Baumann. Zudem böten sie hochspezialisierte Notfalldienste an – einen Bereich, aus dem sich andere Anbieter zurückgezogen hätten. In der Schweiz wird rund ein Sechstel der stationären Patienten in den Universitätsspitälern versorgt.

Der Verband hat laut Ziegler den Anspruch, die nationale Gesundheits- und Bildungspolitik mitzugestalten. Als Beispiel nannte sie die Agenda Gesundheit2020 des Bundesrats. Die universitäre Medizin soll den – auch finanziellen – Stellenwert erhalten, der ihr gebühre.

Kooperation statt Konkurrenz

Sorgen macht man sich im universitären Milieu, wie die starke Position der Schweiz in der Forschung zu halten ist. Eine grosse Gefahr sei es, wenn der Zugang zu den EU-Forschungsgeldern eingeschränkt würde, sagte Henri Bounameaux, Dekan der medizinischen Fakultät Genf. Um den Spitzenplatz zu halten, sei die Schweiz auf den internationalen Austausch angewiesen.

Kein Thema bei der Verbandsgründung war die hochspezialisierte Medizin. In diesem langwierigen Prozess zeigt sich nur ganz zaghaft eine gewisse Konzentration. Diese Koordination könnte dereinst ein Thema sein, sagte Baumann vom Inselspital. Die Verbandsgründung lobte er als Segen, weil damit die Sprachlosigkeit beendet werde. Nun könne begonnen werden, die Positionen untereinander abzustimmen. Früher hätten sich die Kliniken als Konkurrenten verstanden, neu stehe die Zusammenarbeit im Vordergrund, sagte Bounameaux. – Der Verband unterhält eine Geschäftsstelle, die von Agnes Nienhaus geleitet wird.