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Delmenhorster Josef-Stift und städtisches Krankenhaus offiziell ein Unternehmen Aus zwei mach eins

Delmenhorst. Es ist ein sanftes Klinik-Sterben, denn im Grunde bedeuten die Unterschriften, die am Freitagnachmittag in Delmenhorst geleistet wurden, letztlich den Tod eines der beiden Krankenhäuser in der Stadt. Aus dem katholischen St.
06.06.2015, 00:00 Uhr
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Von Andreas D. Becker

Es ist ein sanftes Klinik-Sterben, denn im Grunde bedeuten die Unterschriften, die am Freitagnachmittag in Delmenhorst geleistet wurden, letztlich den Tod eines der beiden Krankenhäuser in der Stadt. Aus dem katholischen St.-Josef-Stift und dem städtischen Klinikum wird absehbar ein Krankenhaus an einem Standort werden. Am Freitagnachmittag wurde dieser Sterbeprozess mit der Gründung der Holding „Josef Hospital Delmenhorst“ ganz offiziell eingeleitet.

Mit dem Ableben eines der beiden Krankenhäuser soll allerdings nur noch Schlimmeres verhindert werden, nämlich das Aus beider Häuser. Rund 75 Prozent der niedersächsischen Kliniken schrieben 2014 rote Zahlen, teilt die Niedersächsische Krankenhausgesellschaft mit. Vor allem kleine Häuser haben es unter den aktuellen gesundheitspolitischen Bedingungen schwer. Und beide Delmenhorster Krankenhäuser fallen in die Kategorie klein. Entsprechend sah die Zukunft für beide düster aus. „Es ist also richtig und wichtig, dass wir nun die Weichen stellen, um in Zukunft zumindest einen Krankenhaus-Standort in Delmenhorst zu wahren“, sagt Andrea Meyer-Garbe, Vorsitzende der SPD-Fraktion im Stadtrat, stellvertretend für die Politik, die bei diesem Thema große Einigkeit zeigte.

Dabei war vor allem das städtische Klinikum zuletzt in arge finanzielle Not geraten, 2013 musste die Stadt zwei Mal sehr kurzfristig eine Million Euro zuschießen, um eine Insolvenz zu verhindern. Daraufhin wurde ein Sanierungskonzept erstellt, das zu dem Schluss kam: Allein ist das Haus nicht mehr lebensfähig. Wie angeschlagen das städtische Krankenhaus ist, zeigte sich auch bei der Unternehmensbewertung im Vorfeld der Vertragsverhandlungen: So hält die Stadt nur zehn Prozent der Anteile an der Holding, weil das katholische Krankenhaus ein Vielfaches an Wert hat.

Aber auch das Stift musste in jüngster Zeit mit knappen Kassen kämpfen, mehrmals verzichtete das Personal in den vergangenen Jahren zur Hausrettung auf Teile des Gehalts – genaue Zahlen vom Josef-Stift sind allerdings nicht bekannt. Verschärft wurde die Situation in Delmenhorst, weil beide Krankenhäuser ein ähnliches Angebot vorgehalten haben, sich damit gegenseitig die Patienten abnahmen, und über zu wenig Geldbringer in Form von Spezialdisziplinen verfügten.

„Die letzten zwölf Monate waren sehr anstrengend, aber wir haben die Gründung der Holding tatsächlich in Rekordzeit geschafft“, sagte der künftige Holding-Geschäftsführer Thomas Breidenbach, der bereits beiden Häusern vorsteht. Das könnte als weiteres Indiz dafür gewertet werden, dass beiden Krankenhäusern das Wasser bis zum Hals stand. Als es den einzelnen Einrichtungen noch besser ging, war an eine Fusion nicht zu denken. „Wir haben so einen Akt schon vor zehn Jahren versucht, was dann leider parteipolitisch ins kurze Gras gekommen ist“, erklärte der ehemalige SPD-Landtagsabgeordnete und jetzige Aufsichtsratsvorsitzende des städtischen Klinikums, Harald Groth. Kurz: Die Not war nicht groß genug, um die Vernunft-Ehe schon damals zu vollziehen.

Gelockt wurden die maladen Krankenhäuser jetzt unter anderem mit üppigen Mitgiftversprechen. So gibt es Signale aus dem niedersächsischen Sozialministerium, dass Delmenhorst bei Neu- und Umbauten mit Zuschüssen von bis zu 50 Millionen Euro rechnen könne. Zudem haben die Krankenkassen ein verführerisch großes Budget angeboten, falls es schnell gelänge, Doppelstrukturen abzubauen und Fortschritte bei der Fusion zu erzielen.

Eine der ersten Änderungen in der neuen Holding ist die Schaffung eines Mutter-Kind-Zentrums, dafür soll die Frauenklinik des katholischen Krankenhauses ans Klinikum verlegt werden. Spätestens ab dem 1. September sollen dann wieder Risikogeburten ab der 32. Schwangerschaftswoche in Delmenhorst möglich sein.

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